Die Ortsbestimmung als Versendungslieferung nach § 3 Absatz 6 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) setzt voraus, dass der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststeht. Unter dieser Bedingung kann eine Versendungslieferung auch dann vorliegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungslager gelagert wird. Dies stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.

§ 3 Absatz 6 Satz 1 UStG setze eine Versendung an den Abnehmer voraus. Dieser müsse im Zeitpunkt der Versendung nach Maßgabe des der Lieferung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses, aus dem sich die Person des Abnehmers ergibt, feststehen, so der BFH. § 3 Absatz 6 Satz 1 UStG erfordere in Übereinstimmung mit den unionsrechtlichen Vorgaben, dass "der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet wird". Wie sich aus der Rechtsfolgenanordnung der Vorschrift ergebe, müsse "die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer" erfolgen, der somit bereits beim Beginn der Versendung feststehen müsse.

Komme es für § 3 Absatz 6 Satz 1 UStG auf die Versendung an einen bei ihrem Beginn bereits feststehenden Abnehmer an, setze die Vorschrift auch voraus, dass die Versendung zu einem Gelangen des Liefergegenstandes an den Abnehmer führt. Die Versendung dürfe daher nicht abgebrochen werden. Dazu reiche eine nur kurzzeitige Lagerung nach dem Beginn der Versendung nicht aus, betont der BFH.

Nach der Rechtsprechung des BFH gelte eine Lieferung auch dann gemäß § 3 Absatz 6 Satz 1 UStG als bei Beginn der Versendung ausgeführt, wenn die Ware von dem mit der Versendung Beauftragten zunächst in ein inländisches Lager gebracht und erst nach Eingang der Zahlung durch eine Freigabeerklärung des Lieferanten an den Erwerber herausgegeben wird. Der BFH habe dies insbesondere damit begründet, dass § 3 Absatz 6 Satz 1 UStG auch anzuwenden sei, wenn es dem Lieferer nach Beginn der Beförderung oder Versendung noch möglich ist, über den Gegenstand der Lieferung neu zu disponieren und den Gegenstand wie im Fall einer so genannten Umkartierung an einen anderen Abnehmer zu liefern. Damit komme es für die Anwendung dieser Vorschrift nicht darauf an, dass die Verfügungsmacht bereits mit dem Beginn der Versendung auf den Abnehmer übergeht, zumal sich der Lieferort dann nach § 3 Absatz 7 Satz 1 UStG bestimmt und die gesonderte Regelung zur Versendungslieferung gemäß § 3 Absatz 6 Satz 1 UStG überflüssig wäre.

Dementsprechend ist die Einlagerung in ein Auslieferungslager nach dem Beginn der Versendung an den Abnehmer laut BFH für die Anwendung von § 3 Absatz 6 Satz 1 UStG ohne Bedeutung. Der Umstand, dass die für einen von vornherein feststehenden Abnehmer bestimmten Waren noch für einen kurzen Zeitraum in einem auf Initiative des Abnehmers eingerichteten Lager zwischengelagert werden, stehe, zumindest unter Berücksichtigung eines dem Abnehmer vertraglich eingeräumten uneingeschränkten Zugriffsrechts, der Annahme einer Versendung an den Abnehmer nicht entgegen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 20.10.2016, V R 31/15


Das könnte Sie interessieren: