Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag Wolters Kluwer Deutschland GmbH

Der Familienstand bestimmt die Veranlagungsart

Unter Veranlagung versteht man das Verfahren, in dem vom Finanzamt Ihre Besteuerungsgrundlagen und die zu zahlende Steuer durch Steuerbescheid festgesetzt werden (§ 25 Abs. 1 EStG). Die Veranlagung erfolgt nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) und bezieht sich auf das während dieses Zeitraums von Ihnen erzielte Einkommen (sog. Abschnittsbesteuerung). Die Grundlage für die Einkommensteuerveranlagung ist Ihre Einkommensteuererklärung, egal, ob Sie sich freiwillig haben veranlagen lassen oder pflichtveranlagt wurden.

Von ganz entscheidender Bedeutung für die Steuerveranlagung ist Ihr Familienstand. Danach kann man zwei große Gruppen unterscheiden:

  • Die Veranlagung von Ledigen, Geschiedenen, dauernd getrennt lebenden Ehe-/Lebenspartnern sowie Verwitweten erfolgt zwingend zum Grundtarif. In Ausnahmefällen kann es den Splittingtarif geben.

  • Für die Veranlagung von nicht dauernd getrennt lebenden Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnern besteht ein Wahlrecht zwischen Splitting- und Grundtarif.

Ledige, Geschiedene, Verwitwete und dauernd getrennt lebende Partner

Eine Einzelveranlagung zum Grundtarif gemäß § 32 Abs. 1 EStG erfolgt durch die Steuererklärung eines einzelnen Steuerpflichtigen. Diese Veranlagungsart korrespondiert bei Arbeitnehmern meist mit der Lohnsteuerklasse I oder II. Eine solche Veranlagung ist durchzuführen bei:

  • Ledigen (im Jahr der Heirat bzw. der Eintragung der Lebenspartnerschaft gilt aber bereits die Ehegattenveranlagung);

  • Geschiedenen ab dem Jahr nach der Scheidung bzw. ab dem Jahr nach Aufhebung der eingetragenen Lebenspartnerschaft, falls sie im Scheidungsjahr bzw. Aufhebungsjahr noch zeitweise zusammengelebt haben;

  • ganzjährig (dauernd) getrennt lebenden, aber noch verheirateten Ehegatten bzw. noch eingetragenen Lebenspartnern (im Jahr der Trennung gilt noch die Ehegattenveranlagung);

  • Verwitweten ab dem Jahr (beim Witwensplitting: ab dem übernächsten Jahr) nach dem Tod des Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartners. Ein Erbe, der für den Erblasser die Einkommensteuererklärung für das Todesjahr macht, füllt diese so aus, wie sie der Erblasser selbst am Todestag noch hätte ausfüllen müssen. Einzugeben sind also die noch dem Erblasser (und nicht dem Erben) zuzurechnenden Einkünfte. Hatte der Erblasser Kapitalvermögen, finden Sie hier weitere Hinweise.

Gegen den Ausschluss des Splittingtarifs für verwitwete Alleinerziehende ist eine Verfassungsbeschwerde (Az. 2 BvR 1519/13) sowie eine Revision beim BFH (Az. III R 62/13) anhängig. Alleinerziehende Elternteile, ob verwitwet oder nicht, sollten sich auf die beiden oben genannten Verfahren bei ihrem Einspruch gegen den Steuerbescheid berufen.

In den Steuerformularen müssen Sie zur Einzelveranlagung keine besonderen Angaben machen. Sie tragen einfach sich selbst als steuerpflichtige Person auf Seite 1 des vierseitigen Mantelbogens ein. Dann wendet das Finanzamt den Grundtarif an, bei dem es den Grundfreibetrag nur einmal und auch alle Frei- und Pauschbeträge nur einfach gibt. Die Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen werden nach den Vorschriften für Alleinstehende berechnet.

Für Verwitwete und Geschiedene kann ausnahmsweise in den folgenden Fällen bei der Einzelveranlagung die Höhe der Steuer für das zu versteuernde Einkommen nach dem günstigeren Splittingtarif für Verheiratete ermittelt werden:

  • Witwensplitting für Verwitwete im Kalenderjahr nach dem Tod des Ehepartners bzw. eingetragenen Lebenspartners, wenn im Zeitpunkt des Todes beide Partner die persönlichen Voraussetzungen für die Ehegattenveranlagung erfüllt haben (§ 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 EStG). Dieses Gnadensplitting gibt es nur für dieses eine Jahr. In den Folgejahren wird der Verwitwete nach dem Grundtarif besteuert.

  • Sondersplitting im Jahr der Scheidung für den nicht wieder verheirateten Ex-Ehepartner, wenn der andere Ex-Ehepartner im gleichen Jahr wieder geheiratet hat und im Scheidungsjahr sowohl für die geschiedene Ehe als auch für die neue Ehe die Voraussetzungen der Ehegattenveranlagung vorliegen (§ 32a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EStG). Das gilt im Jahr der Aufhebung und Neubegründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft entsprechend.

Die Veranlagung von Ehegatten/Lebenspartnern

Das Veranlagungswahlrecht

Im Gegensatz zu Alleinstehenden können Ehepaare und eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner die Zusammenveranlagung mit Splittingtarif wählen. Für die eingetragene Lebenspartnerschaft (Homo-Ehe) hat das Bundesverfassungsgericht die einkommensteuerliche Gleichstellung mit der Ehe rückwirkend ab 1.8.2001 in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen verfügt (BVerfG, Beschluss vom 7.5.2013, 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07 ). Der Gesetzgeber hat daher einen neuen § 2 Abs. 8 EStG eingefügt, mit dem in allen noch offenen Fällen die Regelungen des EStG zu Ehegatten und Ehen auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden sind.

Für das Wahlrecht müssen die Partner folgende Voraussetzungen zu irgendeinem Zeitpunkt im Kalenderjahr für einen beliebig kurzen Zeitraum gleichzeitig erfüllen:

  • Sie müssen beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sein, also ihren Wohnsitz in Deutschland haben (§ 1 Abs. 1, 2 EStG). Unter bestimmten Voraussetzungen können sich auch beschränkt steuerpflichtige Partner (Wohnsitz im Ausland) auf Antrag als fiktiv unbeschränkt steuerpflichtig behandeln lassen und dann die Ehegattenveranlagung wählen.

  • Sie müssen vor dem Standesamt eine Ehe oder Lebenspartnerschaft eingegangen sein, und zwar spätestens am 31.12.. Heiraten zwei ausländische Staatsangehörige in Deutschland, kann die Ehe in der nach dem ausländischen Recht vorgeschriebenen Form geschlossen werden (§ 13 BGBEG).

  • Sie dürfen nicht das ganze Kalenderjahr über dauernd getrennt leben. Haben die Partner sich im Laufe des 1.1., oder besser erst am 2.1., getrennt, liegt kein dauerndes Getrenntleben vor.

Veranlagungsarten für Ehepaare und eingetragene Lebenspartner ab 2013

Splittingtarif

Grundtarif

Zusammenveranlagung

Sondersplitting im Scheidungsjahr

Einzelveranlagung mit Witwensplitting


Einzelveranlagung

Die Entscheidung für die Zusammen- oder Einzelveranlagung müssen Sie jedes Jahr bei der Abgabe Ihrer Einkommensteuererklärung durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens auf Seite 1 des Mantelbogens treffen. Nach dem Tod eines Ehe- bzw. Lebenspartners steht das Veranlagungswahlrecht dessen Erben zu, sodass der überlebende Ehe- bzw. Lebenspartner nicht allein darüber entscheiden kann (BFH-Urteil vom 21.6.2007, III R 59/06, BStBl. 2007 II S. 770).

Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner (eLP), die sich im Laufe eines Kalenderjahres trennen, sind für das Finanzamt noch ein Paar und werden für das Trennungsjahr letztmalig wie Ehegatten bzw. eLP behandelt. Sie können zwischen der Zusammenveranlagung und der Einzelveranlagung wählen. Es reicht das Zusammenleben für einen Tag im Kalenderjahr. Auch im Jahr der Scheidung können sich die Ehegatten bzw. eLP noch zusammen veranlagen lassen, falls sie vor der Scheidung bzw. Aufhebung tatsächlich noch zusammengelebt haben. Spätestens ab dem Jahr nach der Scheidung bzw. Aufhebung der eLP ist dann nur noch die Einzelveranlagung möglich.

