Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag Wolters Kluwer Deutschland GmbH

Verlustausgleich im selben Jahr

Verluste sind keine erfreuliche Sache, können aber zu Steuerersparnissen führen. Steuerrechtlich entstehen Verluste, wenn bei einer Einkunftsart Ihre absetzbaren Aufwendungen höher sind als die steuerpflichtigen Einnahmen.

Gewinneinkünfte:1)

Überschusseinkünfte:

./.

Betriebseinnahmen

Betriebsausgaben

./.

Einnahmen/Erträge

Werbungskosten

= Verlust, falls Differenz negativ (negative Einkünfte)

Verluste sind somit negative Einkünfte aus einer oder mehreren Einkunftsarten, das heißt Einkommensverluste. Davon zu unterscheiden sind Vermögensverluste, also Wertminderungen von Wirtschaftsgütern (Immobilien, Maschinen, Kraftfahrzeuge, Warenbestände etc.). Diese führen erst dann zu Einkommensverlusten, wenn sie als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anerkannt werden, etwa in Form von Abschreibungen. Wann das der Fall ist, ist bei den einzelnen Einkunftsarten zu prüfen (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Gewerbebetrieb usw.). Seit 2009 gelten infolge der Einführung der Abgeltungsteuer Vermögensverluste bei Wertpapieren als Einkommensverluste.

Ein Verlust aus einer Einkunftsart, z.B. aus Vermietung und Verpachtung, vermindert im selben Jahr Ihre anderen positiven Einkünfte und ggf. die des Ehegatten. Dadurch verringert sich der Gesamtbetrag der Einkünfte, damit das zu versteuernde Einkommen und somit Ihre Steuerlast. Diesen sog. Verlustausgleich im gleichen Jahr, der in § 2 Abs. 3 EStG geregelt ist, führt das Finanzamt in der Steuerveranlagung automatisch durch. Er ist stets vollständig durchzuführen, kann von Ihnen also nicht beschränkt werden.

Für Ehepartner spielt es bei Zusammenveranlagung keine Rolle, wer von beiden Partnern den Verlust erzielt hat. Ein gewinnerzielender Ehegatte hat einen Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung, wenn sein Ehepartner über einen nicht ausgeglichenen Verlust verfügt und er ihm den Ausgleich seines steuerlichen Nachteils infolge seiner Zustimmung zusichert.

Einschränkungen bei der Verlustverrechnung gibt es bei Verlusten

  • aus Kapitalvermögen,

  • aus privaten Veräußerungsgeschäften ,

  • aus sonstigen Einkünften,

  • aus dem Ausland,

  • aus Steuerstundungsmodellen,

  • aus der Beteiligung an Gewerbebetrieben mit beschränkter Haftung (§ 15a EStG),

  • aus gewerblicher Tierzucht/Tierhaltung (§ 15 Abs. 4 Satz 1 EStG),

  • als stiller Mitunternehmer (§ 15 Abs. 4 Satz 6 EStG).

Verluste aus Liebhaberei werden vom Finanzamt überhaupt nicht anerkannt und können daher auch nicht mit positiven Einkünften verrechnet werden. Liebhaberei liegt vor, wenn Sie keine Gewinn- bzw. Einkunftserzielungsabsicht haben.

Die Möglichkeit der Vererbung von Verlusten hat der BFH abgeschafft (BFH-Beschluss vom 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. 2008 II S. 608). Nicht ausgeglichene Verluste des Erblassers können auf die Erben nicht mehr übergehen. Allerdings gibt es eine Übergangsregelung: Für alle Erbfälle, die bis zum Ablauf des 18.8.2008 eingetreten sind, gilt noch die alte Rechtslage (BMF-Schreiben vom 24.7.2008, BStBl. 2008 I S. 809).

Verlustausgleich innerhalb derselben Einkunftsart

Entsteht ein Verlust, ist dieser mit positiven Einkünften innerhalb derselben Einkunftsart unbegrenzt verrechenbar. Das ist der sog. horizontale Verlustausgleich (§ 2 Abs. 3 EStG). Auch bei zusammen veranlagten Ehegatten wird der horizontale Verlustausgleich getrennt durchgeführt. Anschließend erfolgt, falls erforderlich, der vertikale Verlustausgleich. Nicht in den Verlustausgleich einzubeziehen sind seit 2009 die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte.

