Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat geklärt, wann der Abflugflughafen als erste Tätigkeitsstätte eines Piloten und einer Flugbegleiterin ist. Erforderlich, aber auch ausreichend sei, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.
Werden die nach den Operations Manual-Allgemeines (OM-A) geregelten Briefinggespräche im Regelfall im Gebäude des Arbeitgebers am Flughafen durchgeführt, zu dem der Steuerpflichtige durch seinen Arbeitsvertrag zugewiesen wurde, sei dies ausreichend, um am Flughafen eine erste Tätigkeitsstätte zu begründen. Denn bei diesen Briefinggesprächen müssten bereits die wesentlichen Entscheidungen getroffen werden, zum Beispiel über die Betankung des Flugzeugs und die Flugroute.
Die verheirateten Kläger, ein Pilot und eine Flugbegleiterin, wollten Aufwendungen aus Fahrten von der Wohnung zu ihrem regelmäßigen Abflughafen und Verpflegungsmehraufwand sowie Übernachtungskosten im Zusammenhang mit diesen Fahrten im Rahmen des Werbungskostenabzugs nach Dienstreisegrundsätzen berücksichtigt wissen. Der Beklagte berücksichtigte die Fahrten von der Wohnung zum Flughafen jedoch lediglich mit der Entfernungspauschale. Die Kläger meineen, dass sie keine erste Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) besäßen und daher außerhalb ihrer Wohnung stets auswärts tätig seien. Der Beklagte ging dagegen davon aus, die Kläger seien dauerhaft zu einer ortsfesten Tätigkeitsstätte durch den Arbeitsvertrag beziehungsweise das Versetzungsschreiben zugeordnet. Ihre Tätigkeit beginne und ende an ihrem regelmäßigen Abflughafen.
Das FG folgte der Auffassung des Beklagten und wies die Klage als unbegründet ab. Der Beklagte habe die geltend gemachten zusätzlichen Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Flughafen sowie für die Verpflegung und Unterkunft im Rahmen dieser Fahrten zu Recht nicht berücksichtigt, da die Aufwendungen der Kläger für die Fahrten zwischen ihrem Wohnort und dem Flughafen mit der vom Beklagten bereits berücksichtigten Entfernungspauschale abgegolten seien.
Die Gebäude am Flughafen beziehungsweise die dort genutzten Briefingräume seien in den Streitjahren die erste Tätigkeitsstätte der Kläger gewesen. Dieser betrieblichen Einrichtung seien die Kläger auch dauerhaft und unbefristet zugeordnet. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Arbeitsverträgen. Auch seien die Kläger am Flughafen auch in dem erforderlichen Umfang tätig geworden. Relevant für die Beurteilung seien dabei nur die am Boden durchgeführten Tätigkeiten, während die Tätigkeiten, die im Flugzeug durchgeführt werden, nicht maßgeblich für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Absatz 4 EStG seien.
Die Kläger seien nach den einschlägigen OM-A verpflichtet, vor jedem Flug eine bestimmte Zeit vorher am Flughafen zu sein, um insbesondere Briefinggespräche durchzuführen. Für die Durchführung der Briefings seien am Flughafen spezielle Räume vorgesehen. Im Rahmen dieser Briefings müsse insbesondere die körperliche Verfassung der Flugbegleiter festgestellt und der Kenntnisstand der Crewmitglieder ermittelt werden. Diese Regelungen seien zwingend. Das FG ging letztlich davon aus, dass diese Briefings für die Tätigkeit der Kläger jeweils qualitativ von erheblicher sowie in Einzelfällen von lebenswichtiger Bedeutung seien, weil es darin auch um Sicherheitsaspekte gehe (wie etwa die Wetterlage, Flugroute, Menge des Sprits für den Flug, körperliche Verfassung des Personals). Deshalb sei diese Tätigkeit, auch wenn sie im Vergleich zur Flug- und sonstigen Umlaufzeit einen geringen zeitlichen Umfang beanspruche, ausreichend, um eine erste Tätigkeitstätte zu begründen.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Kläger haben Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Verfahren läuft beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI B 4/23.
Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 24.11.2022, 6 K 207/21, nicht rechtskräftig
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