Wirken sich außergewöhnliche Belastungen in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie geleistet werden, mangels eines hinreichenden Gesamtbetrags der Einkünfte nicht aus, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, den restlichen Betrag in einen anderen Veranlagungszeitraum zu übertragen oder ähnlich der Regelung in § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) auf mehrere Veranlagungszeiträume zu verteilen. Dies hebt der Bundesfinanzhof (BFH) hervor.

So gelte § 10d Einkommensteuergesetz (EStG) nur für Einkünfte, nicht aber für außergewöhnliche Belastungen oder Sonderausgaben. Ebenso fehle eine § 7 EStG oder § 82b EStDV vergleichbare Regelung in § 33 EStG. Eine Gesetzeslücke, die eine analoge Anwendung des § 7 EStG, § 82b EStDV oder § 10d EStG nahelegen würde, liege nicht vor. Aus der gesetzlichen Reihenfolge in § 10d Absatz 1 Satz 1 EStG, wonach negative Einkünfte vorrangig vor den Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum rückgetragen werden, lasse sich im Gegenteil im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut in § 33 EStG der Grundsatz ableiten, dass derjenige, der keine positiven Einkünfte erzielt, auch keine privaten Aufwendungen abziehen kann, und zwar sowohl intra- als auch interperiodisch.

Im zugrunde liegenden Fall hatten die Kläger ihr Haus im Jahr 2011 behindertengerecht umbauen lassen. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2011 machten sie Umbaukosten von 60.000 Euro als außergewöhnliche Belastungen geltend und beantragten, den Restbetrag auf die folgenden beiden Veranlagungszeiträume zu verteilen. Hiermit drangen sie nicht durch.

Im Streitfall habe sich nicht der gesamte Betrag, den die Kläger für den Umbau des Hauses aufgewendet haben, ausgewirkt, weil den Ausgaben im Jahr ihrer Verausgabung ein zu geringer Gesamtbetrag der Einkünfte gegenübergestanden habe, so der BFH. Dies sei Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für das in § 11 Absatz 2 EStG normierte Abflussprinzip in Verbindung mit dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung sowie dem Umstand, dass das Einkommensteuergesetz eine Verteilungsregel in andere Veranlagungszeiträume in einem solchen Fall nicht vorsieht. Ein den gesetzlichen Wertungen widersprechendes Ergebnis sei darin nicht zu erblicken. Die Steuerunerheblichkeit von den Gesamtbetrag der Einkünfte überschreitenden außergewöhnlichen Belastungen sei vielmehr der einkommensteuerlichen Systematik, insbesondere der in § 2 EStG vorgegebenen Ermittlung des zu versteuernden Einkommens, geschuldet und könne daher in der Regel eine hiervon abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.07.2017, VI R 36/15


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