Neuntes Kapitel – Medizinischer Dienst der Krankenversicherung → Erster Abschnitt – Aufgaben

(1) Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet,

  1. 1.

    bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung,

  2. 2.

    zur Einleitung von Leistungen zur Teilhabe, insbesondere zur Koordinierung der Leistungen und Zusammenarbeit der Rehabilitationsträger nach den §§ 10 bis 12 des Neunten Buches, im Benehmen mit dem behandelnden Arzt,

  3. 3.

    bei Arbeitsunfähigkeit

    1. a)

      zur Sicherung des Behandlungserfolgs, insbesondere zur Einleitung von Maßnahmen der Leistungsträger für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, oder

    2. b)

      zur Beseitigung von Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit,

eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst) einzuholen.

Absatz 1 Nummer 1 neugefasst durch G vom 23. 4. 2002 (BGBl I S. 1412). Nummer 2 neugefasst durch G vom 19. 6. 2001 (BGBl I S. 1046). Nummer 3 Buchstabe b neugefasst durch G vom 26. 5. 1994 (BGBl I S. 1014).

(1a) 1Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 Buchstabe b sind insbesondere in Fällen anzunehmen, in denen

  1. a)

    Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder

  2. b)

    die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.

2Die Prüfung hat unverzüglich nach Vorlage der ärztlichen Feststellung über die Arbeitsunfähigkeit zu erfolgen. 3Der Arbeitgeber kann verlangen, dass die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit einholt. 4Die Krankenkasse kann von einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes absehen, wenn sich die medizinischen Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus den der Krankenkasse vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergeben.

Absatz 1a eingefügt durch G vom 26. 5. 1994 (BGBl I S. 1014).

(1b) 1Der Medizinische Dienst überprüft bei Vertragsärzten, die nach § 106a Absatz 1 geprüft werden, stichprobenartig und zeitnah Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit. 2Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner vereinbaren das Nähere.

Absatz 1b eingefügt durch G vom 26. 5. 1994 (BGBl I S. 1014). Satz 1 geändert durch G vom 16. 7. 2015 (BGBl I S. 1211) (1. 1. 2017). Satz 2 geändert durch G vom 22. 12. 1999 (BGBl I S. 2626) und 16. 7. 2015 (a. a. O.) (1. 1. 2017).

(1c) 1Bei Krankenhausbehandlung nach § 39 ist eine Prüfung nach Absatz 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. 2Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen. 3Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 300 Euro zu entrichten. 4Als Prüfung nach Satz 1 ist jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen, mit der die Krankenkasse den Medizinischen Dienst beauftragt und die eine Datenerhebung durch den Medizinischen Dienst beim Krankenhaus erfordert.

Absatz 1c eingefügt durch G vom 26. 3. 2007 (BGBl I S. 378). Satz 3 geändert durch G vom 17. 3. 2009 (BGBl I S. 534). Satz 4 angefügt durch G vom 10. 12. 2015 (BGBl I S. 2229).

(2) Die Krankenkassen haben durch den Medizinischen Dienst prüfen zu lassen

  1. 1.

    die Notwendigkeit der Leistungen nach den §§ 23, 24, 40 und 41 unter Zugrundelegung eines ärztlichen Behandlungsplans in Stichproben vor Bewilligung und regelmäßig bei beantragter Verlängerung; der Spitzenverband Bund der Krankenkassen regelt in Richtlinien den Umfang und die Auswahl der Stichprobe und kann Ausnahmen zulassen, wenn Prüfungen nach Indikation und Personenkreis nicht notwendig erscheinen; dies gilt insbesondere für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung (Anschlussheilbehandlung (1)),

  2. 2.

    (weggefallen)

  3. 3.

    bei Kostenübernahme einer Behandlung im Ausland, ob die Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist (§ 18),

  4. 4.

    ob und für welchen Zeitraum häusliche Krankenpflege länger als vier Wochen erforderlich ist (§ 37 Abs. 1),

  5. 5.

    ob Versorgung mit Zahnersatz aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist (§ 27 Abs. 2).

Absatz 2 Nummer 1 geändert durch G vom 19. 6. 2001 (BGBl I S. 1046) und 26. 3. 2007 (BGBl I S. 378). Nummer 3 geändert durch G vom 20. 12. 1991 (BGBl I S. 2325). Nummer 5 angefügt durch G vom 21. 12. 1992 (BGBl I S. 2266).