Sobald die Partner vom 1.1. bis 31.12. eines Kalenderjahres dauernd getrennt leben, können sie nicht mehr wie Ehegatten/eLP besteuert werden. Wie bei einem Alleinstehenden ist nur noch die Einzelveranlagung möglich, auch wenn die Ehe bzw. Lebenspartnerschaft noch besteht. Ein »dauerndes Getrenntleben« liegt vor, wenn die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Partner auf Dauer nicht mehr besteht und der Wille zu ihrer Wiederherstellung fehlt (R 26 Abs. 1 EStR 2012). Ob das auch der Fall ist, wenn einer der Ehepartner wegen Demenz im Pflegeheim lebt und der andere Ehepartner eine nichteheliche Lebensgemeinschaft führt, muss der BFH noch entscheiden (Az. der Revision: III R 15/15).

Starten Ehegatten/eLP nach längerem Getrenntleben (bereits am 1. Januar eines Jahres getrennt) einen Versöhnungsversuch und kommt es erneut zu einer Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, wird dadurch das dauernde Getrenntleben unterbrochen (BFH-Urteil vom 23.10.2006, III B 5/06, BFH/NV 2007 S. 458). Dann kann auch die Zusammenveranlagung wieder gewählt werden. Ein gemeinsamer Urlaub gilt leider nicht als Versöhnungsversuch (FG Köln vom 14.10.1992, 3 K 666/92, EFG 1993 S. 379). Das FG Nürnberg verlangt ein Zusammenleben von über einem Monat (FG Nürnberg vom 7.3.2005, VI 160/2004, DStRE 2005 S. 938). Ein ernsthafter Versöhnungsversuch ist für das Finanzamt bindend, unterbricht aber das zivilrechtlich vorgeschriebene Trennungsjahr im Scheidungsverfahren nicht (§ 1567 Abs. 2 BGB).

Heiratet ein Geschiedener im Kalenderjahr der Scheidung erneut und erfüllen die neuen Ehepartner ebenfalls die Voraussetzungen der Ehegattenveranlagung, so kann das Veranlagungswahlrecht zwischen Einzelveranlagung und Zusammenveranlagung nur in Bezug auf die neue Ehe ausgeübt werden (§ 26 Abs. 1 Satz 2 EStG). Für die alte Ehe wird der wiederverheiratete Steuerpflichtige also nach dem Grundtarif besteuert. Der andere Expartner wird einzeln veranlagt mit Splittingtarif (Sondersplitting). Das Gleiche gilt, wenn eine Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt wird. Für eingetragene Lebenspartner gilt diese Regelung entsprechend.

Hat nach dem Tod eines Ehe- bzw. Lebenspartners der überlebende Partner im Todesjahr wieder geheiratet bzw. sich verpartnert, gibt es ab 2013 das Veranlagungswahlrecht für die alte Ehe/eLP nicht mehr.

Die Zusammenveranlagung

Wenn wir im Folgenden von Ehegatten sprechen, so gilt das gleichermaßen auch für eingetragene Lebenspartner. Es muss eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehen (siehe oben).

Bei der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) werden die Einkünfte der Ehegatten getrennt ermittelt, also nach den gleichen Grundsätzen wie bei Alleinstehenden auch. Die getrennt ermittelten Einkünfte werden anschließend zu einem gemeinsamen Gesamtbetrag der Einkünfte zusammengerechnet. Grundsätzlich verdoppeln sich alle Frei- und Pauschbeträge. Das gilt z.B. für den Sparer-Pauschbetrag, nicht aber nicht für den Arbeitnehmer-Pauschbetrag.

Die Sonderausgaben werden für beide Ehegatten gemeinsam berechnet: Jeder Ehepartner kann seinen ihm zustehenden Höchstbetrag für die Vorsorgeaufwendungen geltend machen, ferner verdoppelt sich der Sonderausgaben-Pauschbetrag gegenüber einer Einzelveranlagung. Auch bei den außergewöhnlichen Belastungen gibt es eine gemeinsame Ermittlung, wobei sich die zumutbare Belastung nach dem gemeinsamen Gesamtbetrag der Einkünfte richtet. Bei Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen spielt es keine Rolle, welcher Ehegatte die Aufwendungen getragen hat.

Das zu versteuernde Einkommen wird gemeinsam ermittelt und die Einkommensteuer nach dem Splittingtarif berechnet. Der Splittingtarif ist wesentlich günstiger als der Grundtarif. Die Zusammenveranlagung lohnt sich, wenn nur ein Ehegatte Einkünfte hat oder wenn die Einkünfte der Ehegatten unterschiedlich hoch sind. Das liegt daran, dass nach dem Steuertarif die Steuerbelastung mit steigendem Einkommen überproportional ansteigt und bei Zusammenveranlagung jedem Ehegatten die Hälfte des gemeinsam zu versteuernden Einkommens zugerechnet wird.

Die Zusammenveranlagung muss von beiden Ehegatten gewählt werden. Die Entscheidung dafür erfolgt durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens auf Seite 1 des Mantelbogens. Die Ehegatten geben eine gemeinsame Steuererklärung ab und unterschreiben diese gemeinsam. Wird keine Veranlagungsform angekreuzt, führt das Finanzamt automatisch eine Zusammenveranlagung durch (§ 26 Abs. 3 EStG).

Verweigert einer der Ehegatten dem anderen die Zustimmung zur günstigeren Zusammenveranlagung und unterschreibt stur die gemeinsame Steuererklärung nicht, kann der allein oder höher verdienende Ehegatte die Zusammenveranlagung auch allein beantragen, wenn der andere Ehegatte weder positive noch negative Einkünfte hatte, oder seine positiven Einkünfte so gering waren, dass davon kein Steuerabzug während des Jahres vorgenommen wurde und auch jetzt keine Einkommensteuer festgesetzt werden kann.

Wird um die Zusammenveranlagung für das Kalenderjahr der Trennung gestritten, muss der weniger verdienende Ehegatte der Zusammenveranlagung nur zustimmen, wenn der höher verdienende Ehegatte die bei einer Einzelveranlagung für den anderen Ehegatten mögliche Steuererstattung anteilig für die Zeit ab der Trennung ausgleicht (§§ 270 ff. AO).

Die Ehegatten erhalten normalerweise einen gemeinsamen Steuerbescheid. Das Finanzamt muss aber jedem Ehegatten einen eigenen Steuerbescheid schicken (§ 122 Abs. 7 Satz 2 AO), wenn die Ehegatten dies beantragt haben oder im Mantelbogen auf der Seite 1 getrennte Wohnsitze angegeben bzw. eingetragen haben, dass sie seit ... getrennt leben/geschieden sind.

Eine zu erwartende Steuererstattung ist vom Finanzamt auf beide Ehegatten aufzuteilen, wenn es von der Trennung oder Scheidung der Ehegatten weiß oder wenn die Aufteilung schon bei Abgabe der Steuererklärung beantragt wird und dem Finanzamt die getrennten Konten der Ehegatten mitgeteilt werden (Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 4.2.2013, DB 2013 S. 669).

Hatten beide Ehegatten Einkünfte, wird eine Steuererstattung bei zugrunde liegenden, auf einem gemeinsamen Vorauszahlungsbescheid basierenden und ohne individuelle Tilgungsbestimmung geleisteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen (z.B. bei hohen Altersrenten) zwischen den Ehegatten grundsätzlich hälftig aufgeteilt (BFH-Urteil vom 22.3.2011, VII R 42/10, BStBl. 2011 II S. 607), und bei zugrunde liegenden Steuerabzugsbeträgen (wie Lohnsteuer auf Arbeitslöhne, Kapitalertragsteuer auf Kapitalerträge) ohne weitere Steuervorauszahlungen nach dem Verhältnis der jeweiligen Steuerabzugsbeträge zum Gesamtsteuerabzug (BFH-Urteil vom 17.2.2010, VII R 37/08, BFH/NV 2010 S. 1078).

