Negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, das eigentlich dem gesonderten Tarif des § 32d Absatz 1 Einkommensteuergesetz (EStG – "Abgeltungsteuer") unterliegt, können mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen, das nach dem progressiven Regeltarif zu besteuern ist, verrechnet werden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. Hierzu erforderlich sei allerdings, dass der Steuerpflichtige die so genannte Günstigerprüfung beantragt.

Nach Einführung der Abgeltungsteuer fallen Kapitaleinkünfte grundsätzlich unter den gesonderten Steuertarif in Höhe von 25 Prozent (§ 32d Absatz 1 EStG). Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden (§ 20 Absatz 6 EStG). Nach dem BFH-Urteil steht diese Vorschrift aber einer Verrechnung negativer Kapitaleinkünfte, die unter die Abgeltungsteuer fallen, mit solchen positiven Kapitaleinkünften, die gemäß § 32d Absatz 2 EStG dem Regeltarif des § 32a EStG unterliegen, nicht entgegen.

Voraussetzung sei jedoch, dass der Steuerpflichtige einen Antrag auf Günstigerprüfung (§ 32d Absatz 6 EStG) stellt. Dieser habe zur Folge, dass die der Abgeltungsteuer unterliegenden negativen Kapitaleinkünfte der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, sodass eine Verlustverrechnung möglich wird. Der Abzug des Sparer-Pauschbetrags (§ 20 Absatz 9 EStG: 801 Euro) sei in diesem Fall jedoch ausgeschlossen. Denn bei regelbesteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen könnten nur die tatsächlich angefallenen und nicht fiktive Werbungskosten in Höhe des Pauschbetrags abgezogen werden, so der BFH unter Verweis auf § 32d Absatz 2 Nr. 1 Satz 2 EStG.

Im Streitfall hatte der Kläger unter anderem Zinsen aus einem privaten Darlehen erzielt. Dieses ordnete das Finanzamt als "Darlehen zwischen nahestehenden Personen" ein, sodass die Zinsen nach dem progressiven Regeltarif zu besteuern waren (§ 32d Absatz 2 Nr. 1a EStG). Daneben erzielte der Kläger negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Steuertarif gemäß § 32d Absatz 1 EStG unterlagen. Er beantragte im Wege der Günstigerprüfung die Verrechnung dieser Kapitaleinkünfte. Finanzamt und Finanzgericht (FG) lehnten diese Verrechnung ab.

Der BFH gab dem Kläger insoweit Recht, als er eine Saldierung der Kapitaleinkünfte aufgrund des Antrags auf Günstigerprüfung für zulässig erachtete. Den vom Kläger geltend gemachten Abzug des Sparer-Pauschbetrags von den regelbesteuerten positiven Einkünften aus Kapitalvermögen lehnte er jedoch ab. Da auf der Grundlage der Feststellungen des FG fraglich war, ob die abgeltend zu besteuernden negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen und die positiven regelbesteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen dem Grunde und der Höhe zutreffend ermittelt wurden, hat der BFH den Streitfall an das FG zurückverwiesen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.11.2016, VIII R 11/14


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