(3) Die Krankenkassen können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen

  1. 1.

    vor Bewilligung eines Hilfsmittels, ob das Hilfsmittel erforderlich ist (§ 33); der Medizinische Dienst hat hierbei den Versicherten zu beraten; er hat mit den Orthopädischen Versorgungsstellen zusammenzuarbeiten,

  2. 2.

    bei Dialysebehandlung, welche Form der ambulanten Dialysebehandlung unter Berücksichtigung des Einzelfalls notwendig und wirtschaftlich ist,

  3. 3.

    die Evaluation durchgeführter Hilfsmittelversorgungen,

  4. 4.

    ob Versicherten bei der Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen aus Behandlungsfehlern ein Schaden entstanden ist (§ 66).

Absatz 3 Nummer 1 gestrichen durch G vom 14. 11. 2003 (BGBl I S. 2190); bisherige Nummern 2 und 3 wurden Nummern 1 und 2. Nummer 3 und 4 angefügt durch G vom 26. 3. 2007 (BGBl I S. 378).

(3a) Ergeben sich bei der Auswertung der Unterlagen über die Zuordnung von Patienten zu den Behandlungsbereichen nach § 4 der Psychiatrie-Personalverordnung in vergleichbaren Gruppen Abweichungen, so können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen die Zuordnungen durch den Medizinischen Dienst überprüfen lassen; das zu übermittelnde Ergebnis der Überprüfung darf keine Sozialdaten enthalten.

Absatz 3a eingefügt durch G vom 21. 12. 1992 (BGBl I S. 2266), geändert durch G vom 13. 6. 1994 (BGBl I S. 1229) und 23. 6. 1997 (BGBl I S. 1520).

(4) 1Die Krankenkassen und ihre Verbände sollen bei der Erfüllung anderer als der in Absatz 1 bis 3 genannten Aufgaben im notwendigen Umfang den Medizinischen Dienst oder andere Gutachterdienste zu Rate ziehen, insbesondere für allgemeine medizinische Fragen der gesundheitlichen Versorgung und Beratung der Versicherten, für Fragen der Qualitätssicherung, für Vertragsverhandlungen mit den Leistungserbringern und für Beratungen der gemeinsamen Ausschüsse von Ärzten und Krankenkassen, insbesondere der Prüfungsausschüsse. 2Der Medizinische Dienst führt die Aufgaben nach § 116b Absatz 2 durch, wenn der erweiterte Landesausschuss ihn hiermit nach § 116b Absatz 3 Satz 8 ganz oder teilweise beauftragt.

Absatz 4 geändert durch G vom 26. 3. 2007 (BGBl I S. 378). Satz 2 angefügt durch G vom 22. 12. 2011 (BGBl I S. 2983).

(4a) 1Soweit die Erfüllung der sonstigen dem Medizinischen Dienst obliegenden Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, kann er Beamte nach den §§ 44 bis 49 des Bundesbeamtengesetzes ärztlich untersuchen und ärztliche Gutachten fertigen. 2Die hierdurch entstehenden Kosten sind von der Behörde, die den Auftrag erteilt hat, zu erstatten. 3§ 281 Absatz 1a Satz 2 gilt entsprechend. 4Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen und das Bundesministerium des Innern vereinbaren unter Beteiligung der Medizinischen Dienste, die ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Durchführung von Untersuchungen und zur Fertigung von Gutachten nach Satz 1 erklärt haben, das Nähere über das Verfahren und die Höhe der Kostenerstattung. 5Die Medizinischen Dienste legen die Vereinbarung ihrer Aufsichtsbehörde vor, die der Vereinbarung innerhalb von drei Monaten nach Vorlage widersprechen kann, wenn die Erfüllung der sonstigen Aufgaben des Medizinischen Dienstes gefährdet wäre.

Absatz 4a eingefügt durch G vom 16. 7. 2015 (BGBl I S. 1211).

(5) 1Die Ärzte des Medizinischen Dienstes sind bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen. 2Sie sind nicht berechtigt, in die ärztliche Behandlung einzugreifen.

Zu § 275: Vgl. RdSchr. 01 g Zu § 275 SGB V.

(1) Red. Anm.:

Müsste lauten: Anschlussrehabilitation