Die Werbung mit einem Verzicht auf die gesetzliche Zuzahlung bei medizinischen Hilfsmitteln ist zulässig. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Die Beklagte handelt im Internet mit medizinischen Hilfsmitteln, insbesondere zur Behandlung von Diabetes. Sie warb damit, dass ihre Kunden keine gesetzliche Zuzahlung entrichten müssen, weil sie diese übernehme. Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, beanstandet diese Werbung, weil sie gegen die Regelungen zur Zuzahlung in § 33 Absatz 8 Sozialgesetzbuch V (SGB V) und § 43c Absatz 1 SGB V sowie gegen das Verbot von Werbegaben in § 7 Absatz 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) verstoße. Sie begehrt von der Beklagten Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten.

Das Landgericht (LG) hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verzicht auf die Zuzahlung widerspreche der gesetzlichen Pflicht, die Zuzahlungen für Hilfsmittel einzuziehen, und stelle deshalb eine im Gesundheitswesen verbotene Werbegabe dar. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH die die Klage abweisende Entscheidung des LG wiederhergestellt.

Die gesetzlichen Zuzahlungsregelungen dienten der Kostendämpfung im Gesundheitswesen und nicht dem Schutz der dort tätigen Mitbewerber. Die Einhaltung dieser Regeln könne daher von vornherein nicht mit Mitteln des Lauterkeitsrechts durchgesetzt werden. Der Zuzahlungsverzicht sei auch keine verbotene Heilmittelwerbung. Nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2a HWG seien bestimmte oder auf bestimmte Art zu berechnende Rabatte jeder Art für nicht preisgebundene Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Heilmittel erlaubt. In § 33 Absatz 8 Satz 3 SGB V und § 61 Satz 1 SGB V seien die Zuzahlungen an die Höhe des Abgabepreises gekoppelt und ließen sich ohne Weiteres errechnen.

Die gesetzlichen Regelungen zur Zuzahlung stehen laut BGH einem solchen Rabatt bei Hilfsmitteln nicht entgegen. Gemäß § 33 Absatz 8 SGB V werde bei Hilfsmitteln der Verkäufer und nicht – wie etwa bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln – die Krankenkasse Inhaber der Zuzahlungsforderung gegen die Versicherten. Der Vergütungsanspruch des Hilfsmittellieferanten gegen die Krankenkasse verringere sich automatisch um die Zuzahlung. Der Verkäufer der Hilfsmittel könne über die Zuzahlungsforderung frei verfügen, also darauf auch verzichten. § 43c Absatz 1 SGB V gelte nicht beim Vertrieb von Hilfsmitteln.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 01.12.2016, I ZR 143/15 – Zuzahlungsverzicht bei Hilfsmitteln


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