Zuführungen des Arbeitgebers; Versorgungseinrichtung; Zukunftssicherungsleistungen; Eigene Rechtspersönlichkeit; Bildung durch Fonds des Arbeitgebers; Sondervermögen; Ausscheiden aus dem sonstigen Betriebsvermögen; Sicherung der dauernden Verwendung; Versorgungszweck

Rechtsgrundlagen:

§ 19 Abs. 1 EStG 1965

§ 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV 1965

Fundstellen:

BFHE 123, 37 - 45

BStBl II 1977, 761

DB 1977, 2123-2124 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz:

1. Zuführungen des Arbeitgebers an eine Versorgungseinrichtung (Zukunftssicherungsleistungen) können auch dann gegenwärtig zufließender Arbeitslohn der Arbeitnehmer sein, wenn die Versorgungseinrichtung keine eigene Rechtspersönlichkeit (z. B. als Stiftung oder sonstige juristische Person) besitzt, sondern durch einen Fonds (Versorgungsfonds, Pensionsfonds) des Arbeitgebers gebildet wird. Voraussetzung ist, daß das Fondsvermögen als Sondervermögen aus dem sonstigen Betriebsvermögen des Arbeitgebers ausgeschieden und seiner freien Verfügung entzogen ist, so daß eine dauernde Verwendung für die Versorgungszwecke gesichert ist.

2. Solche Zuführungen können auch im Umlagewege erfolgen und vom Arbeitgeber allein (ohne Beteiligung des Arbeitnehmers) erbracht werden. Ist der Arbeitgeber zu den Zuführungen nach der Satzung verpflichtet, so kommt es nicht darauf an, ob die Zuführungen für die künftigen satzungsmäßigen Leistungen erforderlich sind.

3. Werden die Zuführungen nach dem Arbeitslohn der versicherten Arbeitnehmer berechnet, so liegen keine sog. Pauschalzuweisungen vor (die nicht als Arbeitslohn angesehen werden könnten).

Tatbestand:

1

Die Stadt X, Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), hat sich in einem Tarifvertrag verpflichtet, ihre tarifgebundenen Angestellten und Arbeiter zum Zwecke der Alters-, Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsversorgung bei einer kommunalen Zusatzversorgungseinrichtung zu versichern. In Erfüllung dieser Verpflichtung hat die Klägerin eine eigene Zusatzversorgungskasse (ZVK) errichtet. Die ZVK ist eine rechtlich unselbständige Einrichtung der Stadt X (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Als Deckungsmassen für die Leistungen der Kasse und ihre Verwaltungskosten bestehen bei der Kasse ein Deckungsvermögen und ein Umlagevermögen (§ 69 Abs. 1 der Satzung). Das Deckungsvermögen und das Umlagevermögen bilden als Kassenvermögen gegenüber dem sonstigen Vermögen des Rechtsträgers der Kasse ein Sondervermögen, das nur für die im Bereich der Kasse entstehenden Verbindlichkeiten des Rechtsträgers haftet (§ 69 Abs. 4 der Satzung). Im Falle der Auflösung der Kasse ist das Vermögen in erster Linie für die Leistungsempfänger und ihre Angehörigen, danach für die Zwecke der Alters- und Hinterbliebenenversorgung der vorhandenen Versicherten zu verwenden (§ 9 Abs. 2 der Satzung). Das Deckungsvermögen wird aus dem im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung vorhandenen Vermögen der ZVK, aus den Pflichtbeiträgen und den Beiträgen zur freiwilligen Weiterversicherung gebildet. Das Umlagevermögen wird aus den Umlage- und den Ausgleichsbeträgen gebildet (§ 69 Abs. 2 und 3 der Satzung). Die aus dem Deckungsvermögen zu zahlenden Leistungen der ZVK sind in § 70 Abs. 1 der Satzung im einzelnen aufgezählt. Alle übrigen Leistungen der Kasse und die Verwaltungskosten sind nach Abs. 2 dieser Vorschrift aus dem Umlagevermögen aufzubringen. Als übrige Leistungen kommen in Betracht:

2

Versorgungsrenten nach § 31 Abs. 1 der Satzung und die entsprechenden Abfindungsbeträge; Kinderzuschläge; Härteausgleich; außerdem andere freiwillige Leistungen (Weihnachtszuwendungen an Rentenempfänger und Beihilfen in Krankheits- und Todesfällen) nach Beschlußfassung durch den Gemeinderat außerhalb der ZVK-Satzung.