Herr Meier hat 2015 zwei Immobilien vermietet. Mit der vermieteten Eigentumswohnung erzielt er einen Überschuss der Mieteinnahmen über die Werbungskosten in Höhe von 5.000,00 €, mit dem Mietshaus einen Verlust in Höhe von 15.000,00 €. Durch den horizontalen Verlustausgleich ergibt sich für Herrn Meier ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung im Jahr 2015 in Höhe von 10.000,00 €.

Steuerfreie Veräußerungs- und Aufgabegewinne (§ 14a Abs. 1u. 3 EStG, § 16 Abs. 4 EStG, § 17 Abs. 3 EStG, § 18 Abs. 3 Satz 2 EStG) bleiben bei der Verlustverrechnung außer Betracht, ebenso steuerfreie Einnahmen§ 3, 3b EStG).

Liegen mit der Fünftelregelung zu besteuernde außerordentliche Einkünfte vor, werden innerhalb der betreffenden Einkunftsart zunächst die laufenden Verluste mit den normal zu besteuernden laufenden Gewinnen saldiert. Bleiben dann noch Verluste übrig, werden diese erst mit laufenden Gewinnen aus anderen Einkunftsarten verrechnet, bevor sie mit den ermäßigt zu besteuernden Einkünften ausgeglichen werden (BFH-Urteil vom 13.8.2003, XI R 27/03, BStBl. 2004 II S. 547; R 34.1 Abs. 1 Satz 4 EStR 2012).

Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten

Bleiben nach dem horizontalen Verlustausgleich aus einer Einkunftsart negative Einkünfte übrig, können diese mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden. Dies ist der sog. vertikale Verlustausgleich (§ 2 Abs. 3 EStG). Dieser ist in unbeschränkter Höhe zulässig.

Bei zusammen veranlagten Ehegatten erfolgt der vertikale Verlustausgleich zunächst für jeden Ehegatten getrennt. Was übrig bleibt, kann bei dem anderen Ehegatten verrechnet werden.

Frau Meier hat als Angestellte 2015 einen Bruttolohn in Höhe von 31.000,00 € erhalten. Nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 1.000,00 € errechnen sich für sie positive Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit in Höhe von 30.000,00 €. Weitere Einkünfte hat sie nicht. Da ihr Ehemann Herr Meier aus dem ersten Beispiel neben seinem Verlust aus Vermietung (10.000,00 €) nur noch einen kleinen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.000,00 € vorzuweisen hat, kann er seine negative Summe der Einkünfte in Höhe von 8.000,00 € mit den positiven Einkünften seiner Frau im Wege des vertikalen Verlustausgleichs vollständig verrechnen. Es ergibt sich somit eine Summe der Einkünfte des Ehepaars Meier von 22.000,00 €.

Auch Verluste, die nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erwirtschaftet werden, können in vollem Umfang mit positiven Einkünften verrechnet werden (H 10d Insolvenzverfahren EStH 2014).

Ermäßigt besteuerte außerordentliche Einkünfte werden erst dann um laufende Verluste gekürzt, wenn keine normal zu besteuernden positiven Einkünfte – aus welcher Einkunftsart auch immer – für die Verrechnung zur Verfügung stehen.

Verlustabzug in anderen Jahren

Können negative Einkünfte (Verluste) nicht oder nicht vollständig mit positiven Einkünften (Gewinnen) im selben Jahr verrechnet werden, kann der nicht ausgeglichene Verlustbetrag von einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte in einem anderen Jahr abgezogen werden. Das ist der Verlustabzug (§ 10d EStG).

Sie beenden Ihr Studium im September. Für die Stellensuche schon im letzten Semester und nach Studienabschluss haben Sie erhebliche Auslagen, z.B. für Bewerbungen, Vorstellungsgespräche. Bei Antritt einer neuen Arbeitsstelle erst im neuen Jahr sind im alten Jahr vorweggenommene Werbungskosten vorhanden, aber kein Arbeitslohn.

