Ein im Ausland studierendes Kind behält seinen inländischen Wohnsitz nicht dadurch bei, dass es mit seinen Eltern einen Erholungsurlaub im Ausland verbringt. Dies sellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.

Das Finanzgericht (FG) hatte eine auf Gewährung von Kindergeld in voller Höhe für den Zeitraum April 2012 bis April 2014 gerichtete Klage unter Verweis auf § 63 Einkommensteuergesetz (EStG) abgewiesen, weil die Tochter des Klägers, die im Juni 2012 in der Türkei ihr Abitur bestanden hatte und seit September 2012 in der Türkei studierte, im Inland keinen Wohnsitz gehabt habe. Die Tochter habe sich 2010 für ein Studium in der Türkei und damit für einen fünf- bis sechsjährigen Auslandsaufenthalt entschieden. Sie habe von 210 schulfreien Tagen nur 72 Tage im Inland verbracht und sei während der Schulzeit in die Familie ihrer türkischen Verwandten integriert gewesen. Durch gemeinsame Urlaube mit ihren in Deutschland lebenden Familienangehörigen in der Türkei habe sie keinen Inlandswohnsitz begründet. Die Revision ließ das FG nicht zu. Hiergegen erhob der Kläger Beschwerde.
    
Er machte geltend, das FG-Urteil widerspreche der BFH-Rechtsprechung und die Rechtssache sei zudem grundsätzlich bedeutsam. Von den 210 schulfreien Tagen im Zeitraum von September 2010 bis September 2012 habe sich seine Tochter nicht nur 72 Tage in Deutschland aufgehalten, sondern zusammen mit ihrem Vater sowie ihrer Mutter und Schwester 70 Tage zu Urlaubszwecken in der Türkei verbracht. Diese in familiärer Lebensgemeinschaft verbrachten Urlaubstage seien im Hinblick auf die Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes ebenfalls zu berücksichtigen, weil der Wohnsitz durch eine kurzfristige Abwesenheit zu Erholungszwecken nicht aufgegeben werde. Die Tochter habe somit an 142 von 210 schulfreien Tagen einen Inlandswohnsitz innegehabt.

Der BFH wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Die Revision sei nicht wegen Divergenz zuzulassen. Die gerügte Abweichung von der BFH-Rechtsprechung liege nicht vor. Der BFH-Rechtsprechung sei nicht zu entnehmen, dass ein im Ausland studierendes Kind seinen inländischen Wohnsitz dadurch beibehält, dass es mit seinen Eltern einen Erholungsurlaub im Ausland verbringt. Es komme gerade nicht auf die persönliche Beziehung zu den Eltern, sondern auf die Beziehung zur elterlichen Wohnung an.

Die Beantwortung der Frage, ob ein Kind, das sich zu Ausbildungszwecken im Ausland aufhält, seinen inländischen Wohnsitz bei den Eltern beibehält, liege weitgehend auf tatsächlichem Gebiet unter Berücksichtigung der objektiven Umstände des jeweiligen Falles, sodass sich generelle Regeln nicht ohne Weiteres aufstellen ließen, so der BFH weiter. Die Umstände müssten aber nach der Lebenserfahrung den Schluss zulassen, dass das Kind die Wohnung innehat, um sie als solche zu nutzen. Anhaltspunkte dafür seien neben der voraussichtlichen Dauer der auswärtigen Unterbringung, der Art der Unterbringung am Ausbildungsort auf der einen und im Elternhaus auf der anderen Seite, dem Zweck des Auslandsaufenthalts und den persönlichen Beziehungen des Kindes am Wohnort der Eltern einerseits und am Ausbildungsort andererseits vornehmlich Dauer und Häufigkeit der Inlandsaufenthalte. Die Innehabung und Beibehaltung einer inländischen Wohnung lasse sich danach nicht daraus herleiten, dass ein Kind, dass im Herkunftsland seiner Familie ausgebildet wird, dort mit seinen Eltern Urlaube verbringt; Aufenthalte der Eltern mit den Kindern außerhalb Deutschlands hätten regelmäßig keine ausschlaggebende Bedeutung für die Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes.
    
Grundsätzliche Bedeutung komme einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem müsse die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein. Daran fehlt es laut BFH vorliegend. Denn die Grundsätze, nach denen zu beurteilen ist, ob ein Kind, das sich zu einer mehrjährigen Ausbildung im Ausland aufhält, seinen Wohnsitz in der inländischen elterlichen Wohnung beibehält, seien durch die Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt. Maßgeblich seien jeweils die Umstände des Einzelfalls und insbesondere die Dauer der zwischenzeitlichen Inlandsaufenthalte.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.05.2017, III B 92/16


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