3

Der Pflichtbeitrag setzt sich aus einem Arbeitgeberanteil und einem Arbeitnehmeranteil zusammen. Die Umlagen werden vom Arbeitgeber allein getragen (§ 63 der Satzung). Nach § 71 der Satzung ist der Umlagesatz jeweils für einen Deckungsabschnitt von zehn Jahren durch die ZVK nach versicherungsmathematischen Grundsätzen auf der Grundlage der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte so festzusetzen, daß die für den Dekkungsabschnitt zu entrichtenden Umlagen zusammen mit dem Umlagevermögen voraussichtlich ausreichen, die Ausgaben für den Deckungsabschnitt und zwei weitere Jahre zu decken. Die Verwaltungskosten sind für die Bemessung des Umlagesatzes in Höhe von 0,15 v. H. der Arbeitsentgelte der Pflichtversicherten anzusetzen. Der erste Deckungsabschnitt, für den ein Umlagesatz von 3 v. H. festgesetzt war, begann am 1. Januar 1967.

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Die Klägerin behielt in den Streitjahren 1967 bis 1970 Lohnsteuer nur für die Pflichtbeiträge, nicht aber für die Umlagen ein. Mit Haftungsbescheid forderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) u. a. Lohnsteuer für die Umlagen sowie darauf entfallende evangelische und römisch-katholische Kirchenlohnsteuer nach. Die Lohnsteuer hat das FA mit 8 v. H. der Umlage, die Kirchenlohnsteuer bis zum 31. Dezember 1969 mit 9 v. H. und vom 1. Januar 1970 an mit 7 v. H. der Lohnsteuer angesetzt.

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Während des nach erfolglosem Einspruch eingeleiteten Klageverfahrens setzte das FA mit berichtigtem Haftungsbescheid den Gesamthaftungsbetrag herab. Die Änderungen betrafen nicht die Versteuerung der Umlage. Die Klägerin erklärte gemäß § 68 FGO den berichtigten Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens vor dem FG ...

6

Das FG wies die Klage ab. Es führte u. a. aus: Auch die Umlagebeträge seien den Arbeitnehmern als Arbeitslohn, nämlich als Ausgaben der Klägerin für ihre Zukunftsicherung zugeflossen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV), da sich die Sache wirtschaftlich so darstelle, als ob die Klägerin ihnen einen Betrag zur Verfügung gestellt habe, den sie selbst als ihnen zugeflossenes Einkommen zum Erwerb einer Zukunftsicherung verwendet hätten. Die Arbeitnehmer hätten auf die Leistungen aus der ZVK klare Rechtsansprüche gehabt. Die ZVK sei zwar kein rechtsfähiges Gebilde, sondern nur eine rechtlich unselbständige Einrichtung der Klägerin. Ihre Verfassung entspreche aber derjenigen rechtsfähiger Pensionskassen ...

7

Die Annahme des Zuflusses werde nicht dadurch beeinflußt, daß nur Pflichtbeiträge und Beiträge zur freiwilligen Weiterversicherung bei Nichtinanspruchnahme von Versorgungsleistungen erstattet würden und daß beim Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber nur diese Beiträge auf eine andere Zusatzversorgungseinrichtung übergeleitet würden (Urteil des RFH vom 10. Februar 1939 IV 153/37, RStBl 1939, 741). Auch die Tatsache, daß die Versorgungsrente von einer Mindestdauer monatlicher Beitragszahlungen abhängig sei, beeinflusse nicht die Lohnsteuerpflicht der Umlagezuführungen. Denn die Gesamtversorgung könne auf die Dauer nicht allein aus dem Deckungsvermögen finanziert werden.

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...

9

Mit der Revision rügt die Klägerin Verfahrensmängel und Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG. Sie trägt u. a. vor: Zuführungen an rechtlich unselbständige Versorgungseinrichtungen könnten nicht wie Zuführungen an selbständige Pensionskassen beurteilt werden. Nach der maßgebenden Gemeindeordnung könne nur der Gemeinderat der Stadt X über das Kassenvermögen der ZVK verfügen. Satzungsänderungen stünden ausschließlich dem Gemeinderat zu. Die vorgesehene Anhörung des Verwaltungsrates schränke die alleinige Entscheidungsbefugnis des Gemeinderates nicht ein. Hinzu komme, daß die Stadt X unmittelbar für die den versorgungsberechtigten Arbeitnehmern zustehenden Leistungen hafte. Bei rechtlich selbständigen Zusatzversorgungskassen (insbesondere bei den sogenannten Gebietskassen) bestehe eine solche Haftung nicht oder nur insoweit, als eine Nachschußpflicht der einzelnen beteiligten Arbeitgeber festgelegt sei. Bei rechtlich selbständigen Versorgungskassen hätten die kommunalen Arbeitgeber mit den ordnungsgemäßen Zahlungen der Versicherungsbeiträge sowie Umlagen ihre tarifvertragliche Versorgungspflicht abschließend erfüllt; bei rechtlich unselbständigen Zusatzversorgungskassen könne dies nur insoweit der Fall sein, als den Versorgungsberechtigten die zustehenden Kassenleistungen tatsächlich zuflössen...

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Bis zum 31. Dezember 1973 seien solche Versorgungskassen nach dem hier maßgebenden Gemeindewirtschaftsrecht in die allgemeine städtische Haushalts- und Vermögensrechnung eingegliedert gewesen. Erst ab 1. Januar 1974 sehe die Neufassung der Gemeindeordnung vor, daß rechtlich unselbständige Versorgungs- und Versicherungseinrichtungen für Bedienstete der Gemeinden ein Sondervermögen seien, für das ein besonderer Haushaltsplan aufzustellen und eine Sonderrechnung zu führen sei. Die gegenteiligen Feststellungen in den Entscheidungsgründen des FG müßten als das Ergebnis einer unzureichenden Beweiserhebung und fehlerhaften Beweiswürdigung angesehen werden.

11

Es entspreche nicht wirtschaftlicher Betrachtungsweise, wenn das FG davon ausgehe, daß allein schon die den Bediensteten garantierte Anwartschaft auf eine bestimmte Zukunftsicherung ausreiche, um alle dazu bereitgestellten Deckungsmittel und Rücklagen als gegenwärtig zugeflossenen Arbeitslohn zu bewerten. Die bisherigen Umlagezuführungen seien nicht erforderlich gewesen, weil die garantierte Zukunftsicherung schon durch die Beiträge, das schon vor Inkrafttreten des geltenden Versorgungstarifvertrages angesammelte und übergeleitete alte Beitragsvermögen sowie aus den laufenden Zinserträgen dieser Vermögensanlagen ausreichend gewährleistet sei. Eine entsprechende Angleichung oder vollständige Einstellung der Umlagezuführungen sei zunächst deshalb unterblieben, weil die Klägerin über das angesammelte Vermögen ihrer unselbständigen Kasse in eigener Zuständigkeit verfüge. Weder FA noch FG hätten dargelegt und nachgewiesen, welche bestimmten Ansprüche durch die Umlagezuführungen bewirkt würden. Nach dem Tarifvertrag bestehe entgegen der Darstellung des FG keine Verpflichtung, neben dem Pflichtbeitrag eine Zulage von 3 v. H. aufzubringen. Nach dem Tarifvertrag habe die Stadt lediglich im Wege der Umlagezuführungen sicherzustellen, daß für alle fälligen Versorgungsleistungen einschließlich der von Fall zu Fall beschlossenen freiwilligen Leistungen und für den Verwaltungsaufwand ausreichende Dekkungsmittel zur Verfügung stünden. Die Zuführungen der Stadt müßten deshalb als Rücklagen des Arbeitgebers zur Deckung eines künftigen Versorgungsaufwandes angesehen werden....

12

Es handele sich deshalb um Aufwendungen des Arbeitgebers an eine Rückdeckungsversicherung.

13

Im Urteil vom 28. März 1958 VI 233/56 S (BFHE 66, 701, BStBl III 1958, 268) habe der BFH entschieden, daß Pauschalzuweisungen eines Arbeitgebers an eine angegliederte selbständige Unterstützungs- oder Versorgungskasse kein Arbeitslohn seien. Auch im Streitfall seien die Umlagezuführungen Pauschalzuweisungen. Als solche seien (u. a. auch nach dem BFH-Urteil vom 7. Juli 1972 VI R 116/69, BFHE 107, 11, BStBl II 1972, 890) Geldzuführungen anzusehen, die keine Rechtsansprüche auf bestimmte spätere Versorgungsleistungen bewirkten. ...

14

Die bisherige Regelung der Umlagezuführungen könne dadurch geändert werden, daß das Nachdeckungsverfahren eingeführt werde. Ab 1974 werde sie, die Stadt, dementsprechend nur noch die tatsächlich entstandenen, nicht beitragsbezogenen Aufwendungen der ZVK durch nachfolgende Umlagezuführungen decken. Ein dazu erforderlicher Beschluß über die Änderung der Satzung bedürfe nicht der Mitwirkung und Zustimmung der Tarifpartner. Bei Einführung eines solchen Nachdeckungsverfahrens werde das gesamte bei der ZVK bisher angesammelte Umlagevermögen nicht mehr benötigt. Sie sei also nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, das angesammelte Umlagevermögen aufzulösen und für andere Zwecke außerhalb der ZVK zu verwenden.

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...

16

Die vom FA vorgenommene Pauschalbesteuerung sei mit den Vorschriften des § 42 a EStG und des § 35 b LStDV nicht vereinbar. Aus den bisherigen Leistungen der ZVK, die mit den Umlagezuführungen zu decken waren, hätte sich bei den einzelnen Leistungsempfängern (Rentnern) nach § 32 LStDV in nahezu allen Fällen kein Lohnsteuerabzug ergeben. Indem das FA für die Umlagezuführungen eine Pauschalbesteuerung vornehme, während die Beiträge der einzelnen Arbeitnehmer zur ZVK als Bestandteile des Bruttoarbeitslohnes dem Lohnsteuerabzug unterworfen würden, erkenne das FA selbst an, daß beide Leistungen steuerlich unterschiedlich zu beurteilen seien.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

18

Die Zuführungen der Klägerin an die ZVK sind, auch soweit sie im Wege der Umlage erfolgen, gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, von dem die Klägerin zur Einbehaltung der Lohnsteuer verpflichtet war (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV 1965 und 1970). Es entspricht, wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat, ständiger Rechtsprechung, daß im einzelnen Fall nach allgemeinen Grundsätzen festgestellt werden muß, ob Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftsicherung gegenwärtig zufließender Arbeitslohn für die Arbeitnehmer sind (BFH-Urteil vom 31. Oktober 1957 VI 1/54 U, BFHE 66, 8, BStBl III 1958, 4). Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftsicherung sind dann gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, wenn sich die Sache - wirtschaftlich betrachtet - so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Beträge zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Erwerb einer Zukunftsicherung verwendet hätte. Die Annahme gegenwärtig zufließenden Arbeitslohnes setzt insbesondere voraus, daß der Arbeitnehmer durch die Ausgaben des Arbeitgebers schon im Zeitpunkt der Ausgabe einen unentziehbaren Rechtsanspruch erwirbt und daß er der Zukunftsicherung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 LStDV; BFH-Urteile VI 1/54 U; vom 13. April 1976 VI R 216/72, BFHE 119, 247, BStBl II 1976, 694; vom 13. April 1976 VI R 87/73, BFHE 119, 149, BStBl II 1976, 599). Kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, sondern eine Versorgungszusage liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Versorgung aus eigenen, erst im Zeitpunkt der Zahlung bereitzustellenden Mitteln zusagt; in diesem Falle unterliegen erst die späteren aufgrund der Zusage geleisteten Versorgungszahlungen der Lohnsteuer (z. B. BFH-Urteil vom 25. Oktober 1968 VI R 33/66, BFHE 94, 445, BStBl II 1969, 187). Hieran hält der Senat fest.

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I.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß eine Versorgungszusage nicht vorliegt, soweit Versorgungsleistungen aus dem Deckungsvermögen zu erbringen und Pflichtbeiträge zum Deckungsvermögen zu leisten sind. Eine Versorgungszusage liegt entgegen der Auffassung der Klägerin auch insoweit nicht vor, als Verpflichtungen der ZVK aus dem Umlagevermögen zu erfüllen sind und Zuführungen zum Umlagevermögen der ZVK im Umlagewege erfolgen. Zwar besitzt die ZVK keine eigene bürgerlich-rechtliche Rechtspersönlichkeit (z. B. als Stiftung oder sonstige juristische Person). Das FG ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, daß gegenwärtig zufließender Arbeitslohn auch dann vorliegen kann, wenn der Arbeitgeber einen besonderen Fonds (Versorgungsfonds, Pensionsfonds) gebildet hat, sofern das Fondsvermögen als Sondervermögen aus dem sonstigen Betriebsvermögen des Arbeitgebers ausgeschieden und dessen freier Verfügung entzogen ist, so daß eine dauernde Verwendung für die Versorgungszwecke gesichert ist (RFH-Entscheidung vom 14. Januar 1932 VI A 1951/31, RStBl 1932, 294; Kommentar von Oeftering-Görbing, Das gesamte Lohnsteuerrecht, § 19 Anm. 279 - Lieferung November 1975 -). Entsprechend dieser vom Senat geteilten Auffassung sind Zuwendungen an einen solchen Fonds ebenso zu beurteilen, als wenn ein Arbeitgeber Beiträge an eine Versorgungseinrichtung mit eigener bürgerlich-rechtlicher Rechtspersönlichkeit oder an eine Versicherungsgesellschaft entrichtet hätte. Die ZVK der Klägerin entspricht diesen Voraussetzungen. Zutreffend hat die Vorinstanz auf § 69 Abs. 4 der Satzung hingewiesen, die vorschreibt, daß Deckungsvermögen und Umlagevermögen als Kassenvermögen gegenüber dem sonstigen Vermögen des Rechtsträgers der Kasse ein Sondervermögen bilden, das nur für die im Bereich der Kasse entstehenden Verbindlichkeiten des Rechtsträgers haftet. Wesentlich ist des weiteren die Vorschrift des § 9 Abs. 2 der Satzung, nach der im Falle der Auflösung der Kasse das Vermögen in erster Linie für die Leistungsempfänger und ihre Angehörigen, danach für die Zwecke der Alters- und Hinterbliebenenversorgung der vorhandenen Versicherten zu verwenden ist. Diese Grundsätze gelten für das Deckungsvermögen gleicherweise wie für das Umlagevermögen.

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Die Satzung der ZVK ist in Erfüllung des auch von der Klägerin abgeschlossenen Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer kommunaler Verwaltungen und Betriebe vom Gemeinderat beschlossen worden. Der Tarifvertrag sieht für die Klägerin bindende Verpflichtungen vor, ihre Angestellten und Arbeiter bei einer kommunalen Zusatzversorgungseinrichtung zu versichern. Durch diese Verpflichtungen, die ihren Niederschlag u. a. in den vorgenannten Satzungsbestimmungen gefunden haben, ist in hinreichendem Maße sichergestellt, daß das Kassenvermögen in wirtschaftlichem Sinne als Sondervermögen aus dem sonstigen Vermögen der Klägerin ausgeschieden und deren freier Verfügung entzogen, ferner daß eine dauernde Verwendung für die Versorgungszwecke gesichert ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gemeinderat, wie die Klägerin meint und das FA bestreitet, rechtlich in der Lage ist, die Satzung zu ändern. Jedenfalls gestattet es der Klägerin die Bindung durch den Tarifvertrag praktisch nicht, die grundsätzliche Zweckbindung des ZVK-Vermögens aufzuheben. Die rechtlichen Ansprüche, die den Gewerkschaften aus dem Tarifvertrag zustehen, zusammen mit den Befugnissen des Personalrates stellen - wirtschaftlich gesehen - eine ausreichend starke Garantie für die Einhaltung der grundsätzlichen Satzungsbestimmungen dar. Dies wird, soweit das Deckungsvermögen betroffen ist, auch von der Klägerin selbst nicht in Frage gestellt; denn sie hat gegen die lohnsteuerliche Erfassung der Pflichtbeiträge keine Einwendungen erhoben.

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Die Klägerin erwähnt selbst andere kommunale Rechtsträger, die Mitglied rechtlich selbständiger kommunaler Zusatzversorgungskassen geworden sind. Es ist nicht zweifelhaft, daß die Zuführungen der Mitglieder an diese selbständigen Zusatzversorgungskassen, soweit auch die weiteren Voraussetzungen vorliegen, gegenwärtig zufließender Arbeitslohn sind. Würde man Zuführungen an die ZVK der Klägerin anders beurteilen, so würde sich eine unterschiedliche lohnsteuerliche Behandlung für Zukunftsicherungsaufwendungen kommunaler Körperschaften ergeben, die in Erfüllung desselben Tarifvertrages geleistet werden und die dem gleichen Sicherungszweck dienen. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, daß die ZVK der Klägerin, auch soweit das Umlagevermögen betroffen ist, nicht anders beurteilt werden kann als eine selbständige Zusatzversorgungseinrichtung.

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II.

Ohne Verfahrensverstoß hat die Vorinstanz festgestellt, daß den Arbeitnehmern der Klägerin auch mit den Umlagezuführungen an die ZVK unentziehbare Rechtsansprüche auf spätere Versicherungsleistungen oder versicherungsähnliche Leistungen gewährt werden. Nach der Satzung sind aus dem Umlagevermögen die Verwaltungskosten zu bestreiten. Ohne den notwendigen Verwaltungsaufwand kann eine Versorgungseinrichtung nicht arbeiten. Verwaltungskosten fallen auch nicht erst an vom Zeitpunkt des Beginnes der Zahlung von Versorgungsleistungen, sondern bereits mit der Leistung des Umlagebeitrages, der als Vermögen verwaltet werden muß. Die Verwaltungskosten sind somit eine unverzichtbare Folge des Bestehens eines Versicherungsverhältnisses. Deshalb müssen die Teile der Umlage, die zur Dekkung der Verwaltungskosten bestimmt sind, bereits im Zeitpunkt des Zuflusses an die ZVK zu den Ausgaben des Arbeitgebers zur Zukunftsicherung der Arbeitnehmer und damit zum steuerpflichtigen Arbeitslohn der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt gerechnet werden. Darüber hinaus werden aus den Umlagezuführungen, wie das FG ausgeführt hat, die Versorgungsrenten nach § 31 Abs. 1 der Satzung und die entsprechenden Abfindungsbeträge sowie die Kinderzuschläge finanziert. Dies sind Bestandteile der späteren Versorgung, auf die die Arbeitnehmer bereits mit der Zuführung der Umlagebeträge einen Rechtsanspruch erwerben.

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Lediglich die ebenfalls aus dem Umlagevermögen zu zahlenden Beträge für Härteausgleich, den die ZVK nach § 51 Abs. 1 der Satzung zur Vermeidung besonderer Härten im Einzelfall ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches widerruflich bewilligen kann, und andere freiwillige Leistungen (Weihnachtszuwendungen, Zuwendungen in Krankheits- und Todesfällen), die nach Beschlußfassung durch den Gemeinderat bewilligt werden, erfolgen ohne Rechtsanspruch. Diese Tatsache kann jedoch die einheitliche Beurteilung der Umlagezuführungen nicht beeinflussen. Es handelt sich lediglich um ergänzende Leistungen, deren Gewicht im Verhältnis zu den anderen aus der Umlage zu finanzierenden Aufwendungen (insbesondere den Verwaltungskosten) unbedeutend ist. Zudem ist es nicht unüblich, daß Versicherungseinrichtungen über die Leistungen hinaus, auf die ein unentziehbarer Rechtsanspruch besteht, noch sogenannte freiwillige Leistungen in Härte- oder Notfällen vorsehen. So gewähren private Krankenversicherungen oft Zuschüsse zu Heilkuren usw. auf freiwilliger Basis. Durch derartige ergänzende, auf freiwilliger Basis erbrachte Leistungen wird der Charakter der Versorgungseinrichtung nicht entscheidend bestimmt oder verändert.

24

Der Einwand der Klägerin, das Umlagevermögen sei weder zur Erbringung der Versorgungsleistungen noch zur Deckung der Verwaltungskosten erforderlich gewesen, da das Deckungsvermögen hierzu bereits ausgereicht hätte, greift nicht durch. Tatsächlich waren die oben bezeichneten Aufwendungen nach der Satzung aus dem Umlagevermögen zu erbringen. Der steuerlichen Beurteilung muß der tatsächliche Sachverhalt zugrunde gelegt werden. Die Besteuerung kann nicht an einen fiktiven Sachverhalt, der vielleicht auch denkbar gewesen wäre, anknüpfen. Aus diesem Grunde kommt auch dem Vorbringen der Klägerin, sie könne jederzeit zum sogenannten Nachdeckungsverfahren übergehen, keine Bedeutung zu. Abgesehen davon, ob nach Einführung des Nachdeckungsverfahrens überhaupt eine andere rechtliche Beurteilung Platz greifen könnte, muß der Entscheidung das in den Streitjahren 1967 bis 1970 praktizierte Umlageverfahren zugrunde gelegt werden; denn das Nachdeckungsverfahren war jedenfalls in diesem Zeitraum noch nicht eingeführt worden.

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III.

Der Einwand der Klägerin, daß es sich bei den Umlagezuführungen um Pauschalzuweisungen handele, die keine Beziehung zum Arbeitslohn des einzelnen versicherten Arbeitnehmers hätten, greift nicht durch. Die Umlagesätze werden, wie die Vorinstanz festgestellt hat, nach § 71 der Satzung jeweils für 10 Jahre nach versicherungsmathematischen Grundsätzen auf der Grundlage der beitragspflichtigen Arbeitsentgelte festgesetzt. Ab 1. Januar 1967 ist ein Umlagesatz von 3 v. H. bestimmt worden. Für die Umlage besteht somit ein unmittelbarer enger Zusammenhang mit den Arbeitslöhnen der versicherten Arbeitnehmer. In diesem Punkte besteht ein wesentlicher Unterschied zu dem Sachverhalt der Entscheidung des Senats vom 13. August 1975 VI R 144/72 (BFHE 116, 509, BStBl II 1975, 749). Die dort an eine Betriebskrankenkasse gewährten Zuwendungen des Arbeitgebers, die nach der Entscheidung des Senats nicht der Lohnsteuer zu unterwerfen waren, waren der Höhe nach nicht an den Arbeitslöhnen, sondern an dem Fehlbedarf der Kasse ausgerichtet. Im Streitfall dagegen liegt eine solche Pauschalzuweisung nicht vor, weil der Anteil des einzelnen Arbeitnehmers sich genau ermitteln läßt (vgl. auch Urteil VI 1/54 U). Auch mit dem Sachverhalt des Gutachtens vom 27. März 1958 VI D 1/57 S (BFHE 66, 670, BStBl III 1958, 258) ist der des Streitfalles nicht vergleichbar. Im Falle des Gutachtens waren Aufstockungszahlungen zum Ausgleich von Währungsverlusten im Umlageverfahren erbracht worden, um auch nach der Währungsumstellung Rentenleistungen in angemessener Höhe zu ermöglichen. Im Streitfall geht es demgegenüber um die unmittelbare Finanzierung der satzungsgemäßen Leistungen, ohne daß ein Vermögensverfall eingetreten wäre.

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IV.

Die weitere Voraussetzung für die Annahme gegenwärtig zufließenden Arbeitslohnes, daß die Arbeitnehmer der Zukunftsicherungsmaßnahme ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt haben müssen, ist im Streitfall offensichtlich gegeben, da kein Beteiligter diese Voraussetzung in Frage gestellt hat.

27

V.

Die Klägerin kann mit ihrer Verfahrensrüge der mangelnden Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht durchdringen. Soweit sie sich gegen die Feststellung der Vorinstanz wendet, das ZVK-Vermögen sei ein selbständiges Sondervermögen, trägt die Klägerin lediglich eine andere Würdigung des Sachverhaltes vor. Die Feststellungen der Vorinstanz, die frei von Widersprüchen und Verstößen gegen die Denkgesetze und die Lebenserfahrung sind, sind deshalb für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO).

28

VI.

Die Klägerin beanstandet den vom FA zugrunde gelegten Steuersatz von 8 v. H. für die Lohnsteuer und von 9 v. H. bzw. ab 1. Januar 1970 7 v. H. der Lohnsteuer für die Kirchensteuer. Sie wendet ein, für die bisherigen Leistungen, die aus den Umlagezuführungen gedeckt werden, würde sich bei den Leistungsempfängern nach § 32 LStDV in nahezu allen Fällen kein Lohnsteuerabzug ergeben. Dieser Einwand geht indessen davon aus, daß nicht die Umlagezuführungen als gegenwärtig zufließender Arbeitslohn angesehen und versteuert, sondern daß statt dessen die Leistungen aus der ZVK dem Lohnsteuerabzug unterworfen werden. Wenn - entsprechend der Entscheidung des Senats - die Zuführungen dem Arbeitslohn der Arbeitnehmer hinzugerechnet werden, so spricht eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß sich für die einzelnen Anteile der Arbeitnehmer eine Lohnsteuer ergibt, da die anteiligen Zuführungen auf den im übrigen von den Arbeitnehmern verdienten und versteuerten Arbeitslohn aufzustocken wären.

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Die Klägerin meint des weiteren, daß das FA eine Pauschbesteuerung vorgenommen habe. Hierfür finden sich keine Anhaltspunkte. Das FA hat vielmehr offensichtlich eine Schätzung vorgenommen, zu der es mangels Beibringung entsprechender Unterlagen durch die Klägerin nach § 217 der Reichsabgabenordnung berechtigt war. Es wäre Aufgabe der Klägerin gewesen, durch Einreichen repräsentativer Unterlagen und Berechnungen nachzuweisen, daß der sich auf der Grundlage des § 32 LStDV ergebende durchschnittliche Steuersatz niedriger war als der vom FA zugrunde gelegte Satz. Inwieweit etwa dem FA Schätzungsfehler unterlaufen wären, hat die Klägerin bisher nicht dargetan.