Bei einer vom Finanzamt an beide Ehegatten gerichteten Steuer- oder Vorauszahlungsfestsetzung kann der eine Steuerzahlung leistende Ehepartner bereits bei seiner Zahlung gegenüber dem Finanzamt kenntlich machen, dass er nur seine eigene Steuerschuld und nicht die vom Finanzamt gemeinsam festgesetzten Steuern beider Ehegatten tilgen will (BMF-Schreiben vom 31.1.2013, BStBl. 2013 I S. 70Rz. 3.2).

Auch ein formloser Antrag auf Aufteilung einer Steuernachzahlung ist möglich, sobald die Nachzahlung fällig ist, also das Finanzamt mit Vollstreckung droht und an die Zahlung erinnert (§ 268, 269 AO). Die Steuerschuld wird dann nach dem Verhältnis aufgeteilt, das sich bei Einzelveranlagung ergeben würde. Aufteilungen können bei späterer Trennung oder Scheidung sinnvoll sein. Ebenso kann ein geringer verdienender Ehegatte mit Steuerklasse V vom Finanzamt die Aufteilung einer noch nicht geleisteten Steuernachzahlung verlangen, wenn er dadurch eine Steuererstattung erhält und demzufolge der besser verdienende Ehegatte mit Steuerklasse III mehr nachzahlen muss (FG Berlin-Brandenburg vom 16.9.2009, 7 K 7453/06 B, EFG 2010 S. 6).

Die Einzelveranlagung

Wenn im Folgenden von Ehegatten gesprochen wird, so gelten die Ausführungen für eingetragene Lebenspartner entsprechend. Die Einzelveranlagung können auch eingetragene Lebenspartner wählen, da diese aufgrund einer Gesetzesänderung steuerlich wie Ehepaare behandelt werden (Näheres hierzu am Kapitelanfang).

Die Einzelveranlagung für Ehepaare zum Grundtarif (§ 26a EStG) ist nicht identisch mit der Einzelveranlagung von Alleinstehenden oder den Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Die Einzelveranlagung wird für beide Ehepartner durchgeführt, wenn einer der Partner diese in seiner eigenen Steuererklärung im Mantelbogen auf der Seite 1 beantragt (§ 26 Abs. 2 Satz 1 EStG). Jeder Ehepartner muss dann eine eigene Steuererklärung abgeben, die auch nur von ihm unterschrieben wird. Jeder bekommt seinen eigenen Steuerbescheid mit eigener Steuererstattung oder -nachzahlung.

Die Wahl der Einzelveranlagung kann auch gegen den Willen des anderen Partners erfolgen (BFH-Urteil vom 21.9.2006, VI R 80/04, BStBl. 2007 II S. 11). Der einseitige Antrag eines Partners auf Einzelveranlagung ist jedoch rechtsunwirksam, wenn er keine Einkünfte erzielt hat oder seine Einkünfte so gering sind, dass keine Einkommensteuer festzusetzen ist und auch kein Steuerabzug bzw. keine Steuervorauszahlung vorgenommen wurde.

Jedem Ehepartner sind nur die von ihm bezogenen Einkünfte zuzurechnen (§ 26a Abs. 1 EStG). Das zu versteuernde Einkommen jedes Partners wird nach dem Grundtarif besteuert.

Die Sonderausgaben (vor allem Kinderbetreuungskosten), außergewöhnlichen Belastungen und die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerarbeiten könen nicht beliebig unter den Ehepartnern aufgeteilt werden – etwa dem besser verdienenden Partner zugeordnet werden, um ein steueroptimales Ergebnis zu erzielen. Diese Aufwendungen werden vielmehr grundsätzlich demjenigen zugerechnet, der sie wirtschaftlich getragen hat (§ 26a Abs. 2 Satz 1 EStG). Das ist der Partner, aus dessen Mitteln die Aufwendungen bezahlt wurden, der also mit der Zahlung belastet ist.

Als gesetzlich zugelassene Ausnahme können beide Ehepartner in ihren Steuererklärungen aber übereinstimmend die hälftige Zuordnung der Aufwendungen beantragen. Dadurch erübrigt sich der mitunter mühsam zu erbringende Nachweis, wer von den beiden Partnern die Aufwendungen getragen hat. Der Partner, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat, kann den Antrag auf Halbierung auch allein stellen (§ 26a Abs. 2 EStG).

Der Antrag auf Halbierung gilt einheitlich für alle Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und haushaltsnahe Dienstleistungen. Eine andere als die hälftige Aufteilung, etwa nach Aufwendungsart oder gezahlten Anteilen, ist nicht zulässig.

Die zumutbare Belastung, die auf die allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 33 EStG angerechnet wird, wird bei einzeln veranlagten Partnern ab 2013 nach deren individuellen Gesamtbeträgen der Einkünfte bestimmt und nicht wie früher bei der getrennten Veranlagung nach dem aufsummierten Gesamtbetrag der Einkünfte beider Partner (Verfügung der OFD Frankfurt vom 20.8.2012, DStR 2012 S. 2282). Diese Neuerung kann zum Vorteil des betroffenen Partners sein, wenn sie zu einer geringeren zumutbaren Belastung und damit zu höheren absetzbaren außergewöhnlichen Belastungen (z.B. Krankheitskosten) führt.

Freibeträge für gemeinsame Kinder (Kinder-, Erziehungs-, Ausbildungsfreibetrag) werden bei jedem Ehepartner zur Hälfte berücksichtigt. Im Steuerbescheid wird geprüft, ob das halbe Kindergeld oder der halbe Kinder- und Erziehungsfreibetrag günstiger ist.

In folgenden Fällen führt die Einzelveranlagung zu einer niedrigeren Steuer als die Zusammenveranlagung:

  • Beide Ehegatten sind Ruheständler mit Nebeneinkünften. Bei Einzelveranlagung kann jeder den sog. Härteausgleich erhalten).

  • Ein Ehegatte hat Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Tätigkeit und bei den Vorsorgeaufwendungen wird nach alter Rechtslage sein Vorwegabzug gekürzt.

  • Ein Ehegatte hat hohe Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld I usw.), die dem Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) unterliegen.

  • Ein Ehegatte hat in größerem Umfang Einkünfte, die ermäßigt nach der Fünftelregelung besteuert werden, z.B. eine Abfindung.

  • Einer der Ehegatten hat steuerliche Verluste, der andere nicht sehr hohe Einkünfte (Kombination mit einem Verlustrück- bzw. Verlustvortrag).

  • Ein Ehegatte ist kirchensteuerpflichtig, der andere nicht. Bei Einzelveranlagung gibt es dann kein besonderes Kirchgeld.

  • Sie müssen Einkommensgrenzen für eine bestimmte staatliche Förderung (z.B. Arbeitnehmer-Sparzulage) einhalten, die Sie bei Zusammenveranlagung überschreiten. Andererseits reicht es bei zusammenveranlagten Eheleuten für die doppelte Förderung in der Regel, wenn ein Ehepartner die Voraussetzungen erfüllt; durch die Einzelveranlagung kann dann der halbe Förderbetrag verloren gehen (z.B. bei der Wohnungsbauprämie).

  • Für einen Ehegatten ist es vorteilhafter, seine Kapitaleinkünfte über die Günstigerprüfung mit seinem persönlichen (niedrigeren) Steuersatz zu versteuern, für den anderen ist die Besteuerung seiner Kapitaleinkünfte mit dem Abgeltungsteuersatz günstiger.

  • Sind beide Ehegatten Arbeitnehmer oder Pensionäre mit Nebeneinkünften, kann bei Einzelveranlagung jeder den sog. Härteausgleich nutzen (steuerfreie Nebeneinkünfte bis zu 410,00 €).

Mithilfe des Steuerprogramms können Sie sich automatisch ausrechnen lassen, ob Ihnen die Einzelveranlagung im Vergleich zur Zusammenveranlagung einen steuerlichen Vorteil bringt. Die Wahl ist für jedes Kalenderjahr aufs Neue zu treffen.

Ist bei Einzelveranlagungen der Ehepartner die Summe der bereits geleisteten Steuervorauszahlungen geringer als die Summe der in den Einzelsteuerbescheiden festgesetzten Steuern, ergibt sich insgesamt eine Steuernachzahlung. Dann sind gemeinsam geleistete Steuervorauszahlungen bei den Ehepartnern jeweils zur Hälfte anzusetzen, maximal aber bis zur festgesetzten Steuer (BMF-Schreiben vom 31.1.2013, BStBl. 2013 I S. 70Tz. 3.6.2).

