Die Gewährung von Grundsicherungsleistungen darf dann nicht von der Vorab-Verwertung einer finanziellen Vorsorge für den Todesfall abhängig gemacht werden, wenn sichergestellt ist, dass der angesparte Vermögenswert tatsächlich für die Bestattung verwendet werden soll. Dies hat das Sozialgericht (SG) Gießen entschieden und die Voraussetzungen bei einer zweckgebundenen Sterbegeldversicherung bejaht.

Die 68 Jahre alte Klägerin bezog aufgrund ihrer geringen Altersrente bis Februar 2014 ergänzend Grundsicherungsleistungen in Höhe von 150,49 Euro monatlich. Im Rahmen des Weitergewährungsantrags wies sie auf eine bei einer Lebensversicherung  bestehende Sterbegeldversicherung hin. Die Lebensversicherung AG bestätigte unter dem 22.03.2014, dass es sich um eine Sterbegeldversicherung handele. Mit den angefochtenen Bescheiden vertrat der beklagte Landkreis die Auffassung, die reine Bezeichnung als Sterbegeldversicherung reiche nicht aus, um die Versicherung von einem Einsatz als verwertbares Vermögen auszunehmen und lehnte die Weiterbewilligung von Grundsicherungsleistungen ab.

Die Klage gegen die Versagung der Leistungen hatte Erfolg. Das SG Gießen bezog sich zunächst auf § 90 Absatz 2 Sozialgesetzbuch XII (SGB XII). Danach sei das gesamte verwertbare Vermögen (§ 90 Absatz 2 SGB XII) mit Ausnahme des in § 90 Absatz 3 SGB XII im Einzelnen aufgeführten Schonvermögens einzusetzen, soweit dies keine Härte bedeutet (§ 90 Absatz 3 SGB XII). Vermögenswerte, die zur Absicherung der Kosten einer angemessenen Bestattung angespart worden seien, würden durch die Härteregelung des § 90 Absatz 3 SGB XII geschützt. Diese Privilegierung sei dann gerechtfertigt, wenn sichergestellt sei, dass der angesparte Vermögenswert tatsächlich für die Bestattungskosten verwendet werde. Dies sei bei einer zweckgebundenen Sterbegeldversicherung der Fall. Die bloße Absicht des Betroffenen, ein angespartes Guthaben im Fall des Todes für die Bestattungskosten zu verwenden, ohne einen entsprechenden Teil seines Vermögens aus dem übrigen Vermögen auszugliedern, genüge dagegen nicht.

Im Übrigen hielt das Gericht die Verwertung der Sterbeversicherung für offensichtlich unwirtschaftlich. Der mit der Verwertung zu erzielende Gegenwert von 2.980,34 Euro stehe in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert der Sterbeversicherung in Höhe von 4.203,20 Euro. Das Bundessozialgericht habe eine derartig hohe Verlustquote, in dem ohne Ermittlung weiterer Umstände von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit auszugehen sei, bei einer Verlustquote von 26,9 Prozent und höher anerkannt. Im entschiedenen Fall habe die Verlustquote sogar 29,1 Prozent betragen, sodass auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne Weiteres eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung vorgelegen habe.

Sozialgericht Gießen, Urteil vom 07.06.2016, S 18 SO 108/14, nicht rechtskräftig


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