Steuerermäßigung; Minderung des Tarifbelastung; Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Rheinland-Pfalz

Rechtsgrundlagen:

§§ 27 ff. KStG 1977

§ 47 KStG 1977

§ 14 3. VermBG

Fundstellen:

BFHE 147, 57 - 60

BStBl II 1986, 762

GmbHR 1987, 29-31 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz:

Die Steuerermäßigung nach § 14 3. VermBG ist im Rahmen der Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals als Minderung der Tarifbelastung i. S. des § 27 Abs. 1 KStG 1977 zu behandeln.

Tatbestand:

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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, erzielte im Streitjahr 1978 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 31 750 DM. Aufgrund eines Beschlusses vom 10. Dezember 1979 schüttete sie für das Wirtschaftsjahr 1978 20 323 DM offen aus. Außerdem erbrachte sie in 1978 vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 6 025 DM. Dafür begehrte sie eine Steuerermäßigung gemäß § 14 des Dritten Vermögensbildungsgesetzes (3. VermBG) in Höhe von 1 808 DM.

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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) gliederte das zu versteuernde Einkommen 1978 nach Abzug einer tariflichen Körperschaftsteuer in Höhe von 15 972 DM (56 v. H. von 31 750 DM = 17 780 DM; 17 780 DM % Steuerermäßigung gemäß § 14 3. VermBG in Höhe von 1 808 DM = 15 972 DM) in Höhe eines Teilbetrages von 9 993 DM dem sog. EK 56 und in Höhe eines Teilbetrages von 5 785 DM dem sog. EK 36 zu. Die genannten Beträge stellten zusammen mit einem EK 02 in Höhe von 6 DM das verwendbare Eigenkapital zum 31. Dezember 1978 dar, das das FA mit Bescheid vom 21. September 1981 gemäß § 47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 feststellte.

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Im Körperschaftsteuerbescheid 1978 vom 25. September 1981 ermittelte das FA die Körperschaftsteuerschuld 1978 wie folgt:

 
Tarifliche Körperschaftsteuer (s. o.) 15 972 DM
Minderung der Körperschaftsteuer (5/11 von 9 993 DM) ./. 4 542 DM
Erhöhung der Körperschaftsteuer (9/16 von 3 DM) + 1 DM
Körperschaftsteuerschuld 1978 11 431 DM
 
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Gegen die Bescheide legte die Klägerin Einspruch mit dem Ziel ein, die Steuerermäßigung in Höhe von 1 808 DM (§ 14 3. VermBG) als eine sonstige Vermögensmehrung i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1977 zu behandeln, die keiner Körperschaftsteuer unterliegt. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

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Mit ihrer Revision macht die Klägerin die Verletzung des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1977 geltend.

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Sie beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung, den Feststellungsbescheid gemäß § 47 KStG 1977 zum 31. Dezember 1978 und den Körperschaftsteuerbescheid 1978 zu ändern und in der Sache entsprechend dem Klagebegehren zu entscheiden.

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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

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A. Feststellungsbescheid gemäß § 47 KStG 1977

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1. Der Feststellungsbescheid ist rechtmäßig. FA und FG haben zutreffend die Steuerermäßigung gemäß § 14 3. VermBG als eine Minderung der Tarifbelastung behandelt. Dies schließt es aus, die Steuerermäßigung als Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals anzusehen.

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2. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1977 sind die nach § 30 KStG 1977 zu gliedernden Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals gesondert festzustellen. Dazu schreibt § 28 Abs. 1 KStG 1977 ergänzend vor, daß das Eigenkapital nach den §§ 29 bis 39 KStG 1977 zu ermitteln ist. Damit ist auch bei der Ermittlung der nach § 47 Abs. 1 KStG 1977 gesondert festzustellenden Teilbeträge von der Definition des Eigenkapitals in § 29 Abs. 1 KStG 1977 auszugehen. Nach dieser Vorschrift ist unter dem Eigenkapital der Unterschiedsbetrag zwischen dem auf der Aktivseite und dem auf der Passivseite der Steuerbilanz ausgewiesenen Betriebsvermögen zu verstehen, das sich ohne Änderung der Körperschaftsteuer nach § 27 KStG 1977 ergeben würde. Entsprechend setzt sich bei Kapitalgesellschaften das Eigenkapital aus dem Nennkapital, aus den gesetzlichen und offenen Rücklagen, aus dem Gewinnvortrag und aus dem laufenden Steuerbilanzgewinn zusammen. Zusätzlich mindert auch jede Körperschaftsteuerschuld das Reinvermögen und damit das Eigenkapital. Deshalb schreibt § 30 Abs. 1 KStG 1977 als Grundsatz vor, daß die Zugänge zu den mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträgen netto, d. h. nach Abzug der auf die Einkommensteile entfallenden tariflichen Körperschaftsteuer zu verstehen sind.

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3. Nach § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1977 sind dem EK 02 Vermögensmehrungen zuzuordnen, die der Körperschaftsteuer nicht unterliegen und nicht unter Nummern 3 oder 4 fallen. Aus dem Zusammenhang zwischen § 30 Abs. 1 Sätze 2 und 3 KStG 1977 und § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1977 folgt, daß jede Vermögensmehrung i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1977 zugleich Teilbetrag des verwendbaren Eigenkapitals sein muß. Nach der Definition in § 29 Abs. 1 und 2 KStG 1977 muß es sich deshalb um einen Teil des für Ausschüttungen verwendbaren und in der Steuerbilanz ausgewiesenen Betriebsvermögens handeln, das sich ohne Änderung der Körperschaftsteuer nach § 27 KStG 1977 und ohne Verringerung um die im Wirtschaftsjahr erfolgten Ausschüttungen ergeben würde, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen. Die Steuerermäßigung i. S. des § 14 3. VermBG erfüllt diese Voraussetzung nicht. Sie ist kein in der Steuerbilanz auszuweisendes Betriebsvermögen. Nach dem Wortlaut des § 14 3. VermBG bewirkt sie lediglich eine Ermäßigung der tariflichen Körperschaftsteuer. In diesem Sinne ist sie Minderung der Körperschaftsteuerschuld, jedoch keine schon bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigende Steuerbegünstigung. Ihr fehlt damit die Eignung, Vermögensmehrung i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1977 zu sein.

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4. Entsprechendes folgt im Umkehrschluß aus § 27 Abs. 1 KStG 1977. Die Vorschrift unterscheidet begrifflich zwischen dem Eigenkapital und der Tarifbelastung des Eigenkapitals. Da das Eigenkapital netto, d. h. nach Abzug der Tarifbelastung zu gliedern ist, können Steuerermäßigungen, die die Tarifbelastung mindern, nicht zusätzlich als Vermögensmehrungen i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1977 behandelt werden. Dies folgt auch aus § 32 Abs. 1 und 2 KStG 1977. Wenn diese Vorschrift die Aufteilung ermäßigt belasteter Eigenkapitalteile vorschreibt, so hat diese Regelung lexspecialis-Charakter gegenüber einer Behandlung der Steuerermäßigung als steuerfreie Vermögensmehrung i. S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG 1977. Da die Steuerermäßigung nach § 14 3.VermBG bei der tariflichen Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ansetzt, mindert sie die Tarifbelastung vor Anwendung der Vorschriften des Vierten Teils des KStG 1977 und führt zu ermäßigt belasteten Eigenkapitalteilen i. S. des § 32 Abs. 1 KStG 1977 (vgl. Urteil des FG Bremen vom 13. März 1981 I 188/80 K, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1981, 415; Urteil des FG Köln vom 20. Januar 1983 V 205/79 K, EFG 1983, 423; Urteil des FG Berlin vom 23. September 1982 IV 130/81, EFG 1983, 424; Felix/Streck, Körperschaftsteuergesetz 1977, 2. Aufl., § 30 Anm. 6; Jünger in Lademann, Körperschaftsteuergesetz, § 30 Anm. 7). Soweit § 27 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) eine andere Regelung enthält, handelt es sich um die gesetzliche Ausnahme von dem hier wiedergegebenen Grundsatz.

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5. Zwar ist der Körperschaftsteuerbescheid 1978 bezüglich des Ansatzes der Tarifbelastung wegen § 47 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KStG 1977 Grundlagenbescheid für den Feststellungsbescheid (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Oktober 1985 I R 193/84, BFHE 144, 565, BStBl II 1986, 93). Jedoch ergibt sich auch daraus keine Rechtswidrigkeit des Feststellungsbescheides. Der insoweit maßgebliche Körperschaftsteuerbescheid 1978 vom 25. September 1981 verweist nämlich auf Tz. 14 des Betriebsprüfungsberichts vom 29. Juni 1981. In Tz. 14 des Betriebsprüfungsberichts ist die Tarifbelastung mit 15 972 DM ermittelt. Das FA hat diese Tarifbelastung in dem angefochtenen Feststellungsbescheid angesetzt. Damit ist die Bindung des Feststellungsbescheids an den Körperschaftsteuerbescheid beachtet (§ 182 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 - i. V. m. § 47 Abs. 2 Satz 2 KStG 1977).

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B. Körperschaftsteuerbescheid 1978

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Auch der Körperschaftsteuerbescheid ist rechtmäßig.

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1. Das FA hat die tarifliche Körperschaftsteuer 1978 unter Berücksichtigung einer Steuerermäßigung gemäß § 14 3. VermBG in Höhe von 1 808 DM mit 15 972 DM zutreffend festgesetzt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Einwendungen der Klägerin richten sich lediglich gegen die Ermittlung des Unterschiedsbetrages i. S. des § 27 Abs. 1 KStG 1977 zwischen der sog. Tarif- und der Ausschüttungsbelastung.

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2. Bei der Ermittlung dieses Unterschiedsbetrages war jedoch das FA an die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum Schluß des letzten vor dem Gewinnverteilungsbeschluß abgelaufenen Wirtschaftsjahres gebunden. Dies ergibt sich aus § 28 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 47 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1977. Nach den insoweit in tatsächlicher Hinsicht durch das FG getroffenen Feststellungen, die den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO binden, datierte der Gewinnverteilungsbeschluß vom 10. Dezember 1979. Deshalb bestand die Bindung (§ 182 Abs. 1 AO 1977) an die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals zum 31. Dezember 1978. Auf diesen Stichtag war der Gesamtbetrag des verwendbaren Eigenkapitals mit 15 784 DM festgestellt worden. Als Teilbeträge waren das EK 56 mit 9 993 DM, das EK 36 mit 5 785 DM und das EK 02 mit 6 DM festgestellt. Angesichts dieser Feststellungen mußte der Unterschiedsbetrag zwischen der Tarifbelastung und der Ausschüttungsbelastung mit % 4 541 DM angesetzt werden. Eine Änderung dieses Unterschiedsbetrages käme nur als Folgeänderung anderweitiger Feststellungen im Feststellungsbescheid in Betracht. Eine solche Änderung könnte jedoch erst nach Änderung des Feststellungsbescheides vorgenommen werden, für die nach den Ausführungen zu II. A. keine Rechtsgrundlage besteht. Insoweit bedurfte es einer Klageerhebung gegen den Körperschaftsteuerbescheid nicht. Vielmehr hätte das FA den Körperschaftsteuerbescheid gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 ändern müssen, wenn die Klage gegen den Feststellungsbescheid Erfolg gehabt hätte.