Wahl der Veranlagungsart bindend

Die in der Steuererklärung gewählte Veranlagungsart ist für die Ehe- bzw. Lebenspartner grundsätzlich bindend. Das ergibt sich aus dem § 26 Abs. 2 Satz 3 EStG, gemäß dem die Wahl der Ehegattenveranlagung durch Abgabe in der Steuererklärung getroffen wird.

Übersetzt bedeutet das, dass grundsätzlich nur innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist für den gemeinsamen Steuerbescheid (bei Zusammenveranlagung) bzw. für den Einzelsteuerbescheid des antragstellenden Partners (bei Einzelveranlagung) die Veranlagung noch geändert werden kann.

Ausnahmsweise kann die Veranlagungsart nach Ablauf der Einspruchsfrist für den Steuerbescheid geändert werden, wenn folgende Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind (§ 26 Abs. 2 Satz 4 EStG):

  • Ein Steuerbescheid der Partner wird vom Finanzamt aufgehoben, geändert oder berichtigt (wodurch die ursprünglich gewählte Veranlagungsart ungünstiger werden kann) und

  • die gewählte Änderung der Veranlagung wird dem Finanzamt bis zum Eintritt der Bestandskraft des Änderungs- oder Berichtigungsbescheids schriftlich oder elektronisch mitgeteilt oder im Finanzamt zur Niederschrift erklärt und

  • die Einkommensteuer der Partner ist nach Änderung der Veranlagungsart niedriger, als sie ohne Änderung wäre. Die Einkommensteuer einzeln veranlagter Partner ist hierbei zusammenzurechnen. (Damit soll verhindert werden, dass ein Partner nachträglich zum eigenen Vorteil, aber zum Nachteil seines inzwischen von ihm getrennt lebenden Partners die Veranlagung wechselt.)

Diese Ausnahme für den Widerruf der ursprünglich gewählten Veranlagungsart ist bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft des neuen Steuerbescheides möglich. Ihr Steuerbescheid ist materiell bestandskräftig, wenn Sie innerhalb eines Monats keinen Einspruch eingelegt haben und auch das Finanzamt den Bescheid nicht mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen oder unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt hat.

Die Frage der Gütergemeinschaft

Im Mantelbogen Seite 1 wird abgefragt, ob Gütergemeinschaft vereinbart wurde oder nicht. Dieser Güterstand ist nur selten anzutreffen, da Ehepaare normalerweise im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben.

Die Abfrage des familienrechtlichen Güterstandes, das heißt die zivilrechtliche Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu den Ehegatten (im Ehevertrag vereinbarte Gütergemeinschaft oder Gütertrennung), ist für die gemeinsame oder die Einzelveranlagung von Ehegatten nicht maßgeblich. Sie kann aber dem Finanzamt Hinweise liefern, wem z.B. die Einkünfte im betrieblichen Bereich zuzurechnen sind:

  • Gehören die zur Einkünfteerzielung verwendeten Wirtschaftsgüter kraft ehelichen Güterrechts den Ehegatten gemeinschaftlich (Gütergemeinschaft), erzielen die Ehegatten die Einkünfte je zur Hälfte;

  • bei Gütertrennung (wie auch bei der Zugewinngemeinschaft) erzielt der Ehegatte, dem die Güter allein gehören, auch die Einkünfte allein.

Für Kapitalerträge gilt: Den Tatbestand der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG verwirklicht nur der, dem die Kapitalanlagen vermögensmäßig gehören. Haben die Ehegatten trotz Gütergemeinschaft getrennte Sparkonten und Wertpapierdepots, rechnet das Finanzamt daher die Kapitalerträge dem jeweiligen Kontoinhaber zu.

Für eingetragene Lebenspartner gilt Vergleichbares: Sie leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, können aber im Lebenspartnerschaftsvertrag auch die Vermögensgemeinschaft oder die Vermögenstrennung vereinbaren (§§ 6, 7 LPartG).