Erledigung der Hauptsache bei Aussetzung der Vollziehung unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs

Rechtsgrundlagen:

§ 69 Abs. 3 FGO

§ 138 FGO

Fundstellen:

BFHE 98, 330 - 331

BStBl II 1970, 385

DStR 1970, 345 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz:

Die Hauptsache ist im gerichtlichen Verfahren über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht erledigt, wenn das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs bewilligt und daraufhin die Erledigung der Hauptsache anzeigt, der Antragsteller sich dieser Erklärung aber nicht anschließt.

Zusammenfassung:

Die Hauptsache ist im gerichtlichen Verfahren über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht erledigt, wenn das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs bewilligt und daraufhin die Erledigung der Hauptsache anzeigt, der Antragsteller sich dieser Erklärung aber nicht anschließt.

Tatbestand

1

Gleichzeitig mit der Einlegung der Revision hat der Kläger Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids beantragt. Nach Zustellung dieses Antrags hat das beklagte Finanzamt (FA) die Vollziehung des angefochtenen Bescheids "unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs gemäß § 242 AO" ausgesetzt und die Hauptsache des Aussetzungsverfahrens für erledigt erklärt. Der Kläger, dem dieser Schriftsatz mitgeteilt wurde, hat keine Erklärung abgegeben.

2

Die Hauptsache ist nicht erledigt (vgl. Beschluß III B 26/66 vom 21. Juni 1968, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 93 S. 212, BStBl II 1968, 742). Denn der Kläger hat gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO zulässigerweise die gerichtliche Anordnung beantragt, die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides auszusetzen. Ergeht eine solche Anordnung, so bindet sie die betroffene Verwaltungsbehörde; nur das Gericht der Hauptsache kann sie gemäß § 69 Abs. 3 Satz 5 FGOändern oder aufheben. Demzufolge kann ohne Zustimmung des Antragstellers ein solcher Antrag nur dann sich in der Hauptsache erledigen, wenn die betroffene Verwaltungsbehörde die Vollziehung vorbehaltlos aussetzt. Eine Aussetzung "unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs" erledigt dagegen nicht das Anliegen des Antragstellers, vor einer Vollziehung unabhängig von dem Standpunkt der Verwaltungsbehörde geschützt zu sein.

Entscheidungsgründe

3

Der Aussetzungsantrag ist begründet. Wegen des ihm zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf den Vorbescheid II R 135/68 vom heutigen Tage Bezug genommen; aus diesem ergeben sich auch die Gründe, welche zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2, Abs. 2 Satz 2 FGO) führen.

4

Die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids war daher unbeschadet des § 69 Abs. 3 Satz 5 FGO auszusetzen; die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.