Die Kosten eines Zivilprozesses sind nur insoweit als außergewöhnliche Belastung abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Dies ist nicht der Fall, wenn mit dem Prozess die eigene Erbenstellung durchgesetzt werden soll, es also allein darum geht, die eigene wirtschaftliche Situation zu verbessern. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Die Ehefrau des Klägers, eine gebürtige Rumänin, war gemeinsam mit ihrem in Rumänien lebenden Bruder Erbin ihres ebenfalls bis zu seinem Tod im Jahr 2009 in Rumänien lebenden Vaters geworden. Der Schwager des Klägers verschwieg gegenüber den zuständigen Behörden die Existenz seiner Schwester, um dadurch einen auf sich ausgestellten Erbschein und die Erbschaft für sich zu erlangen. Nachdem der Schwager die elterliche Wohnung veräußert und seine Schwester, die Ehefrau des Klägers, von diesen Vorgängen Kenntnis erlangt hatte, beauftragte diese eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Vertretung ihrer rechtlichen Interessen. Der Erbschein und der Kaufvertrag über die elterliche Wohnung sollten gerichtlich für unwirksam erklärt werden. Der Kläger beglich für seine Ehefrau die 2011 durch den Rechtsstreit angefallenen Kosten in Höhe von rund 5.145 Euro. Die Kosten machte er im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend. Das beklagte Finanzamt lehnte die Berücksichtigung ab. Das FG entschied hingegen zugunsten des Klägers. Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamtes war erfolgreich.

Der BFH ist in Abkehr von seiner neueren Rechtsprechung zu seiner früheren zurückgekehrt und führt aus, dass Zivilprozesskosten nur insoweit abziehbar seien, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig im Sinne des § 33 Absatz 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) erwüchsen.

Nach diesen Grundsätzen seien die vom Kläger getragenen Prozesskosten seiner Ehefrau nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen. Denn der Zivilprozess in Zusammenhang mit der Erbenstellung berühre keinen existenziell wichtigen Bereich und auch nicht den Kernbereich menschlichen Lebens. Mit der Durchsetzung ihrer Erbenstellung habe die Ehefrau des Klägers das Ziel verfolgt, ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Das Ziel der Mehrung des Vermögens durch eine Erbschaft sei nicht mit einem existenziell wichtigen Bereich, etwa dem drohenden Verlust einer schon vorhandenen Existenzgrundlage und deren Bewahrung, Absicherung oder Zurückerlangung im Rahmen eines Zivilprozesses gleichzustellen, betont der BFH.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.01.2016, VI R 20/14


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