Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag Wolters Kluwer Deutschland GmbH

Wann liegen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit vor?

Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit

Wesentlich für eine freiberufliche Tätigkeit, die im Gegensatz zur gewerblichen Tätigkeit nicht gewerbesteuerpflichtig ist, sind nach herkömmlicher Ansicht vor allem fachliche Kompetenz durch eine Berufsausbildung (z.B. abgeschlossenes Studium). In § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist eine Reihe konkreter Berufe aufgezählt, die als freiberufliche Tätigkeit definiert sind. Diese sog. Katalogberufe lassen sich in folgende Gruppen einteilen:

  • Heilberufe: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten.

  • Rechts- und wirtschaftsberatende Berufe: Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer, Steuerbevollmächtigte.

  • Technisch-wissenschaftliche Berufe: Ingenieure, Architekten (Ausnahme siehe weiter unten), Handelschemiker, Lotsen.

  • Medien- und Sprachberufe: Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer.

Zu den freiberuflichen Tätigkeiten gehören neben den o. a. Katalogberufen auch ähnliche Berufe (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Ein ähnlicher Beruf liegt vor, wenn

  • der Beruf einem bestimmten Katalogberuf in allen wesentlichen Punkten entspricht,

  • der den Beruf ausübende Steuerpflichtige einen dem Katalogberuf vergleichbaren Ausbildungsstand nachweist und

  • bei einer gesetzlich vorgeschriebenen Erlaubnis für den Katalogberuf für den ähnlichen Beruf eine vergleichbare berufsrechtliche Regelung besteht.

Wenn Sie sich als Freiberufler der Mithilfe fachlich ausgebildeter Arbeitskräfte bedienen, müssen Sie aufpassen: Ihre Freiberuflichkeit bleibt nur dann erhalten, wenn Sie aufgrund eigener Fachkenntnisse weiterhin leitend und eigenverantwortlich tätig werden (§ 18 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Ihre Arbeitsleistung muss immer noch den Stempel Ihrer Persönlichkeit tragen. Das ist beispielsweise bei selbstständigen Ärzten der Fall, wenn sie zwar ärztliche Leistungen von angestellten Ärzten erbringen lassen, aber aufgrund ihrer Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrollen maßgeblich auf die Tätigkeit ihres angestellten Fachpersonals patientenbezogen Einfluss nehmen (BFH-Urteil vom 16.7.2014, VIII R 41/12, BStBl. 2015 II S. 216). Entscheidend für die Beurteilung ist also die Arbeitsorganisation in der Praxis. Nur gelegentliche Stichproben genügen nicht (BFH-Urteil vom 20.12.2000, XI R 8/00, BStBl. 2002 II S. 478).

Eigenverantwortliches Handeln liegt nicht mehr vor, wenn die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte Ihre eigene Arbeit in Teilbereichen ersetzt und nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Urteil vom 14.3.2007, XI R 59/05, BFH/NV 2007 S. 1319). Das Problem stellt sich vor allem für Laborärzte angesichts der zahlreichen Untersuchungsaufträge, die ein Labor nur mithilfe zusätzlicher vorgebildeter Arbeitskräfte bewältigen kann. Hier muss jeder Einzelfall geprüft werden (BMF-Schreiben vom 12.2.2009, BStBl. 2009 I S. 398).

Ist bei einer Freiberufler-Personengesellschaft (GbR, Sozietät, Partnerschaftsgesellschaft) auch nur ein Gesellschafter gewerblich tätig, färbt das auf die ganze Gesellschaft ab (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Diese erzielt dann grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Wenn jedoch die Einnahmen aus der gewerblichen Tätigkeit sehr gering sind, kann eine Infizierung der Gesamttätigkeit vermieden werden. Der BFH hat hier in drei Urteilen eine verbindliche Grenze für die Unschädlichkeit gewerblicher Einkünfte gezogen (z.B. BFH-Urteil vom 27.8.2014, VIII R 41/11, HFR 2015 S. 562):

  • Die Nettoumsätze daraus dürfen 3 % des Gesamtnettoumsatzes nicht übersteigen und

  • die gewerblichen Nettoumsätze dürfen auch den Gewerbesteuerfreibetrag von 24.500,00 € nicht übersteigen.

Den Heilberufen ähnlich

Einzelheiten zur Einordnung zahlreicher den Heilberufen ähnlicher Berufe enthält das BMF-Schreiben vom 22.10.2004, BStBl. 2004 I S. 1030. Eine Kassenzulassung ist für Heilhilfsberufe ausreichend für die Freiberuflichkeit (BFH-Beschluss vom 20.3.2003, IV R 69/00, BStBl. 2003 II S. 480), ansonsten genügt der Nachweis der Erlaubnis einer Berufsorganisation, die Kenntnisse bescheinigt, die den Anforderungen einer staatlichen Prüfung für die Berufsausübung vergleichbar sind (BFH-Urteil vom 28.8.2003, IV R 69/00, BStBl. 2004 II S. 954).

Eine vergleichbare freiberufliche Leistung ist z.B. die häusliche Kranken- und Altenpflege, während ein ambulanter Pflegedienst, der nur Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung erbringt, gewerblich ist (BFH-Beschluss vom 5.9.2011, VIII B 135/10, BFH/NV 2011 S. 2062).

Den rechts- und wirtschaftsberatenden Berufen ähnlich

Ist Ihr Beruf einem der Katalogberufe vergleichbar, können Sie eine fehlende Berufsausbildung ausgleichen, wenn Sie sich als Autodidakt oder durch praktische Tätigkeiten vergleichbare Fachkenntnisse angeeignet haben. Das gilt zum Beispiel für einen Unternehmensberater (BFH-Urteil vom 26.6.2002, IV R 56/00, BStBl. 2002 II S. 768). Wegen Beschränkung der beruflichen Tätigkeit auf nur einen Teilbereich der Betriebswirtschaftslehre sind Werbe-, PR-, Marktforschungs-, Personal-, Finanzberater keine Freiberufler.

Dem Katalogberuf des Steuerberaters nicht ähnlich ist die Tätigkeit eines selbstständigen Buchhalters. Hier liegen gewerbliche Einkünfte vor (BFH-Urteil vom 23.1.2008, VIII B 46/07, BFH/NV 2008 S. 785).

Den technisch-wissenschaftlichen Berufen ähnlich

Üben Sie einen technischen Beruf aus, können Sie über die Ähnlichkeit mit dem Katalogberuf des Ingenieurs oder Architekten zum Freiberufler werden. Mit einem technischen Hochschulabschluss in der Tasche ist der Nachweis kein Problem. Weitaus schwerer haben es Autodidakten ohne einen technischen Berufsabschluss. Das betrifft insbesondere viele EDV-Berater, die nachweisen müssen, dass sie sich das Wissen eines Diplom-Informatikers in vergleichbarer Breite und Tiefe auf andere Weise angeeignet haben. Fehlen vergleichbare Kenntnisse in Kernfächern wie Mathematik, ist eine Freiberuflichkeit zu versagen (BFH-Urteil vom 16.9.2014, VIII R 8/12 ). Zu dem gleichen Thema ist erneut eine Revision beim BFH anhängig (Az. III R 3/14).

Das technische Wissen muss aber nicht nur nachgewiesen, sondern dessen Anwendung auch belegt werden. Es muss mindestens eine schwerpunktmäßige Tätigkeit in einem Hauptbereich eines Ingenieurs oder Architekten ausgeübt werden. In der Praxis stellt sich insbesondere die Frage, welche EDV- bzw. IT-Dienstleistungen in der Anwendung ingenieurähnlich sind. Der Bundesfinanzhof hat hier in den letzten Jahren realitätsnah die Bandbreite immer weiter ausgedehnt. Anerkannt als freiberufliche Tätigkeiten in der Informationstechnik werden jetzt bei entsprechendem Fachwissen insbesondere

  • die Entwicklung von System- und von Anwendersoftware, sofern es sich bei der Anwendersoftware nicht um Trivialsoftware handelt (BFH-Urteil vom 4.5.2004, XI R 9/03, BStBl. 2004 II S. 989);

  • die Netz- und Systemadministration (BFH-Urteil vom 22.9.2009, VIII R 31/07, BStBl. 2010 II S. 467);

  • die Einrichtung und Betreuung von Betriebs- und Datenübertragungssystemen (BFH-Urteil vom 22.9.2009, VIII R 63/06, BStBl. 2010 II S. 466);

  • die Leitung von komplexen IT-Projekten (BFH-Urteil vom 22.9.2009, VIII R 79/06, BStBl. 2010 II S. 404);

  • die Bereitstellung qualifizierter Dienstleistungen, wie etwa Benutzerservice, Schulung und Beratung, sofern Letztere nicht nur auf eine bloße Absatzförderung gerichtet ist (BFH-Urteil vom 18.4.2007, XI R 57/05, BFH/NV 2007 S. 1854).

Auffangbecken: Wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit

Wenn Sie unter keinen Katalogberuf fallen und auch keinen Beruf gefunden haben, der einem Katalogberuf ähnlich wäre, haben Sie vielleicht mit dem Tätigkeitsbereich der selbstständig ausgeübten wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit eine letzte Chance, denn auch hier liegt eine freiberufliche Tätigkeit vor.

Wissenschaftlich sind zum Beispiel Sachverständigengutachten im medizinischen oder juristischen Bereich, dagegen nicht die Ermittlung der Schadenshöhe durch eines Kfz-Sachverständigen im Falle eines Verkehrsunfalls oder das Gutachten eines Unternehmensberaters, das auf Marktkenntnissen beruht und sich mit der Vermarktung von Produkten befasst. Wissenschaftlich kann auch eine Prüfungs- und Lehrtätigkeit sein, zum Beispiel eine Gastprofessur oder die Tätigkeit in einem Prüfungsausschuss.

Eine künstlerische Tätigkeit erfordert eine eigenschöpferische Leistung. Freiberufler sind daher insbesondere Maler, Bildhauer, Musiker, Komponisten, Sänger und Tänzer. Die Arbeiten von Gebrauchskünstlern wie Grafiker, Modezeichner, Restauratoren, Werbefotografen und Redner müssen dagegen eine gewisse Gestaltungshöhe erreichen, um als Kunst anerkannt zu werden. Dafür muss ein kreativer Gestaltungsspielraum vorhanden sein. Wird er dadurch eingeschränkt, dass der Auftraggeber die Gestaltung des zu schaffenden Werkes im Detail mitbestimmt oder sogar genau vorschreibt, liegt keine künstlerische Tätigkeit vor.

Eine schriftstellerische Tätigkeit üben zum Beispiel Werbetexter, Drehbuchautoren und Ghostwriter und Journalisten aus. Denn die Texte müssen nicht wissenschaftlich oder künstlerisch wertvoll sein, wie der BFH auch in Bezug auf das Erstellen eines Software-Lernprogramms entschieden hat (BFH-Urteil vom 10.9.1998, IV R 16/97, BStBl. 1999 II S. 215). Bei Vertrieb im Selbstverlag liegt aber eine gewerbliche Tätigkeit vor.

Wer als Lehrer organisiert Wissen, Fähigkeiten oder Fertigkeiten an Schüler vermittelt, ist unterrichtend tätig. Grundlage für den Unterricht muss ein schulmäßiges Programm sein. Eine unterrichtende Tätigkeit üben z.B. Lehrkräfte im Bereich Reiten, Judo, Mathematik, Sprachen, Tanzen, Hauswirtschaft, Schach oder Fußball aus, wobei eine Prüfung nicht abgelegt worden sein muss.

Eine erzieherische Tätigkeit erfordert eine umfassende Schulung des Charakters und die Bildung der Persönlichkeit im Ganzen. Daher wurde die Leitung einer privaten Kindertagesstätte als freiberuflich anerkannt (FG Hamburg vom 20.1.2015, 3 K 157/14, EFG 2015 S. 912), nicht aber das Coaching von Managern zwecks Bewältigung von Führungsaufgaben (BFH-Urteil vom 11.6.1997, XI R 2/95, BStBl. 1997 II S. 687).

Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit

Es gibt noch andere Tätigkeiten, die zwar nicht zur freiberuflichen Tätigkeit zählen, ihr aber doch sehr ähnlich sind und als sonstige selbstständige Arbeit bezeichnet werden (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG). In der Anlage S gibt es für sie eine eigene Zeile:

  • Hauptfälle: Testamentsvollstrecker, Vermögensverwalter, Aufsichtsrat und ähnliche Tätigkeiten, z.B. Insolvenz- und Zwangsverwalter, Hausverwalter, Verwaltungsratsmitglied sowie Berufsbetreuer und Verfahrenspfleger (BFH-Urteil vom 15.6.2010, VIII R 14/09, BStBl. 2010 II S. 909);

  • ferner: ehrenamtliche Mitglieder kommunaler Vertretungen wie Bürgermeister, Landräte und Kreistagsabgeordnete; Interviewer für statistische Landesämter, Schiedsmänner, Insolvenzanwälte und Tagesmütter.

Für die Abgrenzung einer sonstigen selbstständigen Tätigkeit von einer gewerblichen gelten dieselben Kriterien hinsichtlich der Eigenverantwortlichkeit wie für die Abgrenzung einer freiberuflichen Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG von einer gewerblichen Tätigkeit. Eine Vervielfältigung der eigenen Arbeitskraft durch den Einsatz qualifizierter Arbeitskräfte führt nicht mehr ohne Weiteres zu gewerblichen Einkünften (BFH-Urteil vom 26.1.2011, VIII R 3/10, BStBl. 2011 II S. 498).

So werden Freiberufler besteuert

Freiberufler müssen den Beginn ihrer Tätigkeit innerhalb eines Monats dem Finanzamt melden und einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ausfüllen.

In der Einkommensteuererklärung haben Sie zwei Möglichkeiten, Ihren Gewinn oder Verlust aus selbstständiger Arbeit – also insbesondere aus freiberuflicher Tätigkeit – zu ermitteln:

  • Sie erstellen eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (Vergleich von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 3 EStG).

  • Sie erstellen eine Bilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung (sog. Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG).

Freiberufler können zwischen beiden Methoden wählen und fast alle entscheiden sich für die Einnahmen-Überschuss-Rechnung, denn dies ist die einfachste Art der Gewinnermittlung: Sie erfordert nur wenig steuerliches Fachwissen und Buchführung mit Inventur können Sie sich dabei sparen. Außerdem bietet Ihnen die Einnahmen-Überschuss-Rechnung weit bessere Möglichkeiten der Gewinnverlagerung zwischen den Veranlagungszeiträumen durch zeitliches Verschieben von Einnahmen und Ausgaben als die Bilanz. Im Grunde unterscheiden sich die beiden Gewinnermittlungsarten nicht in dem, was als Betriebseinnahme oder Betriebsausgabe bzw. Erlös oder Aufwand berücksichtigt wird, sondern nur darin, wann sich ein Vorgang bei der Gewinnermittlung auswirkt. Unternehmer können auch nach Ablauf des Jahres zwischen beiden Arten der Gewinnermittlung wählen; das Erstellen einer Eröffnungsbilanz oder einer doppelten Buchführung am Jahresanfang ist unschädlich (BFH-Urteil vom 19.3.2009, IV R 57/07, DStR 2009 S. 1252).

Bei Betriebsaufgabe oder -veräußerung gibt es für Freiberufler Steuervergünstigungen gemäß § 18 Abs. 3 EStG wie für Gewerbetreibende.

Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Das Grundprinzip einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) zur Ermittlung der Einkünfte (Gewinn oder Verlust) sieht wie folgt aus (§ 4 Abs. 3 EStG):

Betriebseinnahmen

./.

Betriebsausgaben

=

Gewinn oder Verlust

Sie erfassen also einfach Ihre Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben – für jede selbstständige Tätigkeit getrennt – und stellen sie einander gegenüber. Einen Kontenplan (wie etwa den Spezialkontenrahmen SKR 04 von DATEV) benötigen Sie dafür nicht. Das Ergebnis dieser Rechnung, also Ihr Gewinn oder Verlust für den betreffenden Veranlagungszeitraum, ist in der Anlage S einzutragen. Dem Finanzamt müssen Sie Ihre EÜR, die Anlage S sowie ggf. ein Anlagenverzeichnis vorlegen, Ihre Einzelbelege aber nur auf Aufforderung.

Ihre Einnahmen-Überschuss-Rechnung können Sie mit dem Teilprogramm Gewinnermittlung erstellen. Der dort ermittelte Gewinn oder Verlust ist dann von Ihnen noch in das Hauptprogramm Steuererklärung in die Eingabemaske Selbstständige oder freiberufliche Tätigkeit zu importieren.

Der ermittelte Gewinn bzw. Verlust geht in Ihren Gesamtbetrag der Einkünfte ein und erhöht bzw. senkt damit das nach dem Grund- oder Splittingtarif zu versteuernde Einkommen. Die sog. Thesaurierungsbegünstigung gemäß § 34a EStG – das heißt die mit einem Steuersatz von nur 28,25 % ermäßigte Besteuerung des nicht entnommenen Gewinns – ist nur für bilanzierende Einzelunternehmer und Mitunternehmer einer Personengesellschaft möglich.

Es gilt grundsätzlich das Zufluss- und Abflussprinzip

Bei der Erstellung einer EÜR gilt steuerlich das Zufluss- und Abflussprinzip, das heißt, Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben werden im Jahr der Zahlung erfasst § 11 EStG. Ausnahmsweise sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG Zahlungen zwingend im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit zu erfassen, wenn es sich um regelmäßig monatlich, vierteljährlich oder jährlich wiederkehrende Einnahmen oder Ausgaben handelt, die innerhalb von 10 Tagen um den Jahreswechsel herum geleistet werden (22.12. bis 10.1.) und in diesem Zeitraum fällig sind (z.B. Mieten, Zinsen, Löhne, Versicherungen). Eine weitere Ausnahme gibt es bei bestimmtem Umlaufvermögen. Die Anschaffungskosten von Anlagegütern werden über die Nutzungsdauer verteilt abgeschrieben.

Bei Zahlung mit EC-Karte bzw. Kreditkarte ist für die Betriebsausgabe nicht der Zeitpunkt der Abbuchung vom Bankkonto entscheidend, sondern das davor liegende Datum des Buchungsbelegs bzw. der Unterschrift auf dem Belastungsbeleg (FG Rheinland-Pfalz vom 18.3.2013, 5 K 1875/10, EFG 2013 S. 1029) bzw. des getätigten Kaufs im Internet, bei Scheckzahlung der Tag der persönlichen Übergabe bzw. Aufgabe zur Post (Entgegennahme des gedeckten Schecks), bei Überweisung der Tag des Eingangs des Überweisungsträgers bei der Bank (Gutschrift auf dem Konto), bei einer Lastschrift der Tag der Abbuchung (Gutschrift auf dem Konto).

Durchlaufende Posten (z.B. von Anwälten gezahlte Gerichtskostenvorschüsse für Mandanten, Weiterleitung von TÜV-Gebühren durch eine Fahrschule für die Fahrprüfung) sind keine Betriebseinnahmen und gehören daher nicht in die EÜR. Bei der Weiterberechnung eines durchlaufenden Postens an den Mandanten darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden.

Haben Sie Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet – für Immobilienleasing ab 2004, für Mobilienleasing ab 2005 (BMF vom 5.4.2005, BStBl. 2005 I S. 617) –, müssen Sie diese gleichmäßig auf den Zeitraum verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG), bei entsprechenden Betriebseinnahmen haben Sie ein Wahlrecht (§ 11 Abs. 1 Satz 3 EStG).

Forderungen aus Warenverkäufen und Dienstleistungen

Haben Sie an einen Kunden Waren geliefert oder ihm eine Dienstleistung erbracht, müssen Sie eine entsprechende Betriebseinnahme erst dann »verbuchen«, wenn der Kunde Ihre Rechnung bezahlt oder angezahlt hat. Wann Ihre Forderung fällig wird oder Sie die Rechnung geschrieben haben, ist unerheblich. Auch Vorschüsse oder Nachzahlungen sind im Jahr der Zahlung steuerlich als Einnahme zu erfassen.

Sogar wenn bei Erstellen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung feststeht, dass Sie den erhaltenen Betrag wieder zurückzahlen müssen, müssen Sie ihn zunächst als Betriebseinnahme versteuern. Verrechnen Sie Ihre Forderung mit einem Gegenanspruch des Kunden, gilt das trotzdem als Betriebseinnahme. Verzichten Sie auf eine Forderung nicht aus betrieblichen, sondern aus privaten Gründen, wird Ihnen eine fiktive Betriebseinnahme zugerechnet.

Bei Ärzten fließt das Honorar erst mit Überweisung seines Anteils durch die kassenärztliche Vereinigung zu (H 11 Arzthonorar EStH 2014). Honorare von Privatpatienten, die durch eine privatärztliche Verrechnungsstelle eingezogen werden, sind dem Arzt bereits mit dem Eingang bei dieser Stelle zugeflossen (R 11 Vereinnahmung und Verausgabung EStR 2012).

Provisionen eines Versicherungsvertreters, die auf einem Kautionskonto zur Sicherung von Gegenforderungen des Versicherungsunternehmens gutgeschrieben werden, sind bereits mit der Gutschrift zugeflossen.

Verbindlichkeiten aus Wareneinkäufen und Dienstleistungen

Haben Sie von einem Lieferanten Waren bezogen oder eine Dienstleistung in Anspruch genommen, dürfen Sie eine entsprechende Betriebsausgabe erst dann buchen, wenn Sie die Rechnung dafür bezahlt haben. Wie bei den Betriebseinnahmen spielt es auch hier keine Rolle, für welches Jahr Sie eine Zahlung geleistet haben, ob bereits eine Zahlungsverpflichtung bestand, ob es sich um eine Nachzahlung für mehrere Jahre oder um eine Vorauszahlung für künftige Jahre handelte. Somit haben Sie die steuerliche Gestaltungsmöglichkeit, Betriebsausgaben in gewünschte Kalenderjahre zu verlagern.

Warenbestände, ungewisse Verbindlichkeiten, Wertminderungen

Der Einkauf von Waren oder Vorräten wirkt sich erst zum Zeitpunkt der Bezahlung als Betriebsausgabe aus. Wie viel von den Vorräten verbraucht wird, ist unerheblich. Rückstellungen für der Höhe nach ungewisse Schulden dürfen nicht gebildet werden, eine Teilwertabschreibung bei Wertverlust des Betriebsvermögens ist nicht möglich.

Die Anlage EÜR

Wenn Sie sich an die Steuererklärung seit dem Veranlagungszeitraum 2005 machen, müssen Sie eine Gewinnermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beifügen (§ 60 Abs. 4, § 84 Abs. 3c EStDV), nämlich die Anlage EÜR. Diese Abgabeverpflichtung ist rechtens (BFH-Urteil vom 16.11.2011, X R 18/09, BStBl. 2012 II S. 129). Die Anlage EÜR müssen Sie seit 2011 per Elster an das Finanzamt übersenden (ausgenommen in Härtefällen: kein Computer, kein Internet).

Liegen Ihre Betriebseinnahmen (ink. Umsatzsteuer), also der Umsatz im betreffenden Jahr, unter 17.500,00 € (Nichtbeanstandungsgrenze der Finanzverwaltung), können Sie freiwillig eine Anlage EÜR abgeben oder Ihre Einnahmen-Überschuss-Rechnung formlos erstellen (entspricht im Programm Gewinnermittlung dem Ergebnis). Ein Elster-Versand ist dann nicht erforderlich (BMF-Schreiben vom 2.10.2014, BStBl. 2014 I S. 1153). Diese Grenze gilt auch bei Aufnahme Ihrer selbstständigen Tätigkeit erst während des Jahres. Mit Betriebseinnahmen ist u.E. die Summe der Betriebseinnahmen auf Seite 1 der Anlage EÜR gemeint.

Wenn ein Unternehmer mehrere Betriebe mit eigener Buchführung hat (etwa eine gewerbliche und eine freiberufliche Tätigkeit ausübt), muss er für jeden Betrieb eine eigene Anlage EÜR abgeben. Die Art der Tätigkeit wird in die Zeile 5 des Formulars eingetragen. Eintragungen machen Sie nur in den weißen Feldern des Formulars. Wird ein Betrieb im Laufe des Jahres gegründet oder aufgegeben, sind u.E. die Betriebseinnahmen nicht auf einen Jahresbetrag hochzurechnen.

Geben Sie die Anlage EÜR trotz Überschreitens der Nichtbeanstandungsgrenze nicht ab, sondern machen Ihre EÜR formlos, liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung keine gültige Einnahmen-Überschuss-Rechnung vor. In diesem Fall wird das Finanzamt ein Zwangsgeld festsetzen (aber keinen Verspätungszuschlag), um die Abgabe des Formulars zu erzwingen (§ 329 AO).

Sind Sie umsatzsteuerpflichtig, tragen Sie auf der Seite 1 der Anlage EÜR Ihre Betriebseinnahmen als Netto-Jahresbetrag in die Zeile umsatzsteuerpflichtige Betriebseinnahmen und die von Ihren Kunden eingenommene Mehrwertsteuer in die Zeile Vereinnahmte Umsatzsteuer ein. Umsatzsteuerrückerstattungen des Finanzamtes (z.B. aufgrund einer USt-Voranmeldung oder USt-Jahreserklärung) gehören gesondert in die Zeile Vom Finanzamt erstattete und ggf. verrechnete Umsatzsteuer. Sind Sie nicht umsatzsteuerpflichtig, tragen Sie auf der Seite 1 Ihre Betriebseinnahmen als Brutto-Jahresbetrag in die Zeile umsatzsteuerfreie Betriebseinnahmen ein. Kleinunternehmer füllen die Zeile Betriebseinnahmen als umsatzsteuerlicher Kleinunternehmer aus. Nicht einkommensteuerpflichtige Einnahmen wie z.B. die Investitionszulage, Überbrückungsgeld, Gründungszuschuss (§ 3 Nr. 2 EStG) sind nicht anzugeben.

Auf den Seiten 1 und 2 der Anlage EÜR haben umsatzsteuerpflichtige Unternehmer die Betriebsausgaben als Nettobeträge in die passende Ausgabenzeile sowie die an Lieferanten bezahlte Mehrwertsteuer in die Zeile Gezahlte Vorsteuerbeträge einzutragen. Dagegen müssen Kleinunternehmer, Unternehmer mit ausschließlich umsatzsteuerfreien Umsätzen und Unternehmer mit pauschaler Vorsteuerermittlung hier die Brutto-Betriebsausgaben einsetzen. Bei Inanspruchnahme einer Betriebsausgabenpauschale oder des Freibetrages nach § 3 Nr. 26 EStG ist der entsprechende Euro-Betrag in die gleichnamige Zeile im Abschnitt Betriebsausgaben zu vermerken. Umsatzsteuerzahlungen ans Finanzamt (z.B. aufgrund einer USt-Voranmeldung oder USt-Jahreserklärung) gehören gesondert in die Zeile An das Finanzamt gezahlte und ggf. verrechnete Umsatzsteuer.

Auf der Seite 3 folgt die Ermittlung des Gewinns als Differenz zwischen Summe der Betriebseinnahmen und Summe der Betriebsausgaben und ergänzende Angaben, etwa zu Rücklagen, Abzug gebildeter und Hinzurechnung aufgelöster Investitionsabzugsbeträge, Gewinnzuschlag von 6 % p.a., wenn eine steuermindernde Rücklage nach § 6c EStG ohne erfolgte Neuanschaffung aufgelöst wurde, Gewinn- bzw. Verlustanteile aus Beteiligungen an Personengesellschaften (z.B. Sozietät; wird keine Anlage EÜR abgegeben, sind die Anteile in der Anlage G bzw. S einzutragen), und Entnahmen (Privatanteile z.B. für Betriebs-Pkw, -Telefon) bzw. Einlagen (z.B.des Privat-Pkw) bei erfolgten Ansatz von Schuldzinsen als Betriebsausgaben. Den Gewinn bzw. Verlust übertragen Sie anschließend bei gewerblicher Tätigkeit in die Anlage G und bei freiberuflicher Tätigkeit in die Anlage S.

Die Abgrenzung zwischen Betriebsvermögen und Privatvermögen

Betriebsvermögen gibt es bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung ebenso wie bei der Bilanz. Was Betriebsvermögen ist, steht nicht im Einkommensteuergesetz, sondern ist im Laufe der Jahre durch die Rechtsprechung entwickelt und von der Finanzverwaltung übernommen worden (R 4.2 EStR 2012). Ein Wirtschaftsgut kann im Allgemeinen nur dann zum Betriebsvermögen gehören, wenn der Unternehmer selbst zivilrechtlicher Eigentümer ist. Gehört ein Wirtschaftsgut Ihrem Ehe- oder Lebenspartner, kann es nicht zu Ihrem Betriebsvermögen gehören, auch wenn Sie es betrieblich nutzen. Auch beim Leasing zählt das Wirtschaftsgut nicht zu Ihrem Betriebsvermögen, sondern zu dem des Leasinggebers.

Das gilt für bewegliche Wirtschaftsgüter

Der Umfang der betrieblichen Nutzung ist entscheidend (R 4.2 Abs. 1 EStR 2012)1)

Betriebliche
Nutzung von Beginn an

Wahlrecht des
Unternehmers

Vermögensart

mehr als 50 %
bis 100 %

nein

notwendiges Betriebsvermögen

10 % bis 50 %

ja

Er kann das Wirtschaftsgut zuordnen:

  • dem Betriebsvermögen oder

  • dem Privatvermögen

  • gewillkürtes Betriebsvermögen
    (Zuordnung zum Betriebsvermögen)

  • Privatvermögen (keine Zuordnung zum Betriebsvermögen)

unter 10 %

nein

notwendiges Privatvermögen

1)

Teils betrieblich, teils privat genutzte bewegliche Wirtschaftsgüter (z.B. Pkw, Maschinen, Büromöbel) gehören insgesamt automatisch zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn die betriebliche Nutzung überwiegt, d.h. über 50 % beträgt, wobei die Gesamtnutzung in allen Betrieben des Selbstständigen entscheidet. Bei betrieblicher Nutzung über 10 % bis 50 % besteht ein Wahlrecht, sodass die Aufnahme der gekauften oder eingelegten Wirtschaftsgüter in das gewillkürte Betriebsvermögen eindeutig dokumentiert werden muss, und zwar zeitnah (nicht rückwirkend) durch eine Einlagebuchung oder Aufnahme ins betriebliche Anlagenverzeichnis oder durch eine zeitnahe schriftliche Erklärung gegenüber dem Finanzamt (BMF-Schreiben vom 17.11.2004, BStBl. 2004 I S. 1064). Eine solche zeitnahe Erklärung ist aber nicht erforderlich, wenn das Wirtschaftsgut zuvor zum notwendigen Betriebsvermögen gehört hat und durch Absenkung der betrieblichen Nutzung unter 50 % automatisch zum gewillkürten Betriebsvermögen wird (R 4.3 Abs. 3 Satz 5 EStR 2012).

Gewillkürtes Betriebsvermögen wird bei Freiberuflern nur anerkannt, wenn es auf den Rahmen des freiberuflichen Leitbildes beschränkt ist (nicht der Fall z.B. bei spekulativen Beteiligungen).

Eine gemischte Nutzung kommt vor allem beim Pkw vor, der für betriebliche Fahrten eingesetzt wird, daneben aber auch privat gefahren wird. Betriebliche Fahrten sind insbesondere Fahrten zu Kunden, Lieferanten oder Geschäftsfreunden; Fahrten zwecks betrieblicher Anschaffungen; Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb; Fahrten zu Fortbildungsveranstaltungen und Messen; Fahrten aus betrieblichen Gründen zum Finanzamt, zum Steuerberater, zur Hausbank oder Post.

Sie müssen den Umfang Ihrer betrieblichen Fahrten glaubhaft machen, z.B. durch Aufzeichnungen über einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten (BMF-Schreiben vom 18.11.2009, BStBl. 2009 I S. 1326), ausgenommen Taxiunternehmer, Handelsvertreter u.a. Berufsgruppen, bei denen eine mehr als 50 %ige berufliche Nutzung unterstellt wird. Ein Fahrtenbuch ist aber nicht erforderlich. Den ermittelten betrieblichen Prozentsatz dürfen Sie auch in den Folgejahren beibehalten, wenn sich nichts Wesentliches ändert (wie z.B. durch einen Umzug).

Betriebliche Nutzung in Prozent =
betrieblich gefahrene Kilometer/Jahresfahrleistung x 100

Seit 2006 gibt es für Pkw im gewillkürten im Gegensatz zum notwendigen Betriebsvermögen keine 1 %-Regelung mehr. Damit sind zumindest theoretisch dieselben Kosten als Betriebsausgabe abziehbar, unabhängig davon, ob das Fahrzeug zum gewillkürten Betriebsvermögen gehört oder zum Privatvermögen. Voraussetzung dafür ist, dass Sie beim Privat-Pkw die tatsächlichen Kosten nachweisen und die anteiligen Kosten für die betrieblich gefahrenen Kilometer als Betriebsausgabe in Ihrer Einnahmen-Überschuss-Rechnung geltend machen.

Daher ist es steuerlich attraktiv, den gemischt genutzten Pkw im Privatvermögen zu belassen. Das große Plus beim Privat-Pkw ist nämlich, dass ein späterer Verkauf reine Privatsache ist. Beim Betriebs-Pkw müssen Sie dagegen den Verkaufserlös in voller Höhe als Betriebseinnahme erfassen.

Ein Leasing-Fahrzeug dürfen Sie nicht als Betriebsvermögen aktivieren und auch nicht in Ihrem Anlageverzeichnis ausweisen, da Sie nicht der Eigentümer sind. Finanzverwaltung und Rechtsprechung gehen jedoch davon aus, dass bei einer betrieblichen Nutzung von über 50 % das Nutzungsrecht praktisch wie notwendiges Betriebsvermögen behandelt wird. Daher sind alle Kosten zunächst in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. Nutzen Sie das Fahrzeug auch privat, müssen Sie als Ausgleich einen Privatanteil als fiktive Betriebseinnahme versteuern. Wenn Sie kein Fahrtenbuch geführt haben, ist zwingend die 1 %-Regelung anzuwenden. U.E. ist eine Zuordnung zum Betrieb aber auch dann möglich, wenn Sie das Fahrzeug zu mindestens 10 % bis zu 50 % betrieblich nutzen. Denn dann dürfen Sie das Leasing-Nutzungsrecht wie gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln. Auch in diesem Fall sind die Kosten in voller Höhe als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Die 1 %-Regelung darf allerdings nicht angewendet werden. Vielmehr müssen Sie als fiktive Betriebseinnahmen die auf die private Nutzung entfallenden anteiligen Kfz-Kosten ansetzen. Im Endergebnis ist bei einer Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen der Betriebsausgabenabzug genauso hoch, wie wenn Sie auf die Zuordnung verzichten.

Wenn der Anteil der betrieblichen Nutzung steigt oder sinkt, wird das Wirtschaftsgut dem folgenden Vermögen automatisch zugeordnet:

  • In dem Jahr, in dem die betriebliche Nutzung eines im Privatvermögen befindlichen Wirtschaftsgutes erstmals die 50 %-Grenze übersteigt, kommt es zwangsläufig zu einer Einlage aus dem Privat- in das (notwendige) Betriebsvermögen. Das wird oft durch eine Betriebsprüfung festgestellt.

  • Im umgekehrten Fall – die betriebliche Nutzung sinkt von über 50 % auf noch wenigstens 10 % – bleibt das Wirtschaftsgut im (dann gewillkürten) Betriebsvermögen, wenn Sie es nicht eindeutig durch eine Entnahmebuchung oder eine Erklärung gegenüber dem Finanzamt ins Privatvermögen entnehmen (R 4.3 Abs. 3 EStR 2012). Es ändert sich nichts, außer dass bei einem Betriebs-Pkw die 1 %-Methode für die Berechnung des Privatanteils jetzt nicht mehr zulässig ist.

  • Ist die betriebliche Nutzung in einem Jahr vorübergehend unter 10 % gesunken, so scheidet das bewegliche Wirtschaftsgut nicht zwangsläufig aus dem Betriebsvermögen aus und wird daher nicht zum Privatvermögen, solange es noch betrieblich genutzt wird (so in Bezug auf einen Betriebs-Pkw: H 4.3 Nutzungsänderung EStH 2013 BFH-Urteil vom 21.8.2012, VIII R 11/11, BStBl. 2013 II S. 117). Bei einem dauerhaften Absinken mit Entnahme durch schlüssiges Verhalten sieht dies anders aus.

Steuerliche Konsequenzen bei (gewillkürtem und notwendigem) Betriebsvermögen
  • Investitionsabzugsbetrag: Schon drei Jahre vor der Anschaffung des Wirtschaftsguts möglich.

  • Abschreibung: Die Wirtschaftsgüter müssen mit den Anschaffungskosten bzw. dem Einlagewert ins Anlagenverzeichnis aufgenommen werden. Die Abschreibungsbeträge wirken sich als Betriebsausgabe aus.

  • Laufende Kosten: Alle durch die laufende Nutzung entstehenden Kosten werden in voller Höhe als Betriebsausgaben angesetzt.

  • Laufende Erträge: Die Erträge aus der Nutzung sind als Betriebseinnahmen zu versteuern.

  • Vorsteuerabzug: Bei umsatzsteuerpflichtigen Unternehmern ist der Vorsteuerabzug sowohl aus den Anschaffungskosten als auch aus den laufenden Kosten möglich.

  • Private Nutzung: Bei gemischt genutzten Wirtschaftsgütern muss ein Privatanteil versteuert werden, der für umsatzsteuerpflichtige Unternehmer auch der Umsatzsteuer unterliegt.

  • Verkauf/Entnahme: Der Verkaufserlös/Entnahmewert muss als Betriebseinnahme erfasst werden. Beim Verkauf fällt für umsatzsteuerpflichtige Unternehmer Umsatzsteuer an. Der Restbuchwert ist Betriebsausgabe. Veräußerungsverluste wirken sich somit steuermindernd aus.

  • Betriebsaufgabe/-veräußerung: Alle stillen Reserven der Wirtschaftsgüter müssen versteuert werden.

  • Diebstahl, Zerstörung, Verschrottung:; der Restbuchwert des Wirtschaftsgutes wird als Betriebsausgabe erfasst. Eine Versicherungsleistung müssen Sie als Betriebseinnahme ansetzen.

Steuerlich problematisch wird es oft, wenn ein Wirtschaftsgut das Betriebsvermögen wieder verlässt. Denn oft haben sich während der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen bei einem Wirtschaftsgut sogenannte stille Reserven gebildet, weil der Marktwert des Wirtschaftsguts höher ist als sein im Anlageverzeichnis ausgewiesener Restbuchwert. Diese werden dann zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen besteuert, was den Unternehmer teuer zu stehen kommt.

Stille Reserven im Betriebsvermögen entstehen wie folgt:

  • Die Abschreibung eines Wirtschaftsguts war höher als der tatsächliche Wertverlust (z.B. bei Pkw), vor allem aufgrund einer Sonderabschreibung.

  • Ein Gegenstand des Betriebsvermögens ist im Wert gestiegen (v.a. Grundstücke und Gebäude).

Unbewegliche Wirtschaftsgüter (Immobilien)

Bei gemischt genutzten Grundstücken und Gebäuden gibt es ganz eigene Kriterien dafür, was zum Betriebsvermögen gehört und was nicht (R 4.2 Abs. 4 ff. EStR 2012). Denn ein Gebäude spaltet man steuerlich nach der unterschiedlichen Nutzung in eigenständige Wirtschaftsgüter auf, die für sich betrachtet werden. In einem einzigen Gebäude kann deshalb gleichzeitig ein Teil der Räume notwendiges Privatvermögen, ein anderer Teil notwendiges Betriebsvermögen und ein dritter Teil gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen.

Eigenbetrieblich genutzte Räume gehören zwingend zum notwendigen Betriebsvermögen und können bei anschließender Vermietung zu betrieblichen oder Wohnzwecken als gewillkürtes Betriebsvermögen weitergeführt werden. Bei einer Nutzungsänderung eines Gebäudeteils von eigenbetrieblich zu fremdvermietet liegt keine Zwangsentnahme vor (BFH-Urteil vom 10.11.2004, XI R 31/03, BStBl. 2005 II S. 334). Eine Zwangsentnahme ins notwendige Privatvermögen ist aber gegeben, wenn Sie eine Immobilie im Betriebsvermögen künftig für sich als Privatwohnung nutzen oder auf einem Betriebsgrundstück ein selbst genutztes Eigenheim bauen. Dann müssen die stillen Reserven (zum Begriff siehe oben) versteuert werden.

Vor allem im Zusammenhang mit Betriebsgrundstücken kann eine Betriebsaufgabe vor dem 55. Lebensjahr zum steuerlichen Super-Gau führen. Denn dabei werden auf einen Schlag die stillen Reserven des gesamten Betriebs aufgedeckt. In diesem Fall steht Ihnen für den Aufgabegewinn weder ein Freibetrag noch eine Vergünstigung bei der Höhe des Steuersatzes zu.

Häufig sind Ehegatten je zur Hälfte Miteigentümer ihres Einfamilienhauses, in dem der Unternehmer-Ehegatte unentgeltlich einen Raum für seinen Betrieb nutzt. In diesem Fall gehört nur seine Raumhälfte zum notwendigen Betriebsvermögen, die andere Hälfte des Ehegatten bleibt dagegen Privatvermögen. Bei Betriebsaufgabe sind deshalb auch nur die in der Hälfte des Unternehmer-Ehegatten enthaltenen stillen Reserven zu versteuern, nicht aber die im Anteil des Ehegatten (BFH-Urteil vom 19.12.2012, IV R 29/09, DStR 2013 S. 802; BFH-Urteil vom 29.4.2008, VIII R 98/04, BStBl. 2008 II S. 749).

Dauerverluste führen zur Liebhaberei

In den ersten Jahren einer selbstständigen Tätigkeit sind Anlaufverluste (rote Zahlen) völlig normal und werden vom Finanzamt auch meist als Verlust aus selbstständiger Tätigkeit problemlos in Ihrem Steuerbescheid berücksichtigt. Wenn Sie jedoch auf Jahre hinaus nicht aus der Verlustzone herauskommen, wird möglicherweise Liebhaberei vermutet. Eine Liebhaberei liegt dann vor, wenn dauernde Verluste auf eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht hinweisen. Mit Gewinn ist hier der steuerliche Totalgewinn gemeint: von der Gründung des Betriebs bis zur Aufgabe. Einnahmen minus Ausgaben plus erzielte Wertsteigerungen des Betriebsvermögens müssen auf Dauer gesehen wenigstens einen kleinen positiven Saldo ergeben, sonst bleiben Ihre Verluste (und auch gelegentliche positive Einkünfte) steuerlich unberücksichtigt.

Den Verdacht der Liebhaberei können Sie entkräften, wenn Sie dem Finanzamt eine längerfristige Kalkulation vorlegen, aus der sich ergibt, wann sich voraussichtlich ein Totalgewinn einstellt. Vorteilhaft können auch ein oder zwei Gewinnjahre zwischendurch durch Verschiebung von Betriebsausgaben sein. Bei einem Verlagsgründer hat der BFH beispielsweise eine fünfjährige verlustbringende Anlaufphase als angemessen angesehen (BFH-Urteil vom 23.5.2007, X R 33/04, BStBl. 2007 II S. 874). Ferner darf das Finanzamt nach acht Jahren Verlusten nicht einfach Liebhaberei annehmen, wenn ab dem 9. Jahr fortlaufend Gewinne erzielt werden (BFH-Beschluss vom 13.5.2013, VIII B 162/11, BFH/NV 2013 S. 1235).

Liebhaberei wurde bejaht bei Fortführung einer Arztpraxis am Ende der Berufstätigkeit (BFH-Urteil vom 26.2.2004, IV R 43/02, BStBl. 2004 II S. 455) und bei langjährigen Verlusten aus einer Rechtsanwaltskanzlei (BFH-Urteil vom 14.12.2004, XI R 6/02, BStBl. 2005 II S. 764). Mit Schwierigkeiten rechnen müssen Sie auch bei folgenden Tätigkeiten: Vermietung von Wohnmobilen, Segeljachten, Motorbooten, Flugzeugen, Ski oder Surfbrettern; Tätigkeit als Fotograf, Musiker, Bildhauer, Grafiker und Maler (FG Thüringen vom 21.11.2013, 2 K 728/11, EFG 2014 S. 264), Erfinder (die Einkünfte aus dem Verkauf einer Zufallserfindung sind steuerfrei, so FG Hamburg vom 12.12.2005, VI 18/04, EFG 2006 S. 661, nicht aber aus dem Verkauf einer zur patentreifen Idee weiterentwickelten Erfindung: FG Rheinland-Pfalz vom 31.10.2007, 1 K 1941/05 ).

Wenn Ihre verlustbringende selbstständige Tätigkeit eng mit Freizeitgestaltung, Sport, Urlaub oder Hobby zusammenhängt, kann es sogar sein, dass das Finanzamt Ihre Tätigkeit gleich von Beginn an als Liebhaberei einstuft.

Bei der Prüfung, ob Liebhaberei vorliegt, muss jeder Betrieb eines Selbstständigen für sich betrachtet werden (FG Baden-Württemberg vom 18.3.2008, 4 K 111/06, EFG 2008 S. 1118).

Auch wenn Ihre Verluste aus selbstständiger Tätigkeit im Steuerbescheid stehen, kann er nach §§ 164, 165 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen bzw. vorläufig sein.

Anhang

Fußnoten

  1. Gilt nicht für Grundstücke und Gebäude.