Landwirtschaftlicher Betrieb; Annerkennung der Mitunternehmerschaft; Gesellschaftsvertrag; Durchführung eines Gesellschaftsvertrags

Verfahrensgang:

vorgehend:

Niedersächsisches FG

Rechtsgrundlagen:

§ 13 EStG

§ 15 EStG

Fundstellen:

BFHE 136, 537 - 542

BStBl II 1983, 73

StBp 2007, 18

Amtlicher Leitsatz:

Gehört der von Eheleuten bewirtschaftete landwirtschaftliche Hof einem Ehegatten allein, so kann eine Mitunternehmerschaft zwischen ihnen nur anerkannt werden, wenn sie ernsthaft und klar einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und tatsächlich durchgeführt haben.

Tatbestand:

1

Die Kläger haben 1969 geheiratet. Jeder Ehegatte hat einen landwirtschaftlichen Hof in die Ehe eingebracht. Der Hof des Ehemannes wurde verpachtet, der größere Hof der Ehefrau (landwirtschaftliche Nutzfläche 27 ha) wurde gemeinsam bewirtschaftet. Aus Anlaß der Eheschließung ist zwischen den Klägern ein Erbvertrag geschlossen worden. Darin war vorgesehen, daß ein Dritter Erbe der Ehefrau sein, der Ehemann aber beim Tode der Ehefrau den Nießbrauch an dem Hof erhalten solle. Geldbeträge, die er in den Hof stecke, sollten durch den Nießbrauch abgegolten sein; bei Scheidung der Ehe oder früherem Tod des Ehemannes sollten die Beträge zurückerstattet werden. In einer ergänzenden Vereinbarung wurde 1970 festgelegt, daß die vom Ehemann investierten Beträge im Falle seines Todes an zwei Brüder zurückgezahlt werden sollten, und zwar nach den Preisen gleichwertigen Landes, das der Kläger zur Finanzierung der Investitionen verkauft habe.

2

Die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft wurden in den Steuererklärungen als Einkünfte des Ehemannes bezeichnet, soweit hierzu überhaupt Angaben gemacht worden sind. Der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft wurde bei den Veranlagungen einschließlich des Wirtschaftsjahres 1972/73 nach Durchschnittsätzen berechnet. Zum 1. Juli 1973 ist der Ehemann zur Buchführung aufgefordert worden. Da keine Buchführung eingerichtet wurde, hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) den Gewinn ab diesem Zeitpunkt geschätzt. In den Einkommensteuerveranlagungen für 1974 und 1975 wurde das Schätzungsergebnis als Gewinn des Ehemannes bezeichnet. Die Einkommensteuerveranlagungen sind bis einschließlich 1974 bestandskräftig.

3

Im Jahre 1978 machten die Kläger erstmals geltend, daß zwischen ihnen hinsichtlich des Hofes der Ehefrau ein Gesellschaftsverhältnis bestehe. Das sei bisher übersehen worden. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag sei zwar nicht abgeschlossen worden, doch hätten sie ein solches Gesellschaftsverhältnis gewollt und auch durchgeführt. Der Ehemann habe sich durch Kapitaleinlagen am Gesellschaftsvermögen beteiligt. Er habe seine Arbeitskraft in den Dienst des Betriebes gestellt.

4

Das FA lehnte die beantragte gesonderte Gewinnfeststellung für die Streitjahre 1972 bis 1976 ab, weil ein Gesellschaftsverhältnis weder vereinbart noch vollzogen worden sei.

5

Nach erfolglosem Einspruch machten die Kläger mit der Klage geltend, daß sie von vornherein die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses gewollt hätten; das ergebe sich aus den gelegentlich der Eheschließung abgeschlossenen Verträgen.

6

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.

7

Mit der Revision machen die Kläger geltend, als Mitunternehmer eines Betriebes sei ertragsteuerrechtlich anzusehen, wer unternehmerische Initiative entfalten könne, wer das Geschäftsrisiko eines Betriebes zu tragen habe und wer am Vermögen und den stillen Reserven des Betriebes beteiligt sei. Diese von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Merkmale lägen in ihrem Falle für beide Eheleute vor.

8

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die einheitlichen Gewinnfeststellungen für die Streitjahre entsprechend den Steuererklärungen durchzuführen.

9

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet.

11

Das FG hat mit zutreffender Begründung eine Mitunternehmerschaft zwischen den Klägern für die Streitjahre verneint und die Ehefrau als Alleinunternehmerin des landwirtschaftlichen Betriebes angesehen.

12

1. Unternehmer einer Land- und Forstwirtschaft ist derjenige, der sie betreibt, d. h., auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird. Das gilt auch dann, wenn nach außen ein anderer als Inhaber des Betriebes in Erscheinung tritt, weil er ihn -- z. B. als Verwalter -- bewirtschaftet. Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, der auf die Nutzung des Grund und Bodens durch Fruchtziehung gerichtet ist, geht auf Rechnung und Gefahr dessen, dem die Nutzungen dieses der Landwirtschaft dienenden Vermögens durch Verwertung der Früchte zustehen; denn auf dessen Risiko wird die Landwirtschaft betrieben. In der Regel ist das der Eigentümer des landwirtschaftlichen Grundbesitzes, falls er nicht aufgrund steuerrechtlich anzuerkennender Rechtsbeziehungen die Nutzungen dieses Vermögens einem anderen überlassen oder mit einem anderen teilen muß. Solche beachtlichen Rechtsbeziehungen können einerseits ein Pachtvertrag oder ein sonstiger Überlassungsvertrag oder andererseits ein Gesellschaftsvertrag sein. Besteht kein Vertragsverhältnis der genannten Art, nach dem ein anderer als der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Hofes berechtigt oder mitberechtigt ist, die Nutzungen des der Landwirtschaft dienenden Grund und Bodens zu ziehen, so sind dem Eigentümer allein die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen, auch wenn er den Betrieb nicht selbst führt, sondern durch einen anderen führen läßt.

13

Unternehmer eines landwirtschaftlichen Betriebes kann danach nicht der Ehemann sein, wenn er ohne besondere Rechtsbeziehungen im obigen Sinne den landwirtschaftlichen Hof seiner Frau bewirtschaftet und nach außen hin als Inhaber des Betriebes in Erscheinung tritt. Das Vorliegen eines Überlassungsvertrages zwischen den Eheleuten kann in einem solchen Fall auch nicht unterstellt werden, wenn keine eindeutigen und ernsthaften Vereinbarungen darüber bestehen, daß die Ehefrau als Eigentümerin des Hofes selbst auf die Nutzungen verzichten und sie in voller Höhe dem Ehemann überlassen wollte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 17. Juli 1975 IV R 119/74, BFHE 116, 359, BStBl II 1975, 770).

14

2. Ist aber in der Land- und Forstwirtschaft -- wie oben ausgeführt -- bei der Feststellung des Unternehmers grundsätzlich vom Eigentum am land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitz auszugehen, so ergibt sich daraus, daß entweder der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz den Eheleuten gemeinsam gehört, z. B. aufgrund einer bestehenden ehelichen Gütergemeinschaft, oder jedem Ehegatten ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes zu Alleineigentum gehört, und die Eheleute in der Landwirtschaft gemeinsam arbeiten, eine Mitunternehmerschaft, ohne daß Vereinbarungen über ein Gesellschaftsverhältnis vorliegen müssen. Die Mitunternehmerschaft ist hier in der wirtschaftlichen Zweckgemeinschaft begründet, zu der sich die Eheleute durch den gemeinsamen Einsatz und die gemeinsame Bearbeitung ihres beiderseitigen landwirtschaftlichen Grundvermögens zum Zwecke der gemeinsamen Erzielung von Gewinn, meist in Form einer Innengesellschaft, zusammengeschlossen haben. Im Urteil vom 27. Februar 1962 I 140/61 U (BFHE 74, 574, BStBl III 1962, 214) vertritt daher der BFH den Standpunkt, daß Eheleute, wenn sie gemeinsam einen nach Durchschnittsätzen zu besteuernden landwirtschaftlichen Betrieb auf Grundstücken bewirtschaften, die zu einem wesentlichen Teil teils dem einen, teils dem anderen Ehegatten gehören, als Mitunternehmer zu behandeln sind. Als Voraussetzung ist neben der Mitarbeit angesehen worden, daß jeder Ehegatte dem Betrieb Grundstücke zur Verfügung gestellt hat, die mehr als 20 v. H. des gemeinen Werts des Hofes ausmachen. Noch deutlicher heißt es in dem dem Urteil vom 10. Mai 1960 I 14/60 U (BFHE 71, 206, BStBl III 1960, 326) vorangestellten Leitsatz, der den Inhalt des Urteils zutreffend wiedergibt:

15

"Wenn in Gütertrennung lebende Ehegatten unter Einsetzung ihres beiderseitigen erheblichen Vermögens gemeinsam einen landwirtschaftlichen Betrieb erwerben, gemeinsam als Eigentümer im Grundbuch und in der Höferolle eingetragen werden und beide in angemessenem Rahmen in dem landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeiten, so kann in der Regel angenommen werden, daß zwischen ihnen eine Gemeinschaft zur Nutzung des landwirtschaftlichen Vermögens besteht. In diesem Fall ist jedem Ehegatten ein angemessener Teil des landwirtschaftlichen Gewinns zuzurechnen, auch wenn besondere Vereinbarungen über eine Betriebsgemeinschaft und die Verteilung der Einkünfte fehlen." Andere Möglichkeiten der Mitunternehmerschaft, ohne ausdrückliche Vereinbarung eines Gesellschaftsverhältnisses hinsichtlich des landwirtschaftlichen Betriebes, z. B. für den Fall, daß ein Ehepartner den landwirtschaftlichen Hof und der andere seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt, hat die Rechtsprechung in der Land- und Forstwirtschaft nicht anerkannt. Der Senat hält daran fest.

16

3. Die dargelegte Möglichkeit der Mitunternehmerschaft ohne ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag scheidet im Streitfall aus, da der landwirtschaftliche Grundbesitz der Ehefrau allein gehört. Die Ehefrau war schon vor der Eheschließung im Jahre 1969 Inhaberin des landwirtschaftlichen Betriebes. Da zwischen den Eheleuten nach der Eheschließung unstreitig weder ein Pachtvertrag noch ein sonstiger Betriebsüberlassungsvertrag abgeschlossen wurde, wäre die Ehefrau nur dann nicht Alleinunternehmerin des landwirtschaftlichen Betriebes geblieben, wenn die Kläger den von ihnen behaupteten Gesellschaftsvertrag abgeschlossen hätten.

17

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Gesellschaftsverträge zwischen Ehegatten steuerlich nur anzuerkennen, wenn sie ernsthaft und klar vereinbart und tatsächlich durchgeführt werden (vgl. Urteile vom 26. August 1958 I 116/58 U, BFHE 67, 450, BStBl III 1958, 445; BFHE 71, 206, BStBl III 1960, 326, und BFHE 74, 574, BStBl III 1962, 214). Ob im Streitfall ein Gesellschaftsvertrag ernsthaft begründet und auch tatsächlich durchgeführt wurde, ist im wesentlichen eine Frage der tatsächlichen Feststellungen, die dem FG obliegen.

18

Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG fehlt es im Streitfall an diesen Voraussetzungen, weil die Kläger keinen Nachweis für den Abschluß eines Gesellschaftsvertrages erbracht haben. Es fehlt auch an der tatsächlichen Durchführung; nach den Feststellungen des FG ist der Gewinn des Betriebes zwischen den Eheleuten nicht aufgeteilt worden. Der Ehemann hat den landwirtschaftlichen Hof der Ehefrau lediglich bewirtschaftet. Das reicht für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses nicht aus. Der Ehemann ist nach den Feststellungen des FG auch nicht an der Betriebssubstanz beteiligt gewesen.