Ein Verlustabzug (Verlustrücktrag, Verlustvortrag) ist nur möglich, wenn im betreffenden Veranlagungszeitraum eine negative Summe der Einkünfte vorliegt. Der Abzug des Altersentlastungsbetrages, des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende und des Freibetrages für Land- und Forstwirte wirkt sich somit nicht verlustbringend aus (R 10d Abs. 1 EStR 2012). Ob das zu versteuernde Einkommen negativ ist, spielt keine Rolle.

Verlustrücktrag in das Vorjahr

Sie können den für einen Verlustabzug infrage kommenden Verlustbetrag in das Vorjahr zurücktragen lassen (aber nicht in weiter zurückliegende Jahre) und dabei die Höhe selbst festlegen, mit der der Verlust berücksichtigt werden soll (§ 10d Abs. 1 EStG). Begrenzt ist der Verlustrücktrag seit 2013 auf 1 Mio. Euro und bei zusammen veranlagten Ehegatten auf die doppelte Summe, egal wer die positiven oder negativen Einkünfte erzielt hat (R 10d Abs. 2 Satz 2 EStR 2012). Der Verlustrücktrag wird vom Finanzamt im Gegensatz zum Vortrag nicht gesondert festgestellt.

Der rückgetragene Verlust wird vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres abgezogen, und zwar vorrangig vor dem Abzug anderer Sonderausgaben und der außergewöhnlichen Belastungen des Vorjahres (BFH-Beschluss vom 9.4.2010, IX B 191/09, BFH/NV 2010 S. 1270; Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1175/10 nicht angenommen). Ohne Begrenzung des Verlustrücktrages kann es sein, dass alle nach dem Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres folgenden steuerlichen Abzugspositionen (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, evtl. Freibeträge für Kinder, Steuerermäßigungen usw.) sich nicht mehr steuermindernd auswirken.

Falls Sie Ihren Verlustrücktrag beschränken wollen, tragen Sie den gewünschten Betrag in die Zeile 81 des Mantelbogens ein. Achten Sie bei der Höhe des Rücktrages darauf, dass das zu versteuernde Einkommen des Vorjahres nicht unter den Grundfreibetrag sinkt, sonst verschenken Sie einen möglichen Verlustvortrag. Wenn Sie keinen Rücktrag wünschen, tragen Sie in dieser Zeile eine Null ein. Ohne Eintrag trägt das Finanzamt automatisch Ihren Verlust bis in Höhe des Gesamtbetrages der Einkünfte des Vorjahres zurück. Nach Zugang des geänderten Steuerbescheides für das Vorjahr (auch wenn er bereits bestandskräftig war) können Sie im Wege des Einspruchs noch nachträglich den Verlustrücktrag begrenzen. Dies müssen Sie innerhalb der Einspruchsfrist für den neuen Steuerbescheid beantragen (R 10d Abs. 3 Satz 1 EStR 2012).

Sind Sie nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, müssen Sie Ihre Steuererklärung innerhalb der Festsetzungsfrist (normalerweise vier Jahre beim Finanzamt einreichen, damit der Verlustrücktrag noch durchgeführt werden kann. Bei bereits eingetretener Festsetzungsverjährung für das Verlustentstehungsjahr kann ein nicht ausgeglichener Verlust trotzdem nachträglich ins Vorjahr zurückgetragen werden, wenn das Vorjahr noch nicht festsetzungsverjährt ist (BFH-Urteil vom 27.1.2010, IX R 59/08, BStBl. 2010 II S. 1009).

Verlustvortrag in die Folgejahre

Wird der Verlust eines Jahres nicht oder nicht vollständig per Rücktrag mit Gewinnen des Vorjahres ausgeglichen oder kann ein Verlustvortrag aus dem Vorjahr nicht vollständig mit Gewinnen des laufenden Jahres verrechnet werden, wird der nicht verrechnete Rest vom Finanzamt zwingend in das Folgejahr vorgetragen (§ 10d Abs. 2 EStG). Anders als beim Verlustrücktrag gibt es beim Verlustvortrag keine zeitliche Begrenzung auf ein Jahr. Die negativen Einkünfte werden so lange Jahr für Jahr vorgetragen, bis davon nichts mehr übrig ist.

