Ein Kind, für dessen Zeugung ein Spendersamen verwendet wurde, hat einen Anspruch auf Auskunft über die Identität des Spenders. Das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung sei gewichtiger als das informationelle Selbstbestimmungsrecht des anonymen Samenspenders, stellt das Amtsgericht (AG) Hannover klar. Damit war die gegen zwei Institute für Reproduktionsmedizin gerichtete Auskunftsklage einer jungen Frau erfolgreich.

Die Klägerin wurde 1994 geboren, nachdem sich ihre Eltern in den Jahren 1993 und 1994 bei der Beklagten zu 1 behandeln und im Jahr 1994 eine künstliche heterologe Insemination vornehmen ließen. Der hierfür verwendete Spendersamen wurde von der Beklagten zu 2 zur Verfügung gestellt. Die Klägerin hat die Klage im Einverständnis mit ihren Eltern erhoben. Sie hat vorgetragen, ihr rechtlicher Vater sei zum Zeitpunkt der Zeugung zeugungsunfähig gewesen. Diesen Sachverhalt hat das Gericht nach Beweisaufnahme als bewiesen erachtet.

Der Klägerin stehe somit ein Anspruch über die Auskunft der Identität des Samenspenders und die Einsicht in die diesbezüglichen Behandlungsunterlagen zu, meint das AG. Der Anspruch ergebe sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Bei dem zwischen den Eltern und den Beklagten abgeschlossenen Behandlungsvertrag handele es sich um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Kindes. Hierdurch werde mit Geburt des Kindes eine rechtliche Sonderbeziehung des Kindes zu den Beklagten und damit ein Auskunftsanspruch begründet.

Auch bei der Abwägung der grundrechtlich geschützten Rechtsgüter der informationellen Selbstbestimmung des Samenspenders und dem Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung habe das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Samenspenders hinter dem Auskunftsrecht des Kindes zurückzustehen. Dies ergebe sich daraus, dass sich der Samenspender bewusst mit einem maßgeblichen Beitrag an Erzeugung menschlichen Lebens beteiligt hat und hierfür eine soziale und ethische Verantwortung trägt.

Amtsgericht Hannover, Urteil vom 17.10.2016, 432 C 7640/15


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