In die Berechnung des Zinslaufs für Hinterziehungszinsen bei der Schenkungsteuer ist neben den Anzeige- und Erklärungsfristen die durchschnittliche Bearbeitungsdauer einzubeziehen. Dies geht aus zwei aktuellen Urteilen des Finanzgerichts (FG) Münster hervor.

Die Kläger der beiden Verfahren sind Eheleute, denen die Mutter der Klägerin eine in der Schweiz belegene Immobilie sowie Guthaben auf Schweizer Konten geschenkt hatte. Da die Kläger die Schenkungen zunächst nicht beim Finanzamt angezeigt hatten, erfolgte die Festsetzung der Schenkungsteuer erst aufgrund einer mehrere Jahre später erfolgten Selbstanzeige. Das Finanzamt setzte ferner Hinterziehungszinsen fest, die es zunächst ab dem Ablauf des sechsten Monats nach den Schenkungen berechnete.

Im Klageverfahren änderte das Finanzamt die Zinsbescheide nach Erörterung der Sach- und Rechtslage mit dem Gericht dahingehend, dass es von einem nunmehr erst nach elf Monaten beginnenden Zinslauf ausging. Hierbei berücksichtigte es die Anzeigefrist von drei Monaten und die sich aus dem Controlling-Bericht des Finanzamts ergebende durchschnittliche Bearbeitungszeit von acht Monaten. Den Beginn dieses Zinslaufs hielten die Kläger weiterhin für zu früh und wiesen darauf hin, dass das Finanzamt mehr als drei Jahre für die Bearbeitung ihrer Schenkungsteuererklärungen benötigt habe. Auf die durchschnittliche Bearbeitungszeit dürfe nicht abgestellt werden.

Das Gericht gab den Klagen insoweit statt, als der Zinslauf erst nach zwölf Monaten beginne. Hinterziehungszinsen seien ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Steuerverkürzung zu berechnen. Bei der Schenkungssteuer sei – anders als bei anderen Veranlagungssteuern – der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die Veranlagung dem Steuerpflichtigen bei rechtzeitiger Anzeige der Schenkung frühestens bekannt gegeben worden wäre. Hierbei sei neben der dreimonatigen Anzeigefrist auch zu berücksichtigen, dass das Finanzamt nach der Anzeige eine Schenkungsteuererklärung anfordere und hierfür eine Frist von einem weiteren Monat setze. Erst danach könne mit den Veranlagungsarbeiten begonnen werden. Die Dauer der Veranlagungsarbeiten sei mit der vom Finanzamt ermittelten durchschnittlichen Bearbeitungszeit für Schenkungsteuererklärungen von acht Monaten anzusetzen.

Das FG Münster folgte nicht der Auffassung des Bundesgerichtshofs, der für Strafverfahren unter Hinweis auf die Möglichkeit einer Aufforderung zur Selbstberechnung der Steuer lediglich von einer Bearbeitungszeit von einem Monat ausgeht. Von dieser Möglichkeit machten die Finanzämter, für die das FG Münster zuständig sei, üblicherweise keinen Gebrauch. Die längere Bearbeitungsdauer im Streitfall sei allerdings ebenfalls für die Berechnung des Zinslaufs ohne Bedeutung. Das FG hat die Revision zugelassen.

Finanzgericht Münster, Urteile vom 24.11.2016, 3 K 1627/15 Erb und 3 K 1628/15 Erb


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