Ein Verlustvortrag ist nur möglich, wenn er vom Finanzamt in einem Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum Schluss des Kalenderjahres (31.12.) gesondert festgestellt wird (§ 10d Abs. 4 Satz 1 EStG). Das ist der sog. Verlustfeststellungsbescheid, der für jeden Ehegatten getrennt erfolgt. Der verbleibende Verlustvortrag ist der Verlust, der in dem betreffenden Jahr weder mit aktuellen Gewinnen noch durch Rücktrag ausgeglichen werden konnte. In ihn geht auch ein aus früheren Jahren vorgetragener, im laufenden Jahr nicht verrechneter Verlust ein.

Ein verbleibender Verlustvortrag ist vom Finanzamt auch dann gesondert festzustellen, wenn Sie wegen Ablaufs der vierjährigen Festsetzungsfrist keine Einkommensteuererklärung mehr abgeben können, aber die siebenjährige Feststellungsfrist noch nicht abgelaufen ist. In diesem Fall geben Sie nur den Mantelbogen des Verlustjahres mit einem Kreuz auf der Seite 1 oben im Kästchen Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages sowie die entsprechende Anlage für die negativen Einkünfte beim Finanzamt ab. Das ist dann eine Feststellungserklärung, keine Einkommensteuererklärung.

Wurde vom Finanzamt ein verbleibender Verlustvortrag größer als 0,00 € festgestellt, müssen Sie im Folgejahr eine Einkommensteuererklärung abgeben (§ 56 Satz 2 EStDV) und im Mantelbogen auf der Seite 3 unten das Kästchen Es wurde ein verbleibender Verlustvortrag nach § 10d EStG zum 31.12.... festgestellt ankreuzen (31.12. des Vorjahres). Kann im Folgejahr der Verlust nicht vollständig verrechnet werden, geht er in den Verlustfeststellungsbescheid dieses Jahres ein.

Der festgestellte, nach dem Rücktrag evtl. noch verbleibende Verlustbetrag – oder bei Verzicht auf einen Verlustrücktrag der gesamte Verlustbetrag – wird vom Finanzamt zwingend ohne Begrenzungsmöglichkeit mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte des Folgejahres verrechnet, und zwar vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen (§ 10d Abs. 2 EStG BFH-Beschluss vom 9.4.2010, IX B 191/09, BFH/NV 2010 S. 1270; Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1175/10 nicht angenommen). Verfassungsgemäß ist, dass der Verlust zwingend auch in solche Veranlagungszeiträume vorgetragen wird, in denen der Steuerpflichtige nur ein Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags hat (BFH-Urteil vom 26.7.2005, XI B 93/03, BFH/NV 2005 S. 2001; Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen). Der Verlustvortrag kann im Gegensatz zum Verlustrücktrag von Ihnen nicht begrenzt werden (BFH-Beschluss vom 9.4.2010, IX B 191/09, BFH/NV 2010 S. 1270; Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Es gibt beim Verlustvortrag eine Obergrenze (Mindestbesteuerung): Bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte des Folgejahres von einer Million Euro (bei zusammen veranlagten Ehegatten zwei Millionen Euro) wird unbegrenzt verrechnet, darüber hinaus bis zu 60 % des eine bzw. zwei Mio. Euro übersteigenden Gesamtbetrages der Einkünfte jedes Folgejahres (§ 10d Abs. 2 Satz 1 EStG). Diese Grenze gilt zusätzlich bei Verlustvorträgen innerhalb derselben Einkunftsart, bei denen die Verlustverrechnung beschränkt ist (wie etwa bei privaten Veräußerungsgeschäften), und ist dort zuerst anzuwenden (BMF-Schreiben vom 29.11.2004, BStBl. 2004 I S. 1097). Durch diese Obergrenze werden die Verlustvorträge aber nur zeitlich gestreckt (dagegen Verfassungsbeschwerde anhängig: Az. 2 BvR 2998/12). Gehen sie endgültig verloren (z.B. bei Tod des Steuerpflichtigen ohne Verlustvererbung), könnte die Mindestbesteuerung verfassungswidrig sein. Diese Frage hat der BFH dem BVerfG zur Beantwortung vorgelegt (BFH-Beschluss vom 26.2.2014, I R 59/12, DStR 2014 S. 1761).

