Wer unzufrieden mit dem Ergebnis einer Haarfärbung ist, muss der Friseurin eine angemessene Frist zur Nachbesserung einräumen, bevor Schadenersatz verlangt werden kann. Dies hat das Amtsgericht (AG) München entschieden und die Klage einer Kundin gegen eine Friseurmeisterin auf Zahlung von 530 Euro Schadenersatz und mindestens 500 Euro Schmerzensgeld abgewiesen.

Die Klägerin trägt vor, sie habe die Beklagte im Mai 2017 unter Vorlage einer Fotografie der Bloggerin Xenia mit der Ausführung einer bestimmten Haarfärbetechnik, der so genannten Balayage-Technik, beauftragt. Das gleichmäßig über den gesamten Kopf verteilte Haarfärbemittel habe sich über zwei Stunden auf ihrem Kopf befunden. Ihre Kopfhaut habe massiv zu brennen und jucken begonnen. Nach dem Ausspülen seien ihre Haare gleichmäßig dottergelb gewesen. Die Beklagte habe ihr noch im Salon geäußertes Verlangen zur Beseitigung der inakzeptablen Haarschäden und Färben der Haare in der Balayage-Technik abgelehnt und wegen akuter zeitlicher Verhinderung keinen Alternativtermin angeboten. Die Beklagte habe nur mehrfach zum Ausdruck gebracht, wie sehr sie selbst von dem Ergebnis begeistert sei und der Klägerin eine Silbertönung zur häuslichen Selbstanwendung mitgegeben, um den Gelbstich zu beseitigen. Die Klägerin habe in "Schockstarre" für die Friseurbehandlung samt Silbertönung 153 Euro bezahlt und den Salon verlassen. Der Gelbstich sei aber geblieben. Das Haar habe durch die viel zu lange Einwirkzeit Schaden genommen. All dies habe über lange Zeit auch negative psychische Auswirkungen gehabt.

Die Beklagte trägt vor, sie könne sich nicht mehr daran erinnern, der Klägerin die Haare gefärbt zu haben. Das Nacherfüllungsverlangen einer unzufriedenen Kundin würde sie niemals ablehnen. Sie habe aufgrund der Zahlung der Klägerin und dem Umstand, dass sich diese bis Dezember 2017 nicht mehr mit ihr in Verbindung gesetzt habe, jedenfalls davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin mit der unterstellten Friseurleistung im Wesentlichen zufrieden gewesen sei. Ein Nachbesserungsverlangen sei auch nicht unzumutbar gewesen.

Das AG München gab der Friseurin Recht. Ein Schadenersatzanspruch statt der Leistung setze grundsätzlich voraus, dass dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt wurde. Dem Verhalten der Klägerin vor Ort sei eine Fristsetzung zur Nacherfüllung offenkundig nicht zu entnehmen. Das Verlangen der Klägerin erfülle die Anforderungen an eine angemessene Frist zur Nacherfüllung nicht, da der Beklagten insoweit keinerlei "angemessene" Zeit zur Beseitigung eingeräumt, sondern ein sofortiges Handeln – und auch nur ein solches – verlangt worden sei.

Dem von der Klägerin dargelegten Verhalten der Beklagten könne keine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung entnommen werden. Allein die Tatsache, dass die Beklagte auf das sofortige Beseitigungsverlangen der Klägerin aufgrund einer akuten zeitlichen Verhinderung lediglich mit der Übergabe einer Silbertönung zur Eigenanwendung reagiert und der Klägerin auch keinen Alternativtermin angeboten haben soll, stelle keine die Frist zur Nacherfüllung entbehrlich machende Nacherfüllungsverweigerung dar. Im Gegenteil, die Beklagte habe sich durch Übergabe der Silbertönung gerade mit der angeblichen Mängelanzeige der Klägerin auseinandergesetzt und versucht, dieser Abhilfe zu verschaffen.

Die Nacherfüllung sei der Klägerin vorliegend auch nicht unzumutbar. Dies wäre etwa nach mehreren fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuchen der Fall oder wenn dem Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Unternehmers besondere Bedeutung zukomme, etwa bei dauerhaften beziehungsweise unabänderlichen körperlichen Eingriffen wie einer Tätowierung. Das – gerade nicht dauerhafte oder unabänderliche – Färben oder Schneiden von Haaren stelle keinen mit einer Tätowierung vergleichbaren körperlichen Eingriff dar.

Da das Setzen einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung im vorliegenden Fall auch bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrages weder unzumutbar noch aus anderen Gründen entbehrlich gewesen und tatsächlich auch nicht erfolgt sei, scheiden laut AG München werkvertragliche Mängelgewährleistungsansprüche der Klägerin insgesamt aus. Auch ein Schadenersatzanspruch aufgrund vertraglicher Nebenpflichtverletzung oder unerlaubter Handlung scheide vorliegend aus, da die Klagepartei eine Gesundheitsschädigung oder gar Körperverletzung durch die Beklagte bereits nicht hinreichend schlüssig und substantiiert dargetan habe.

Amtsgericht München, Urteil vom 24.01.2019, 213 C 8595/18, nicht rechtskräftig


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