Die Einräumung des Nutzungsrechts an einer Baumgrabstätte in einem Ruhehain ist eine steuerfreie Vermietung eines Grundstücks im Sinne des § 4 Nr. 12 Buchstabe a Umsatzsteuergesetz (UStG). Zugleich hat das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein entschieden, dass es sich bei der Einräumung von Angelberechtigungen nicht um die Lieferung von Fischen, sondern um sonstige Leistungen handelt, die nicht der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 UStG unterliegen.

Der Kläger betreibt einen Angelsee, für den er Anglern gegen Entgelt Angelberechtigungen in Form von Tageskarten einräumt. Die Angler dürfen nach Erwerb einer Angelberechtigung am jeweiligen Tag bis zu 20 Fische fangen, die zuvor vom Kläger in den Angelsee eingesetzt und gemästet werden.
Die R-GmbH, deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der Kläger ist, mietete vom Kläger als Eigentümer eines Waldgebiets ein Nutzungsrecht an den Bäumen, die durch die R-GmbH an Interessenten in Form von Urnenplätzen in dem auf dem Waldgebiet eingerichteten Ruhehain weitervermietet werden sollten. Die Verwaltung des Ruhehains oblag nach der Satzung der Gemeinde als Betreiberin des Ruhehains. Mit Vertrag zwischen dem Kläger und der Gemeinde wurde vereinbart, dass der Kläger der R-GmbH das Waldgebiet zur Errichtung des Ruhehains zur Verfügung stellt. Mit Vertrag zwischen der R-GmbH und der Gemeinde wurde vereinbart, dass die R-GmbH für die Betreuung der Kunden verantwortlich ist. Zu den Rechten und Pflichten der R-GmbH gehörten unter anderem die Festlegung der Nutzungsentgelte, der Verkauf der Nutzungsrechte und der Abschluss der Nutzungsverträge. Der Nutzungsberechtigte erhielt bei Erwerb eines Nutzungsrechts für einen Ruhehainbaum eine Rechnung der R-GmbH und eine von der R-GmbH ausgestellte Baumurkunde.

Das Finanzamt behandelte die Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten als steuerpflichtige Leistung der R-GmbH und rechnete diese Umsätze dem Kläger auf der Grundlage einer umsatzsteuerlichen Organschaft zur R-GmbH zu. Für die Umsätze aus der Einräumung von Angelberechtigungen lehnte es die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung ab und besteuerte diese mit dem Regelsteuersatz. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage.

Das FG gab der Klage statt, soweit sie die Umsätze aus der Einräumung von Nutzungsrechten an Baumgrabstätten betraf. Diese Umsätze seien zwar dem Kläger als steuerbare Umsätze im Rahmen der zur R-GmbH bestehenden umsatzsteuerlichen Organschaft zuzurechnen, da die R-GmbH aufgrund der mit den Nutzungsberechtigten in eigenem Namen abgeschlossenen Verträge als Leistende anzusehen sei. Die Umsätze aus der Einräumung der Nutzungsrechte an Baumgrabstätten fielen jedoch unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG. Die Einräumung des Nutzungsrechts an einer Baumgrabstätte sei als Grundstücksvermietung anzusehen, da der prägende Charakter des Nutzungsrechts nach dem objektiven Inhalt der Nutzungsvereinbarungen darin bestehe, dass die Nutzungsberechtigten hierdurch das entgeltliche Recht erhalten, eine konkret vermessene Baumgrabstätte für eine vertraglich festgelegte Zeit unter Ausschluss anderer Nutzer in Besitz zu nehmen und damit wie ein Eigentümer zu verfahren. Eine Vermietung sei auch dann anzunehmen, wenn das Nutzungsrecht lediglich die Urnenbeisetzung oder das Freihalten der Grabstätte ermögliche, da es sich hierbei um einen vertraglich konkretisierten Ausschnitt von Eigentümerbefugnissen handelt.

Im Hinblick auf die Umsätze aus der Einräumung von Angelberechtigungen wies das FG die Klage ab, da diese Umsätze nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterlägen. Die Einräumung von Angelberechtigungen gehöre bei richtlinienkonformer Auslegung nicht zu den übrigen landwirtschaftlichen Umsätzen im Sinne des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 UStG, da sie weder zu einer Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse im Sinne des Artikels 295 Absatz 1 Nr. 4 Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) führe, noch eine landwirtschaftliche Dienstleistung im Sinne des Artikels 295 Absatz 1 Nr. 5 MwStSystRL darstelle. Für die Angler habe beim Erwerb der Angelberechtigung das Angelvergnügen im Vordergrund gestanden, das ihnen im Rahmen einer sonstigen Leistung verschafft worden sei und das in keinem direkten Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Erzeugung stehe.

Gegen das Urteil ist Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt worden, das Verfahren wird dort unter dem Aktenzeichen IV R 4/17 geführt.

Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 21.11.2016, 4 K 58/15, nicht rechtskräftig


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