Hatten Sie im Jahr des Verlustanfalls keine Steuererklärung abgegeben, ist noch nachträglich eine gesonderte Verlustfeststellung für das Verlustjahr möglich (BFH-Urteil vom 13.1.2015, IX R 22/14, DStR 2015 S. 939). Allerdings müssen Sie Ihre Feststellungserklärung so rechtzeitig beim Finanzamt einreichen, dass dieses noch vor Ablauf der i.d.R. siebenjährigen Feststellungsfrist den Feststellungsbescheid erlassen kann (BFH-Urteil vom 25.5.2011, IX R 36/10, BStBl. 2011 II S. 807). Die 7-Jahres-Frist errechnet sich aus dreijähriger Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO plus vierjähriger Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Nach Ablauf der Feststellungsfrist ist eine Verlustfeststellung nur noch im Ausnahmefall des § 181 Abs. 5 Satz 1 AO möglich (§ 10d Abs. 4 Satz 6 Halbsatz 2 EStG) sowie für ein späteres Jahr, für das die Frist noch nicht abgelaufen ist. Das Finanzamt verrechnet im späteren Jahr allerdings fiktiv den nachträglich geltend gemachten Verlust mit positiven Einkünften, die im verjährten Verlustentstehungsjahr und in den folgenden Veranlagungszeiträumen erzielt wurden, und stellt dann nur den noch verbleibenden Verlustvortrag fest (BFH-Urteil vom 29.6.2011, IX R 38/10, BStBl. 2011 II S. 963).

Hatten Sie eine Steuererklärung eingereicht, aber die Verluste nicht angegeben, werden ab dem 14.12.2010 abgegebene Erklärungen zur Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags über die nachgemeldeten Verluste nur berücksichtigt, wenn der Steuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr noch nicht bestandskräftig ist (§ 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.V.m. § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG). Diese Neuregelung hat der BFH für verfassungsgemäß befunden (BFH-Urteil vom 10.2.2015, IX R 6/14, BFH/NV 2015 S. 812). Die Änderung eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids kommt nur in Betracht, wenn der Verlust erst nachträglich eingetreten und deswegen als rückwirkendes Ereignis zu werten ist. Das ist etwa der Fall, wenn nach der Liquidation einer GmbH für einen Gesellschafter in einem späteren Jahr nachträgliche Anschaffungskosten für seine GmbH-Beteiligung anfallen, die seinen Liquidationsverlust gemäß § 17 EStG erhöhen (BFH-Urteil vom 2.10.1984, VIII R 20/84, BStBl. 1985 II S. 428). Im Normalfall ist der Auflösungsverlust eines GmbH-Gesellschafters i.S. des § 17 Abs. 4 EStG erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens realisiert (BFH-Urteil vom 1.3.2005, VIII R 46/03, BFH/NV 2005 S. 2171).

Haben Sie die einmonatige Einspruchsfrist versäumt, sollten Sie ggf. einen Verlustrücktrag in das Vorjahr beantragen, da die Neuregelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG für den Rücktrag nicht gilt. Wird der nachträglich gemeldete Verlust durch den Rücktrag nicht vollständig ausgeglichen, verfällt allerdings der Restbetrag.

Steuerstundungsmodelle nach § 15b EStG

Aufgrund des § 15b EStG dürfen Kapitalanleger Verluste aus der Beteiligung an sog. Steuerstundungsmodellen weder mit ihren Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit anderen Einkünften verrechnen. Zulässig ist auch kein Verlustrücktrag, sondern nur ein Vortrag mit Verrechnung von künftigen Gewinnen aus derselben Beteiligung. Der nicht ausgleichsfähige Verlust ist jährlich gesondert festzustellen (§ 15b Abs. 4 EStG). Die Beschränkung der Verlustverrechnung ist finanzgerichtlich abgesegnet worden (FG Baden-Württemberg vom 7.7.2011, 3 K 4368/09, EFG 2011 S. 1897; Revision zurückgenommen).

