Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle nach dem Bayerischen Polizeiaufgabengesetz als Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Teilen für verfassungswidrig erklärt. In solchen Kontrollen lägen Grundrechtseingriffe gegenüber allen Personen, deren Kraftfahrzeugkennzeichen erfasst und abgeglichen werden, unabhängig davon, ob die Kontrolle zu einem Treffer führt (Änderung der Rechtsprechung). Diese Eingriffe seien nur teilweise gerechtfertigt.

Hinsichtlich der angegriffenen Vorschriften stehe dem Freistaat Bayern überwiegend die Gesetzgebungskompetenz zu. Die Regelung von Kennzeichenkontrollen, die als Mittel der Gefahrenabwehr ausgestaltet sind, liege bei den Ländern, auch wenn sie im Ergebnis zugleich der Strafverfolgung nutzten, für die der Bund eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz habe. Kompetenzwidrig seien die bayerischen Regelungen jedoch, soweit sie Kennzeichenkontrollen unmittelbar zum Grenzschutz erlauben, stellt das BVerfG klar.

Kennzeichenkontrollen bedürften nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich eines hinreichend gewichtigen Anlasses. Dem genügten die Vorschriften nicht, soweit die Kontrollen nicht auf den Schutz von Rechtsgütern von zumindest erheblichem Gewicht beschränkt sind und als Mittel der Schleierfahndung keinen hinreichend bestimmten Grenzbezug aufweisen. Soweit sie automatisierte Kennzeichenkontrollen zur Unterstützung polizeilicher Kontrollstellen erlaubten, sei das nicht zu beanstanden, weil die Einrichtung solcher Kontrollstellen bei verständiger Auslegung eine konkrete Gefahr und damit selbst einen rechtfertigenden Anlass voraussetze. Die Vorschriften zum Abgleich der erfassten Kennzeichen müssten verfassungskonform einschränkend so ausgelegt werden, dass jeweils nur die Fahndungsbestände zum Abgleich herangezogen werden dürfen, die zur Abwehr der Gefahr geeignet sind, die Anlass der jeweiligen Kennzeichenkontrolle ist. Im Übrigen fehle es den Regelungen an einer Pflicht zur Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen.

Das BVerfG hat die verfassungswidrigen Vorschriften größtenteils übergangsweise für weiter anwendbar erklärt, längstens jedoch bis zum 31.12.2019.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 18.12.2018, 1 BvR 142/15


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