Bei einer Geldschenkung des leiblichen (biologischen) Vaters an seine leibliche Tochter greift bei der Schenkungsteuer die günstige Steuerklasse I mit dem persönlichen Freibetrag von 400.000 Euro auch dann ein, wenn der biologische Vater nicht gleichzeitig der rechtliche Vater ist. Das hat das Hessische Finanzgericht (FG) entschieden. Das letzte Wort wird allerdings der Bundesfinanzhof haben. Denn gegen das Urteil des FG ist Revision eingelegt worden (II R 5/17).

Im Streitfall hatte der biologische Vater seiner 1987 geborenen Tochter im Jahr 2016 einen Geldbetrag zugewandt. Die Tochter war innerhalb der Ehe ihrer leiblichen Mutter und deren Ehemannes, bei dem es sich nicht um den biologischen, sondern um den rechtlichen Vater handelt, geboren worden. Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer unter Berücksichtigung der ungünstigen Steuerklasse III fest. Die gewünschte Anwendung der Steuerklasse I sei nicht möglich, da eine rechtliche Vaterschaft zum Ehemann der leiblichen Mutter bestehe, die zivilrechtlich die rechtliche Anerkennung der Vaterschaft des biologischen Vaters ausschließe.

Das FG Hessen gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Es handele sich um die Zuwendung an ein Kind im Sinne des § 15 Absatz 1 Steuerklasse I Nr. 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Die vom Finanzamt vorgenommene, einschränkende Auslegung des Begriffs "Kind" auf Abkömmlinge eines Vaters im Sinne des § 1592 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei weder nach Sinn und Zweck der Regelung noch vom Wortlaut her zwingend. Sie trage auch den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie der aktuellen familienrechtlichen Entwicklung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht hinreichend Rechnung.
Auch habe der Gesetzgeber im Jahr 2013 für den Bereich des Familienrechts durch Einfügung des § 1686a BGB den "leiblichen, nicht rechtlichen Vater" als eine Ausprägung der Vaterschaft anerkannt und ihm als biologischen Vater eigene Rechte zugesprochen. Auch unter Berücksichtigung der dieser Gesetzesänderung vorangegangen Rechtsprechungsentwicklung sei es sachgerecht, die zivilrechtliche Entwicklung auf den Bereich des Schenkungsteuerrechts zu übertragen.

Dass Pflegekinder nicht in die Steuerklasse I fallen, sei vorliegend nicht entscheidend, meint das FG. Die Ablehnung einer Gleichstellung von Pflegekindern mit Kindern im Sinne des § 15 Absatz 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG werde nämlich im Wesentlichen damit begründet, dass das Verhältnis eines Pflegekindes weder durch eine (natürliche) verwandtschaftliche Beziehung noch durch einen – der Abstammung gleichgesetzten – formellen Rechtsakt begründet sei. Demgegenüber sei im Streitfall die Berücksichtigung der beschenkten Tochter als Kind gerade wegen ihrer natürlichen verwandtschaftlichen Beziehungen zum Kläger geboten.

Finanzgericht Hessen, Urteil vom 15.12.2016, 1 K 1507/16, nicht rechtskräftig
 


Das könnte Sie interessieren: