Wer die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren beziehen will, kann lange zurückliegende Beitragslücken nicht nachträglich durch Zahlung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung schließen. Wie das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg entschieden hat, gilt dies auch dann, wenn es um vergleichsweise kleine Lücken geht.

Der 1952 geborene Kläger hat im Laufe seines Arbeitslebens insgesamt 44 Jahre mit Pflichtbeitragszeiten erreicht. Während einer einjährigen Beitragslücke von November 2006 bis Oktober 2007 war er arbeitslos. Arbeitslosengeld bezog er in dieser Zeit nicht, da er eine größere Abfindung vom letzten Arbeitgeber erhalten hatte. Bereits seit längerer Zeit hatte er geplant, nach einer dreijährigen Altersteilzeitarbeit ab 01.09.2015 mit 63 und mit Abschlägen in Rente zu gehen.

Seit 01.07.2014 können Versicherte mit dem Geburtsjahr des Klägers mit 45 Beitragsjahren die Altersrente für besonders langjährige Versicherte ab dem Alter von 63 Jahren abschlagsfrei in Anspruch nehmen (so genannte Rente mit 63), was beim Kläger monatlich eine rund 200 Euro höhere Rente ausgemacht hätte. Im April 2015 hat der Kläger bei der Rentenversicherung die Rente mit 63 ab dem 01.09.2015 und die Nachzahlung freiwilliger Beiträge für die Zeit von November 2006 bis Oktober 2007 in Höhe von 4.800 Euro beantragt, um die einjährige Beitragslücke zu schließen.

Die Rentenversicherung lehnte die Nachzahlung freiwilliger Beiträge wegen Versäumung der Zahlungsfrist ab. Ein Härtefall könne nicht anerkannt werden. Altersrente ab dem 01.09.2015 könne es nur mit Abschlägen geben.

Vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) obsiegte der Kläger. Das SG verpflichtete die Rentenversicherung, die Nachzahlung freiwilliger Beiträge zuzulassen, da eine besondere Härte vorliege. Die Beitragslücke führe dazu, dass der Kläger nicht die Rente mit 63 beanspruchen könne. Der Kläger habe damals davon habe ausgehen können, dass im Hinblick auf die Beitragslücke kein Handlungsbedarf bestehe.

Das LSG hat dies anders bewertet, das Urteil des SG aufgehoben und der Rentenversicherung Recht gegeben. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, nach so langer Zeit noch freiwillige Beiträge nachzuzahlen, um die Lücke zu schließen. Denn Beiträge für die Monate November und Dezember 2006 hätte er spätestens bis 31.03.2007 und für die Monate Januar bis Oktober 2007 spätestens bis 31.03.2008 entrichten müssen. Nach Fristablauf könnten Beiträge nur in besonderen Härtefällen nachentrichtet werden. Einen solchen Fall besonderer Härte hat das LSG verneint.

Die gesetzliche Härtefallregelung sei nicht dazu da, sämtliche Nachteile auszugleichen, die mit der Versäumung der genannten Fristen einhergehen, sondern greife nur in bestimmten Konstellationen, die im konkreten Fall nicht gegeben seien, insbesondere bei Verlust einer Rentenanwartschaft. Auf die Rente mit 63 habe der Kläger bei nur 44 Beitragsjahren aber zu keinem Zeitpunkt eine Anwartschaft gehabt. Seinen ursprünglichen Plan, nach Vollendung des 63. Lebensjahres ab 01.09.2015 die Altersrente mit Abschlägen in Anspruch zu nehmen, habe er umsetzen können.

Auch die Tatsache, dass die jetzige Altersrente mit Abschlägen monatlich rund 200 Euro niedriger ist als die abschlagsfreie Rente mit 63, sich also die nachträgliche Beitragszahlung von 4.800 Euro bereits nach zwei Jahren amortisiert hätte, ergibt nach Ansicht des LSG keine Härte. Um Abschläge zu vermeiden, hätte der Kläger zum Beispiel zwölf Monate länger arbeiten können und mit 64 Jahren in die dann immer noch vorgezogene abschlagsfreie Rente gehen können. Er hätte auch bereits 2007 freiwillige Beiträge entrichten können, um die Lücke zu schließen. Dies habe er nach eigenen Angaben bewusst nicht getan, weil er damals davon ausgegangen sei, dass mit dieser Beitragslücke für ihn keine Nachteile verbunden sind. Mit der Nachzahlung von Beiträgen könne man aber nicht warten, bis irgendwann in der Zukunft Änderungen eintreten und die Nachzahlung auf die Zeit verschieben, in der die Nachteile einer Betragslücke sichtbar werden oder schon eingetreten sind, betont das LSG abschließend.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 14.12.2017, L 10 R 2182/16


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