19

Diese tatsächliche Würdigung des FG ist für den Senat nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindend, da die Kläger dagegen keine begründeten Revisionseinwände vorgebracht haben. Die Feststellungen des FG ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der Kläger. Danach haben sie zu keinem Zeitpunkt klar dargelegt, wie die Vereinbarungen des behaupteten Gesellschaftsvertrages im einzelnen lauten sollen.

20

Entgegen dem Revisionseinwand hat der Ehemann durch die Pachtung von Grundstücken kein Grundvermögen in die Gesellschaft eingebracht. Die vom Ehemann für den Betrieb zugepachteten Grundstücke sind daher für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses ohne Bedeutung. Über die Zurechnung der Ausgaben und Erträge dieser Pachtgrundstücke ist nach Verneinung eines Gesellschaftsverhältnisses bei der negativen Gewinnfeststellung nicht zu entscheiden. Im übrigen weist der Senat darauf hin, daß für die Frage, wem die Pachtgrundstücke, die ja für den Gesamtbetrieb zugepachtet wurden, als Betriebsinhaber zuzurechnen sind, grundsätzlich dasselbe gilt, was der Senat oben für Inhaberschaft des Betriebes insgesamt ausgeführt hat.

21

Auch die behauptete kapitalmäßige Beteiligung des Ehemannes, deren Höhe in den Streitjahren nicht bekannt ist, reicht ohne klare gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses nicht aus. Nach dem Schriftsatz vom 20. April 1978, mit dem zum ersten Mal das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses seit dem Jahre 1971 geltend gemacht wird, bestreiten die Kläger "aus dem gemeinsam erwirtschafteten Gewinn ihren gemeinsamen Lebensunterhalt. Sie haben darüber hinaus mündlich vereinbart, daß der darüber hinausgehende Gewinn zur Stärkung des Kapitals des gemeinsam bewirtschafteten Betriebes dienen soll ... Die Verteilung der laufenden Entnahmen zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhaltes ist nicht eindeutig möglich." Die Kläger haben nach ihren Erklärungen auch nur ein gemeinschaftliches Bankkonto besessen, das auf den Namen der Ehefrau lautete. Damit räumen sie ein, daß ein Gesellschaftsverhältnis unter Bedingungen, wie sie unter Fremden möglich wären, nicht bestanden hat. Nach der Rechtsprechung sind aber die Gesellschaftsverträge zwischen Familienangehörigen einkommensteuerlich nur zu berücksichtigen, wenn sie auch unter Fremden mit ähnlichem Inhalt vorkommen können (vgl. BFH-Urteil vom 20. Februar 1975 IV R 62/74, BFHE 115, 232, BStBl II 1975, 569). Das gilt auch hinsichtlich der tatsächlichen Durchführung. Der Hinweis der Kläger auf das Urteil vom 28. Januar 1982 IV R 197/79 (BFHE 135, 297, BStBl II 1982, 389) verkennt, daß in diesem Fall genau geregelte vertragliche Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern vorlagen, und daß die Grundsätze dieses Urteils, das einen Industriebetrieb betraf, nicht ohne weiteres auf die Verhältnisse eines von Ehegatten betriebenen landwirtschaftlichen Betriebes übertragen werden können.

22

Die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen den Klägern scheitert also am Nachweis klarer Vereinbarungen über ein Gesellschaftsverhältnis und an der tatsächlichen Durchführung eines ernsthaften Gesellschaftsverhältnisses, wie es auch unter Fremden möglich wäre. Weder die behaupteten Vereinbarungen noch die tatsächliche Durchführung entsprechen den Gesellschaftsverträgen, wie sie unter Fremden vorkommen können.

23

Auf die Frage, ob der Ehemann eine Unternehmerinitiative entfalten konnte, kann es daher nicht mehr ankommen. Daß der Ehemann nicht am landwirtschaftlichen Grundbesitz und dessen stillen Reserven beteiligt war, steht fest. Was die Kläger in der Revision sonst noch vortragen, liegt neben der Sache. Ohne Einfluß auf die Entscheidung der Streitsache ist es auch, daß das FA unzutreffenderweise bisher den Ehemann als Unternehmer des landwirtschaftlichen Betriebes angesehen hat.