Die Vorschrift des § 15b EStG ist auf Verluste anzuwenden, wenn der Anleger dem Fonds nach dem 10.11.2005 beigetreten ist bzw. die Beteiligung danach erworben hat oder wenn für den Fonds bzw. die Beteiligung nach diesem Datum mit dem Außenvertrieb begonnen wurde (§ 52 Abs. 33a EStG).

Ob § 15b EStG anwendbar ist, wenn bei einer vor dem 11.11.2005 gegründeten GbR kein Außenvertrieb der Gesellschaftsanteile stattgefunden hat und erste Investitionen der Gesellschaft erst nach dem 10.11.2005 erfolgt sind, ist Gegenstand einer Revision beim BFH (Az. IV R 17/13).

Ein Steuerstundungsmodell fällt unter § 15b EStG, wenn aufgrund der modellhaften Gestaltung der Beteiligung davon auszugehen ist, dass die prognostizierten (nicht die später tatsächlich anfallenden) Anfangsverluste 10 % des aufzubringenden Kapitals übersteigen.

Dazu bedarf es eines vorgefertigten Konzepts des Initiators, das dem Anleger die Möglichkeit zur Verrechnung von Anfangsverlusten mit seinen sonstigen Einkünften bietet. Solche Konzepte werden typischerweise durch Verkaufsprospekte für geschlossene Fonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft (meist GmbH & Co. KG) vermarktet. Sieht dagegen das Konzept des Initiators keine steuerlichen Verluste vor, sondern eine positive Rendite für die Geldanlage, liegt kein Steuerstundungsmodell vor. Daran ändert sich auch nichts durch hohe Anfangsverluste aufgrund einer Ansparrücklage oder eines Investitionsabzugsbetrags (BFH-Urteil vom 6.2.2014, IV R 59/10, BStBl. 2014 II S. 456) . Wann ein vorgefertigtes Konzept vorliegt, hat der BFH in diesem Urteil ebenfalls näher definiert.

Bei entsprechender Ausgestaltung fallen unter § 15b EStG zum Beispiel Beteiligungen an Medienfonds (Filmfonds), geschlossene Immobilienfonds und sogar der Einzelerwerb einer Mietimmobilie vom Bauträger, wenn im Bauträgerprospekt Zusatzleistungen gegen Entgelt angeboten werden, die das Risiko des Käufers mindern und als sofort abziehbare Werbungskosten dessen Anlaufverluste erhöhen (z.B. eine Mietgarantie oder Bürgschaft). Beteiligungsmodelle wie unter die Tonnagebesteuerung fallende Schiffsfonds, Private Equity Fonds oder Venture Capital Fonds fallen nicht darunter, da sie Gewinne bereits in der Anlaufphase einer Beteiligung zum Ziel haben.

Ebenfalls liegt kein Steuerstundungsmodell vor, wenn der Bauträger mit Ihnen als dem Erwerber zugleich die Modernisierung des Objekts ohne weitere modellhafte Zusatz- oder Nebenleistungen vereinbart. Dies gilt insbesondere für Altbauten in Sanierungsgebieten und für Baudenkmale, für die Sie erhöhte Abschreibungen nach den §§ 7h, 7i EStG beanspruchen können und bei denen die Immobilien vor Beginn der Modernisierung an die Erwerber außerhalb einer Fondskonstruktion verkauft werden (BMF-Schreiben vom 17.7.2007, BStBl. 2007 I S. 542Rz. 9).

Steuerminderungen durch Ansatz gezahlter Stückzinsen beim Anleihekauf oder gezahlter Zwischengewinne beim Kauf von Investmentanteilen als negative Einnahmen darf das Finanzamt nicht unter Hinweis auf § 15b EStG ablehnen (Verfügung der OFD Magdeburg vom 13.6.2008, DStR 2008 S. 1833).

Anhang

Fußnoten

  1. Bei Bilanzierung ist ein Verlust ein negativer Betriebsvermögensvergleich.