Eine Benachteiligung wegen eines in § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Grundes ist nur dann zu vermuten, wenn Indizien vorliegen, die mit "überwiegender Wahrscheinlichkeit" darauf schließen lassen, dass ein in § 1 AGG genannter Grund ursächlich für die Benachteiligung war. Die "Möglichkeit" einer Ursächlichkeit reicht nicht aus, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) betont. Über die Klage eines Schwerbehinderten auf Schadenersatz nach dem AGG wegen unterbliebener Erhöhung der Wochenarbeitszeit muss die Vorinstanz deswegen jetzt noch einmal befinden.

Der Kläger, der seit Dezember 2011 als schwerbehinderter Mensch anerkannt ist, ist bei der Beklagten, die einen Express-Versand und Transport-Service betreibt, in deren Station als Kurier mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 27,5 Stunden beschäftigt. Im Juni 2013 verteilte die Beklagte ein Stundenvolumen von insgesamt 66,5 Stunden – unbefristet – an 14 teilzeitbeschäftigte Kuriere und schloss mit diesen entsprechende Änderungsverträge ab. Dabei wurden bis auf den Kläger, der mehrfach um eine Erhöhung seiner Wochenstundenzahl gebeten hatte, und einen weiteren Mitarbeiter, der erst im Januar 2013 in die Station gewechselt war, sämtliche Teilzeitmitarbeiter mit Wunsch auf eine Stundenerhöhung berücksichtigt. Der Kläger verlangt eine Erhöhung seiner wöchentlichen Arbeitszeit unter entsprechender Vertragsänderung. In der Berufungsinstanz hat er seine Klage erweitert und zusätzlich hilfsweise einen Schadenersatzanspruch nach § 15 Absatz 1 AGG in Höhe der ihm entgangenen Vergütung geltend gemacht. Zur Begründung hat er sich darauf berufen, die Beklagte habe ihn bei der Vergabe der Stundenerhöhungen wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht (LAG) dem Kläger – unter Zurückweisung seiner Berufung im Übrigen – Schadenersatz in Höhe des ihm entgangenen Verdienstes zugesprochen. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem BAG Erfolg. Das LAG durfte der Klage nicht mit der Begründung stattgeben, es lägen Indizien im Sinne von § 22 AGG vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen seiner Schwerbehinderung vermuten ließen und die Beklagte habe diese Vermutung nicht widerlegt. Das LAG habe verkannt, dass die Vermutung einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nur besteht, wenn Indizien vorliegen, die mit "überwiegender Wahrscheinlichkeit" darauf schließen lassen, dass ein in § 1 AGG genannter Grund ursächlich für die Benachteiligung war und dass damit die vom LAG angenommene "Möglichkeit" einer Ursächlichkeit nicht ausreicht. Aufgrund der bislang vom LAG getroffenen Feststellungen habe das BAG den Rechtsstreit allerdings nicht abschließend entscheiden können. Es hat die Sache deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.01.2017, 8 AZR 736/15


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