Ein Reiseveranstalter darf bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag den Kunden mit denjenigen Mehrkosten belasten, die sich daraus ergeben, dass die Tarifbedingungen der Luftverkehrsunternehmen typischerweise nach bestätigter Buchung keinen Wechsel in der Person des Fluggastes ("name change") zulassen und deshalb eine neue Flugbuchung erfordern. Dies stellt der Bundesgerichtshof (BGH) klar.

Der Kläger in der Sache X ZR 107/15 buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin für seine Eltern für 1.398 Euro eine Reise von Hamburg nach Dubai. Die Luftbeförderung zum Reiseziel sollte mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung seiner Mutter erkundigte sich der Kläger zwei Tage vor Abflug nach den Bedingungen eines Eintritts zweier anderer Personen in den Reisevertrag. Die Beklagte teilte ihm am nächsten Tag mit, dass eine Umbuchung entweder den Erwerb von Business-Class-Tickets mit Mehrkosten in Höhe von 1.850 Euro pro Person oder neuer Economy-Class-Tickets mit einer anderen Abflugzeit und Mehrkosten in Höhe von 725 Euro pro Person erfordere. Der Kläger trat daraufhin vom Reisevertrag zurück.

In der Sache X ZR 141/15 buchten die Klägerin und ein vorgesehener Mitreisender, der der Klägerin seine Ansprüche abgetreten hat, bei der beklagten Reiseveranstalterin eine Reise von Berlin nach Phuket (Thailand) zu einem Gesamtpreis von 2.470 Euro. Die Luftbeförderung zum Reiseziel sollte mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung des Mitreisenden bat die Klägerin zwei Tage vor Abflug um den Eintritt zweier anderer Personen in den Reisevertrag. Die Beklagte teilte ihr mit, dass eine Umbuchung den Erwerb neuer Flugtickets mit Mehrkosten von 1.648 Euro pro Person erfordere. Die Klägerin und ihr Mitreisender traten daraufhin vom Reisevertrag zurück.

In beiden Fällen stellte der Reiseveranstalter den Kunden eine Rücktrittsentschädigung in Höhe von 85 beziehungsweise 90 Prozent des Reisepreises in Rechnung und zahlte nur den restlichen Reisepreis zurück. Die Kläger verlangen jeweils Rückzahlung des vollen Reisepreises. Sie waren damit beim Amtsgericht erfolglos, das Berufungsgericht hat den Klagen dagegen stattgegeben. Es nahm an, dem Reiseveranstalter sei ein Anspruch auf angemessene Entschädigung für den Verlust des Anspruchs auf den Reisepreis infolge des vom Kläger erklärten Rücktritts nach § 651i Absätze 2 und 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu versagen, da die Beklagte den Rücktritt durch eine schuldhafte Verletzung ihrer Vertragspflichten verursacht habe. Mit dem Angebot, den Vertrag nur gegen erhebliche Mehrkosten auf andere Reisende zu übertragen, sei die Beklagte ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach § 651b Absatz 1 BGB nicht nachgekommen, dem Reisenden eine solche Übertragung zu ermöglichen. Weder die – auf den von der Beklagten mit den Luftverkehrsunternehmen getroffenen Vereinbarungen beruhenden – höheren Kosten einer Beförderung in der Business Class noch die Kosten für den Erwerb neuer Economy-Class-Tickets gehörten zu den Mehrkosten, die der Reiseveranstalter nach § 651b Absatz 2 BGB bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag verlangen könne.

Auf die Revision der beklagten Reiseveranstalter hat der BGH die Berufungsurteile aufgehoben und die klageabweisenden erstinstanzlichen Urteile wiederhergestellt. Der Reiseveranstalter müsse dem Kunden zwar nach § 651b Absatz 1 BGB die Übertragung des Anspruchs auf die Reiseleistungen auf einen Dritten ermöglichen. Hierdurch entstehende Mehrkosten müsse er jedoch nicht selbst tragen, sondern könne den Kunden und den Dritten damit belasten, die hierfür als Gesamtschuldner hafteten.

Er sei auch nicht gezwungen, die vertraglichen Reiseleistungen so zu gestalten, dass sie für den Kunden möglichst kostengünstig auf einen Dritten übertragbar sind. Für den Streitfall bedeute dies, dass der Reiseveranstalter den Anspruch des Kunden auf Flugbeförderung im Rahmen der gebuchten Pauschalreise auch dadurch erfüllen kann, dass er für diesen bei einem Luftverkehrsunternehmen einen Flug zu einem Tarif bucht, der einen nachträglichen Wechsel der Person des Fluggastes nicht zulässt und typischerweise zu einem niedrigeren Preis erhältlich ist als Tarife, die eine größere Flexibilität gestatten. Der Reiseveranstalter bleibe gleichwohl verpflichtet, dem Dritten auch in einem solchen Fall den Eintritt in den Reisevertrag zu ermöglichen. Die Kosten für den notwendigen Erwerb eines neuen Flugscheins seien dann jedoch Mehrkosten im Sinne des § 651b Absatz 2 BGB. Auch wenn sie insbesondere den Eintritt eines Dritten kurz vor Reisebeginn, wie er in den Streitfällen in Rede stand, wirtschaftlich unattraktiv machen könnten, rechtfertige dieser Umstand es nicht, derartige Mehrkosten den Reiseveranstalter tragen zu lassen.

Bundesgerichtshof, Urteile vom 27.09.2016, X ZR 107/15 und X ZR 141/15


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