Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass eine generalbevollmächtigte Tochter für die Auflösung des elterlichen Rentenkontos nach dem Tod des anspruchsberechtigten Vaters als Verfügende haftbar ist.

Im zugrunde liegenden Fall bezog der 1975 gestorbene Vater der Beklagten zu Lebzeiten eine Verletztenrente vom Gemeindeunfallversicherungsverband Hannover (GUV) für einen Baustellenunfall aus dem Jahr 1962. Die Rente von zuletzt rund 510 Euro/Monat wurde stets auf ein Postsparbuch der Mutter überwiesen. Erst als diese im betreuten Wohnen untergebracht wurde und die beklagte Tochter dem GUV ihre Generalvollmacht vorlegte, wurde der Tod des Vaters bekannt. Der GUV ermittelte eine Überzahlung von circa 166.000 Euro und realisierte in einem ersten Schritt durch Rücküberweisung vom Postsparbuch einen Rückfluss von rund 25.000 Euro für die letzten vier Jahre. Zur Rückforderung des übrigen Betrags hörte der GUV die Tochter zunächst an.

Diese löste das Postsparbuch der Mutter sodann kraft ihrer Generalvollmacht auf und überwies das Restguthaben von rund 129.000 Euro auf ein anderes Konto. Gegen ihre eigene Inanspruchnahme hat die beklagte Tochter eingewandt, der GUV möge die Rückforderung vorrangig gegenüber der Postbank als kontoführendem Kreditinstitut geltend machen. Sie selbst habe die Leistungen weder in Empfang genommen noch über sie verfügt. Außerdem halte sie die Forderung für verjährt.

Dem ist das LSG nicht gefolgt. Es hat die Tochter als "Verfügende" und damit Zahlungspflichtige im Sinne des § 96 Absatz 4 Sozialgesetzbuch (SGB) VII angesehen. Der Rechtsbegriff sei weit gefasst und löse eine verschärfte Haftung aus, die dem Schutz der Beitragszahler diene. Ein vorrangiger Rücküberweisungsanspruch gegen die Bank aus § 93 Absatz 3 SGB VII komme nach Auflösung des Rentenkontos gerade nicht mehr zum Tragen. Bei einem Scheitern der Rücküberweisung hafteten sowohl der Verfügende als auch der Begünstigte und der Erbe. Die Rückforderung sei auch nicht verjährt, da die Frist erst ab Kenntnis des GUV laufe. Das Gericht hat die Akten an die Staatsanwaltschaft abgegeben um eine Strafbarkeit der Tochter prüfen zu lassen.

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30.03.2017, L 16/3 U 58/14


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