Einem deutschen Staatsangehörigen steht kein Kindergeld für seine in der Türkei lebenden Kinder zu. Dies stellt das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein klar.

Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Für seine drei minderjährigen Kinder erhielt er zunächst Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG). Die Familienkasse hob die Festsetzung dann allerdings wegen Aufenthalts der Kinder in der Türkei wieder auf, weil weder ein Wohnsitz noch ein gewöhnlicher Aufenthalt in einem der in § 63 EStG benannten Staaten vorliege. Der Kläger begehrt weiterhin Kindergeld für die Kinder.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Es befand dabei über Ansprüche des Klägers, soweit sie im Zusammenhang mit einem zwischenstaatlichen Abkommen beziehungsweise Assoziationsabkommen mit der Türkei beziehungsweise nach Assoziationsratsbeschlüssen EWG/Türkei als Ausnahmeregelungen zu den Anforderungen an den Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder gemäß § 63 EStG in Betracht kommen.

Dem Kläger stehe kein Anspruch aus dem Abkommen zwischen Deutschland und der Türkei über soziale Sicherheit vom 30.04.1964 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 28.05.1969 und des Zwischenabkommens vom 25.10.1974 und des Zusatzabkommens vom 02.11.1984 zu. Ansprüche aus diesem Abkommen schieden schon deshalb aus, weil der Kläger deutscher Staatsangehöriger sei und deutsche Staatsangehörige nicht von dessen Anwendungsbereich umfasst seien.

Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus Artikel 3 Absatz 1 des Assoziationsratsbeschlusses 3/80 (ARB 3/80). Diese Bestimmung gewähre in ihrem Anwendungsbereich den in einem Mitgliedsstaat wohnenden türkischen Staatsangehörigen einen individuellen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen dieses Staates. Der Kläger falle als deutscher Staatsangehöriger jedoch bereits nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des ARB 3/80.

Auch einen Anspruch aus Artikel 37 Zusatzprotokoll und Artikel 10 Absatz 1 des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 auf Kindergeld in Höhe der Beträge des § 66 Absatz 1 EStG verneint das FG. Denn auch diese Regelungen begünstigten nur türkische Arbeitnehmer.

Auch aus Artikel 9 des Assoziierungsabkommens EWG/Türkei lasse sich der vom Kläger geltend gemachte Kindergeldanspruch nicht herleiten. Nach dieser Bestimmung erkennen die Vertragsparteien an, dass für den Anwendungsbereich des Abkommens unbeschadet der besonderen Bestimmungen, die möglicherweise aufgrund von Artikel 8 Assoziierungsabkommen EWG/Türkei noch erlassen werden, dem in Artikel 7 des Vertrags zur Gründung der Gemeinschaft verankerten Grundsatz entsprechend jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten ist. Laut FG kann dahinstehen, ob diese Bestimmung unmittelbar gilt und sich der Kläger damit unmittelbar auf sie berufen kann. Denn er sei im Streitzeitraum deutscher Staatsangehöriger und damit im Hinblick auf den streitigen Kindergeldanspruch ebenso wie alle anderen deutschen Staatsangehörige zu behandeln gewesen. Es würde aber auch jedem anderen deutschen Staatsangehörigen, dessen Kinder nicht in einem der in § 63 EStG benannten Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, kein Kindergeld zugesprochen. Eine Diskriminierung sei daher nicht ersichtlich.

Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 02.06.2017, 4 K 1/17


Das könnte Sie interessieren: