Das Widerrufsrecht für auf einer Kaffeefahrt gekaufte Matratzen darf nicht dergestalt ausgehebelt werden, dass die Matratzen nach Anlieferung direkt ausgepackt und auf das Bett des Käufers gelegt werden, gleichzeitig aber die Rückgabe bereits geöffneter oder benutzter Waren ausgeschlossen wird. Dies hat das Landgericht (LG) Berlin entschieden und auf die Klage der Verbraucherzentrale Brandenburg e.V. einen Kaffeefahrtveranstalter zur Unterlassung der entsprechenden Praxis verurteilt. Wie die Verbraucherzentrale Brandenburg mitteilt, ist der Richterspruch rechtskräftig.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Verbraucher an einer Busreise nach Berlin mit Frühstück, Mittagessen und Stadtrundfahrt teilgenommen. Auf dieser Kaffeefahrt wurden den Teilnehmern auf einer Verkaufsveranstaltung Matratzen zum Kauf angeboten. Der betreffende Verbraucher kaufte zwei Matratzen für fast 2.600 Euro, die noch am gleichen Abend bei ihm zu Hause angeliefert wurden. Direkt an der Haustür unterschrieb er, dass er mit dem Auspacken der Matratzen und Platzierung auf seine Betten einverstanden sei. Weil der Verbraucher mit dem Kauf nicht zufrieden war, wollte er die Matratzen kurz danach wieder zurückgeben. Die Kaffeefahrtveranstalterin verweigerte dies unter Verweis auf ihre auf dem Kaufvertrag abgedruckte Widerrufsbelehrung. Darin wurde die Rückgabe reduzierter, geöffneter oder benutzter Waren ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Verbraucherzentrale Brandenburg hält ein solches Vorgehen für unzulässig und klagte. Das LG Berlin gab ihr Recht. Entsprechende Einschränkungen des Widerrufsrechts sehe das Gesetz nicht vor. So dürfe der Kunde die Ware vergleichbar wie im Ladengeschäft testen. Voraussetzung sei, dass er dabei sorgsam vorgehe und die Ware nicht beschädige oder verschmutze. Habe der Kunde, wie auf einer Kaffeefahrt, gar keine Möglichkeit, verschiedene Angebote zu prüfen und miteinander zu vergleichen, sei auch eine längere Testphase durchaus zulässig.

Zwar gebe es Verträge über Waren, die laut Gesetz aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nach dem Entfernen der Versiegelung nicht mehr widerrufen werden können, so das LG Berlin. Dazu könnten Kosmetika, Windeln und bestimmte medizinische Produkte gehören. Matratzen zählten aber eher nicht zu dieser Warengruppe. Außerdem hätte keine Versiegelung in Sinne des Gesetzes vorgelegen. Eine bloße Verpackung stelle keine Versiegelung dar. Denn eine solche müsse eindeutig als Versiegelung erkennbar sein. Zudem müsse der Händler, wenn ein Kunde bei bestimmten Produkten nach Siegelbruch sein Widerrufsrecht verliert, dazu deutlich informieren, sagte Sabine Fischer-Volk, Juristin bei der Verbraucherzentrale Brandenburg.

Verbraucherzentrale Brandenburg e.V., PM vom 24.10.2016 zu Landgericht Berlin, Urteil vom 03.08.2016, 15 O 54/16, rechtskräftig


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