Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat auf die erhöhten Sorgfaltsanforderungen hingewiesen, die einen Fahrradfahrer treffen, der einen so genannten Fahrrad-Schutzstreifen in Gegenrichtung befährt. Konkret hat das OLG die überwiegende Haftung des Fahrradfahrers bestätigt.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schmerzensgeld und weiteren Schadenersatz im Zusammenhang mit einem Unfall in Anspruch. Der beklagte Fahrradfahrer fuhr in Gegenrichtung auf einem Fahrrad-Schutzstreifen in der Innenstadt von Frankfurt am Main. Seine Geschwindigkeit betrug zwischen zehn und zwölf Stundenkilometer. Der Kläger wollte als Fußgänger den Schutzstreifen in der Nähe eines Fußgängerüberweges überqueren. Hierbei wurde er vom Fahrrad des Beklagten niedergerissen. Beide Parteien hatten sich vor dem Unfall nicht wahrgenommen. Der Kläger stürzte und erlitt unter anderem einen schmerzhaften Gelenkbruch. Der Beklagte ist nicht haftpflichtversichert.
 
Das Landgericht Frankfurt am Main hat dem Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro sowie weiteren Schadenersatz zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Unfall auf ein ganz überwiegendes Fehlverhalten des Fahrradfahrers zurückzuführen sei (Urteil vom 19.08.2016, 2-08 O 88/16).
 
Die hiergegen gerichtete Berufung hielt das OLG für unbegründet. Auf einen entsprechenden Hinweis hin hat der Beklagte seine Berufung zurückgenommen. Das OLG betont in dem Hinweisbeschluss, dass der Beklagte den Fahrrad-Schutzstreifen verbotswidrig genutzt habe. Er habe gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen. Dieses Fehlverhalten löse gesteigerte Sorgfaltspflicht aus. Der Beklagte habe deshalb insbesondere darauf achten müssen, ob Fußgänger von – aus seiner Sicht – links die Straße überqueren wollen. Diese Fußgänger müssten nicht mit einem von rechts verbotswidrig herannahenden Radfahrer rechnen. Dies gelte in besonderer Weise im Bereich einer Einbahnstraße, da dort kein Autoverkehr von rechts drohe. Außerdem müssten Fahrradfahrer in der Innenstadt grundsätzlich ihre Fahrweise auf ein erhöhtes Fußgängeraufkommen einrichten.

Der Beklagte sei zudem in der konkreten Situation zu schnell gefahren. Er hätte die Gefährdung insbesondere älterer Menschen ausschließen müssen. Dies sei hier bei der Geschwindigkeit von zehn bis zwölf Stundenkilometern nicht möglich gewesen.

Da der Beklagte über keine Haftpflichtversicherung verfüge, hafte er persönlich für die Unfallfolgen.

Den klagenden Fußgänger treffe jedoch ein Mitverschulden von zehn Prozent, da er die Straße nicht auf dem sechs bis acht Meter von der Unfallstelle entfernten Fußgängerüberweg überquert habe.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 09.05.2017, 4 U 233/16


Das könnte Sie interessieren: