Bilanzierender Kaufmann; Gewerblicher Gewinn; Entnahme; Kostenlos gewährte Reise; Allgemein-touristische Interessen; Feststellung des Entnahmewerts; Bewertung von Sachbezügen

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Münster

Fundstellen:

BFHE 154, 218 - 227

BStBl II 1988, 995

DB 1988, 2605-2608 (Volltext mit amtl. LS)

DB (Beilage) 1989, 5 (Kurzinformation)

Amtlicher Leitsatz:

1. Der gewerbliche Gewinn eines bilanzierenden Kaufmanns ist im Wege der Entnahme um den Wert einer von einem Geschäftspartner kostenlos gewährten Reise zu erhöhen, falls die Reise in nicht unerheblichem Umfang auch der Befriedigung allgemein-touristischer Interessen dient.

2. Für die Feststellung des Entnahmewerts können die für die Bewertung von Sachbezügen entwickelten Grundsätze herangezogen werden.

Tatbestand:

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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt einen Einzelhandel mit ... Er ermittelt den Gewinn seines Einzelunternehmens durch Bestandsvergleich.

2

Mit Schreiben vom 1. April 1976 lud ihn die europäische ... gesellschaft seines japanischen Lieferanten, dessen Produkte er bereits seit mehreren Jahren verkaufte, zu einer Reise nach Japan ein, die im Mai 1976 stattfand. Nach dem Einladungsschreiben sollte die Reise den Teilnehmern, bei denen es sich ausschließlich um Händler des japanischen Herstellers handelte, Gelegenheit geben, mehr über Japan und die Herstellerfirma zu erfahren.

3

Das Reiseprogramm gestaltete sich wie folgt:

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9. Mai (So): 15.00 Uhr Abflug nach Tokyo

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10. Mai (Mo): 16.45 Uhr Ankunft in Tokyo

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11. Mai (Di): vormittags frei; nachmittags Abreise mit dem Tokaidoexpress nach Hamamatsu

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12. Mai (Mi): Besuch der Fabriken in Tenryu und Iwata

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13. Mai (Do): Besuch der Fabriken Toyooka und Honsha

9

14. Mai (Fr): vormittags Besuch der Entwicklungsabteilung der Nippon Gakki (Diskussion und Vorstellung von Neuentwicklungen); nachmittags Abreise nach Kyoto mit dem Tokaidoexpress; abends Sukiyaki Party

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15. Mai (Sa): vormittags Sight seeing: an diesem Tage findet in Kyoto das berühmte klassische "Aqi-Matsuri"-Fest statt; nachmittags Besuch des Kaburenjo Theaters mit klassischem japanischen Ballett "Kamogawa Odori"

11

16. Mai (So): morgens Abreise nach "Nemu-No-Sato", Freizeit- und Ferienpark der Yamaha/Nippon Gakki

12

17. Mai (Mo): Abreise von "Nemu-No-Sato", Besichtigung der Pearl Island und des berühmten Iso-Jingu Schreins; Weiterfahrt nach Tokyo

13

18. Mai (Di): vormittags Besuch des Akihabara-Einkaufszentrums und des Yamaha-Zentralgeschäfts in der Ginza; nachmittags frei; abends Abschiedsparty

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19. Mai (Mi): 22.30 Uhr Abreise nach London

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20. Mai (Do): 06.15 Uhr Ankunft in London, Weiterflug in die Bundesrepublik

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Der Kläger ließ bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr (1976) den Wert der Japan-Reise außer Ansatz. Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) den Kläger zunächst erklärungsgemäß veranlagt hatte, erhöhte er im Anschluß an eine Außenprüfung den gewerblichen Gewinn um den Wert der Reise, den der Außenprüfer im Schätzungswege mit 5 000 DM ermittelt hatte (netto 4 504,50 DM zuzüglich Umsatzsteuer).

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Einspruch und Klage gegen den Änderungsbescheid blieben ohne Erfolg.

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Mit der vom Bundesfinanzhof (BFH) wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung der §§ 4, 5 und 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und Verfahrensfehler. Er beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung und Änderung des angefochtenen Bescheids die Einkommensteuer unter Zugrundelegung eines um 5 000 DM verminderten Gewinns aus Gewerbebetrieb herabzusetzen.

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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

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1. Zutreffend hat das FG entschieden, daß es sich bei dem dem Kläger in Gestalt der Japan-Reise zugewendeten Vermögenswert um eine gewinnerhöhende Einnahme aus betrieblicher Tätigkeit handelt.

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a) Der Einkommensteuer unterliegen alle Einkünfte, die der Steuerpflichtige im Rahmen der in § 2 Abs. 1 EStG aufgeführten Einkunftsarten erzielt. Einkünfte sind die Vermögensmehrungen, die nach § 2 Abs. 2 EStG als Gewinn oder als Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln sind. Gewinn ist der sich durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ergebende Ertrag oder der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG). Das EStG enthält keinen gemeinsamen Oberbegriff für Erträge, Betriebseinnahmen und Einnahmen (vgl. hierzu Tipke, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1980, 1; Kirchhof in Kirchhof/Söhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 2 Anm. A 52). Lediglich die Einnahmen sind in § 8 Abs. 1 EStG als Güter in Geld oder Geldeswert definiert. Unbeschadet der unterschiedlichen Methoden zur Ermittlung der Einkünfte und der hieraus sich ergebenden systembedingten Ungleichbehandlung von Betriebsvermögen und Privatvermögen ist die Frage, ob der einem Steuerpflichtigen zugewendete Vermögenswert sein steuerpflichtiges Einkommen erhöht, schon im Hinblick auf das für das Einkommensteuerrecht maßgebende Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 3. November 1982 1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79 und 363/80, BVerfGE 61, 319, 344, und Beschluß vom 22. Februar 1984 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, 223, jeweils m. w. N.) für alle Einkunftsarten nach einheitlichen Maßstäben zu entscheiden. Denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird von der Höhe des zugeführten Vermögenswertes beeinflußt; unerheblich ist, innerhalb welcher Einkunftsart sich der Vermögenszuwachs vollzieht. Hiervon ist die höchstrichterliche Rechtsprechung auch schon bisher ausgegangen.

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aa) Nach der Rechtsprechung des BFH besteht zwischen den Begriffen Betriebseinnahmen und Einnahmen weitgehende Übereinstimmung (vgl. Urteil vom 29. Juni 1982 VIII R 6/79, BFHE 136, 238, BStBl II 1982, 755, unter 1 a m. w. N.). Die Rechtsprechung hat sich deshalb schon bisher für die Umschreibung der gesetzlich nicht definierten Betriebseinnahmen an die Begriffsbestimmung des § 8 Abs. 1 EStG angelehnt, der seinem Wortlaut nach lediglich für die Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 EStG von Bedeutung ist und als Betriebseinnahmen alle Zugänge in Geld oder Geldeswert bezeichnet, die durch den Betrieb veranlaßt sind (vgl. BFH-Urteile vom 21. November 1963 IV 345/61 S, BFHE 78, 475, BStBl III 1964, 183; vom 13. Dezember 1973 I R 136/72, BFHE 111, 108, BStBl II 1974, 210; vom 16. Januar 1975 IV R 180/71, BFHE 115, 202, BStBl II 1975, 526; vom 18. März 1982 IV R 183/78, BFHE 136, 76, BStBl II 1982, 587; vom 9. Mai 1985 IV R 184/82, BFHE 143, 466, BStBl II 1985, 427; vom 17. April 1986 IV R 115/84, BFHE 146, 419, BStBl II 1986, 607, und vom 3. Dezember 1987 IV R 41/85, BFHE 151, 446, BStBl II 1988, 266). Diese Begriffsbestimmung ist auch im Rahmen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich von Bedeutung (Urteil in BFHE 111, 108, BStBl II 1974, 210).

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bb) Der BFH hat ferner ausdrücklich klargestellt, daß auch im betrieblichen Bereich für nicht in Geld bestehende Zugänge wie Sachleistungen und Nutzungsvorteile die zu § 8 EStG entwickelten Grundsätze Anwendung finden (Urteile in BFHE 115, 202, BStBl II 1975, 526, und in BFHE 151, 446, BStBl II 1988, 266, unter 2 a). Die dem Kläger zugewendete Japan-Reise stellt ein geldwertes Gut im Sinne dieser Vorschrift dar.

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(1) Wertzugänge in Geldeswert sind alle nach objektiven Merkmalen in Geld ausdrückbaren Vorteile, die einen wirtschaftlichen und nicht nur einen ideellen Wert besitzen und damit eine objektive Bereicherung des Zuwendungsempfängers zur Folge haben (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 1982 VI R 75/79, BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39, m. w. N.). Geldwerte Güter sind somit zumindest solche Vorteile, die Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein können (vgl. Wolff-Diepenbrock in Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 14. Aufl., § 8 Rdnr. 7). Diese Voraussetzungen sind bei dem dem Kläger zugewendeten Vorteil erfüllt, der in Form der sogenannten Pauschalreise auch gegen Entgelt angeboten wird und damit auch im Wirtschaftsverkehr einen Geldwert besitzt. Es handelt sich auch um keinen geringfügigen Wert, der nach der bisherigen Rechtsprechung als sogenannte Annehmlichkeit oder Gelegenheitsgeschenke bei Arbeitnehmern nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn erfaßt wurde (vgl. zur neuen Definition des Arbeitslohnbegriffs durch die Rechtsprechung: Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 7. Aufl., § 19 Anm. 7 a).

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(2) Bei dem Kläger ist auch in Höhe des Werts der Reise eine tatsächliche Bereicherung eingetreten. Hierbei kann dahinstehen, inwieweit eine "aufgedrängte" Bereicherung die steuerliche Erfassung des Vorteils ausschließt (vgl. Crezelius in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 8 Anm. B 40; vgl. auch Urteil in BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39, unter 4., letzter Absatz). Denn dem Kläger stand es frei, von der Einladung Gebrauch zu machen.

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Für die Frage der wirtschaftlichen Bereicherung dem Grunde und der Höhe nach ist ferner unerheblich, ob der Kläger auch ohne die Einladung eine vergleichbare Reise durchgeführt hätte (a. A. hinsichtlich der Höhe: Polke, Der Betrieb - DB - 1984, 1497, 1499). Denn es kommt nicht darauf an, ob durch den zugewendeten Vermögenswert eigene Aufwendungen erspart werden. Die Einstellung, die persönlichen Verhältnisse und die Bedürfnisse des Steuerpflichtigen sind insoweit grundsätzlich ohne Belang (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juni 1973 VI R 85/71, BFHE 109, 526, BStBl II 1973, 781).

28

(3) Die Erfassung des Sachwerts der Reise als Betriebseinnahme widerspricht nicht dem Grundsatz, daß ersparte Aufwendungen regelmäßig nicht zu Einnahmen führen (vgl. hierzu Schmidt/Heinicke, a. a. O., § 4 Anm. 81 e; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 4 EStG Anm. 46 p-q). Denn ersparte Aufwendungen führen nur insoweit nicht zu - fiktiven - Einnahmen, als sie auf einem eigenen Verhalten des Steuerpflichtigen beruhen. Ist die Ersparnis dagegen Folge einer Zuwendung von dritter Seite, so besteht die Einnahme gerade nicht in ersparten Aufwendungen, sondern im Wert des zugewendeten Vermögensvorteils.

29

cc) Eine gewinnerhöhende Erfassung des zugewendeten Sachwerts steht auch nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 und § 5 EStG.

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(1) Allerdings ist zweifelhaft, ob der Anspruch des Klägers auf Teilnahme an der Japan-Reise ein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut darstellt.

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Nach ständiger Rechtsprechung sind zwar Wirtschaftsgüter neben Gegenständen im Sinne des bürgerlichen Rechts auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und sämtliche entgeltlichen Vorteile für den Betrieb; neben der gesonderten Bewertbarkeit wird im allgemeinen verlangt, daß der Vermögenswert einen wesentlichen und über die Dauer des einzelnen Steuerabschnitts hinausreichenden Wert für das Unternehmen hat (BFH-Urteil vom 9. Juli 1986 I R 218/82, BFHE 147, 412, BStBl II 1987, 14, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Zu den Wesensmerkmalen eines Wirtschaftsguts gehört ferner auch dessen Übertragbarkeit, wobei es allerdings ausreicht, daß es zusammen mit dem Betrieb übertragen werden kann (BFH-Urteil vom 26. Mai 1982 I R 180/80, BFHE 136, 222, BStBl II 1982, 695). Einzelveräußerbarkeit ist dagegen nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 30. Mai 1984 I R 146/81, BFHE 141, 509, BStBl II 1984, 825).

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Im Streitfall wird die Bilanzierungsfähigkeit des Vermögenswerts vor allem durch dessen eingeschränkte Konvertibilität in Frage gestellt. Zwar hat das FG zur Frage der Übertragbarkeit keine tatsächlichen Feststellungen getroffen; die Form der Einladung spricht jedoch dafür, daß der Anspruch auf Teilnahme an der Reise an die Person des Klägers gebunden war und weder einzeln noch zusammen mit dem Betrieb übertragen werden konnte.

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(2) Die Frage der Bilanzierungsfähigkeit des zugewendeten Vermögenswertes bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung. Denn die fehlende bilanzielle Auswirkung des Vorgangs würde eine gewinnerhöhende Erfassung des Vermögenswerts bei den gewerblichen Einkünften nicht ausschließen. Soweit die Durchführung der Reise nicht betrieblichen Zwecken diente (vgl. dazu unter 2.), hat der Kläger nämlich den Wert der Reise entnommen.

34

Der Entnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG ist nicht auf bilanzierungsfähige Wirtschaftsgüter beschränkt. Er umfaßt insbesondere auch Nutzungen und Leistungen, die in der Bilanz nicht ansetzbar sind. Entnahme ist folglich die Abgabe jedes geldwerten Vorteils i. S. des § 8 Abs. 1 EStG (vgl. Nieland in Littmann, a. a. O., §§ 4, 5 Rdnr. 191). Deshalb ist der sich nach dem Betriebsvermögensvergleich ergebende Gewinn um alle betrieblich veranlaßten Wertzugänge zu erhöhen, die nicht zur betrieblichen Nutzung geeignet oder bestimmt sind, sei es, daß sie zur Erzielung anderer Einkünfte (vgl. Groh, DB 1988, 514, 573), sei es, daß sie zu privaten Zwecken verbraucht werden.

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Soweit der Kläger geltend macht, daß sich durch den zugewendeten Vermögenswert sein Betriebsvermögen nicht dauerhaft erhöht hat, ist dies somit lediglich Folge des durch die Entnahme bedingten Vermögensabgangs.

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(3) Das vorstehende Ergebnis steht nicht im Widerspruch zum Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348).

37

Nach Auffassung des Großen Senats können Gegenstand einer Einlage grundsätzlich nur Wirtschaftsgüter sein, die in eine Bilanz aufgenommen werden können. Werterhöhungen des Betriebsvermögens können nur dann im Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG berücksichtigt werden, wenn sie sich in Wirtschaftsgütern verkörpern. Eine entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 1 EStG lehnte der Große Senat in diesem Zusammenhang ausdrücklich ab (vgl. unter C I 1 a). Im Streitfall ist jedoch nicht darüber zu befinden, welche privaten Vermögenswerte durch besonderen Widmungsakt im Wege der Einlage in das Betriebsvermögen überführt werden können. Für die Erfassung des von dritter Seite bewirkten Wertzugangs im betrieblichen Bereich als Betriebseinnahme ist ausschließlich die betriebliche Veranlassung des Vermögenszuflusses maßgebend. Der Einlagenbegriff ist insoweit ohne Bedeutung.

38

b) Ohne Rechtsverstoß ist das FG auch zu dem Ergebnis gelangt, daß die Einladung zur Reise durch die gewerbliche Tätigkeit des Klägers veranlaßt worden ist.

39

aa) Die Abgrenzung zwischen steuerbaren und nicht steuerbaren Vermögenszugängen richtet sich nach dem Veranlassungsprinzip. Betriebseinnahmen sind alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlaßt sind (so schon Urteil in BFHE 78, 475, BStBl III 1964, 183). Der Begriff der Veranlassung hat hierbei den gleichen Inhalt wie bei Betriebsausgaben und Einnahmen i. S. des § 8 EStG (vgl. Wolff-Diepenbrock in Littmann, a. a. O., §§ 4, 5 Rdnr. 1596, und Urteil in BFHE 137, 13, BStBl II 1983, 39). Eine betriebliche Veranlassung ist folglich anzunehmen, wenn ein objektiver wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht (BFH-Urteil vom 6. Mai 1976 IV R 79/73, BFHE 119, 156, BStBl II 1976, 560, m. w. N.). Subjektive Kriterien, über deren Berücksichtigung im Bereich der Betriebsausgaben keine Einigkeit besteht (vgl. hierzu Schmidt/Heinicke, a. a. O., § 4 Anm. 7 d), sind für die Beurteilung der betrieblichen Veranlassung von Einnahmen grundsätzlich ohne Bedeutung, da deren Zugang regelmäßig nicht vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sondern auf Vermögensverfügungen Dritter beruht.

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bb) Die betriebliche Veranlassung hängt nicht davon ab, ob die Zugänge im Betrieb erwirtschaftet worden sind (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 17. September 1987 III R 225/83, BFHE 151, 373, BStBl II 1988, 324). Ebensowenig ist erforderlich, daß die Zuwendung als Gegenleistung für eine Leistung des Betriebs qualifiziert werden kann. Denn auch unentgeltliche Zuwendungen können Betriebseinnahmen sein (so schon Urteil des Reichsfinanzhofs vom 9. Oktober 1935 VI A 84/35, RStBl 1936, 139; vgl. auch Urteile in BFHE 78, 475, BStBl III 1964, 183, und BFHE 111, 108, BStBl II 1974, 210). Entscheidend ist lediglich, daß die Zuwendung ihre Veranlassung in der betrieblichen Sphäre hat.

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cc) Im Streitfall ist die Zuwendung der Reise durch die gewerbliche Tätigkeit des Klägers veranlaßt. Das FG hat die betriebliche Veranlassung zu Recht aus den langjährigen Geschäftsbeziehungen zwischen dem Kläger und seinem japanischen Lieferanten sowie aus dem Umstand gefolgert, daß an der Reise lediglich Vertragshändler des japanischen Unternehmens teilgenommen haben. Es konnte ohne nähere Prüfung einen - vom Kläger auch nicht behaupteten - privaten Anlaß für die Zuwendung verneinen.

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c) Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und bei einigen anderen Steuern vom 22. April 1966 (BGBl II 1967, 871, BStBl I 1967, 58) steht entgegen der Behauptung des Klägers einer steuerlichen Erfassung des zugewendeten Vermögenswertes nicht entgegen. Der Wert der Reise ist unabhängig vom Reiseland Betriebseinnahme des inländischen Gewerbebetriebs und unterliegt nicht der Besteuerung im Reiseland.

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2. Zu Recht hat das FG auch die Anerkennung von Betriebsausgaben in Höhe des zugewendeten Vermögenswertes abgelehnt.

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a) Die Frage der betrieblichen Veranlassung ist für die Einnahme- und Ausgabeseite getrennt zu beurteilen (vgl. auch Groh, a. a. O., S. 572). Die Trennung zwischen Vorteilserzielung und Vorteilsverwendung ist geboten, weil der betrieblich veranlaßte Zugang eines Vermögensgegenstandes nicht dessen Nutzung zu betrieblichen Zwecken indiziert (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 11. November 1987 I R 7/84, BFHE 152, 84, BStBl II 1988, 424). Der in Form eines Sachwerts zugewendete Vermögenswert bleibt folglich nur dann ohne gewinnmäßige Auswirkung, wenn die durch ihn ersparten Aufwendungen ihrerseits durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG).

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b) Die Aufwendungen für die Japan-Reise sind zwar auch durch den Betrieb des Klägers veranlaßt, sie unterliegen jedoch dem Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG. Die Forderung nach gleichmäßiger Erfassung dieses Vermögenswertes unabhängig von der jeweiligen Einkunftsermittlungsart gebietet es, auch bei der Entnahme des Sachwerts eines betrieblich zugewendeten Vermögensvorteils die Folgen aus der fehlenden Trennbarkeit gemischter Aufwendungen zu ziehen. Für die Rechtsfolge des § 12 Nr. 1 EStG ist es im übrigen ohne Belang, ob dem Steuerpflichtigen für die gemischten Aufwendungen eigene Kosten entstehen oder insoweit eine Vorteilsverwendung gegeben ist.

46

aa) Nach der Rechtsprechung des BFH sind die Aufwendungen für die Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise zu Informationszwecken, auch wenn dabei die allgemeinen oder besonderen beruflichen Kenntnisse erweitert werden sollen, insgesamt keine Betriebsausgaben, wenn mit der Reise auch ein allgemein-touristisches Interesse befriedigt wird, das nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Die Entscheidung, ob betriebsbedingte Aufwendungen vorliegen und die Befriedigung privater Interessen nahezu ausgeschlossen ist, kann bei Reisen zu Informationszwecken nur aufgrund einer Würdigung aller Umstände des einzelnen Falles getroffen werden. Dabei ist die Reise insgesamt und als Einheit zu beurteilen, weil die einzelnen Teile einer solchen Reise von der Organisation und Durchführung her nur im Zusammenhang gesehen werden können (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213). Die in der Entscheidung des Großen Senats dargestellten Rechtsgrundsätze gelten für die rechtliche Beurteilung solcher Reisen, denen, wie im Streitfall, kein unmittelbarer betrieblicher Anlaß zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1984 VIII R 296/81, BFHE 143, 53, BStBl II 1985, 325).

47

bb) Die vom Kläger durchgeführte Japan-Reise diente in nicht unerheblichem Umfang auch der Befriedigung allgemein-touristischer Interessen, wie bereits die Einladung und das schriftliche Programm der Reise deutlich machen.

48

Nach dem Einladungsschreiben sollte der Kläger durch die Reise mehr über die Herstellerfirma und über Japan erfahren. Der hierin bereits zum Ausdruck kommende touristische Aspekt der Reise wird durch das Reiseprogramm unterstrichen. Lediglich an drei Tagen der insgesamt neuntägigen Reise waren ausschließlich betriebsbezogene Veranstaltungen vorgesehen. Das Reiseprogramm war auch nicht auf die besonderen betrieblichen Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnitten. Denn die Reiseroute führte auch zu beliebten Zielorten des Tourismus (z. B. Kyoto), für deren Besuch keine betrieblichen Gründe erkennbar sind.

49

Bei dieser Sachlage hat es das FG zu Recht als nicht entscheidend angesehen, daß es sich bei der Reisegruppe um einen homogenen Teilnehmerkreis gehandelt und die Ehefrau des Klägers nicht an der Reise teilgenommen hat.

50

cc) Soweit der Kläger im Wege der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs geltend macht, daß entgegen den tatsächlichen Feststellungen des FG in Abweichung von dem schriftlichen Programm eine Vielzahl von betrieblichen Einzelbesichtigungen stattgefunden hat, aus denen sich die fast ausschließlich betriebliche Veranlassung der Reise ergibt, greift diese Rüge nicht durch.

51

Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs, bei der es sich um eine verzichtbare Rüge handelt (§ 295 der Zivilprozeßordnung - ZPO - i. V. m. § 155 FGO), ist nur dann schlüssig, wenn der Prozeßbeteiligte vorgetragen hat, daß er die Rechtsverletzung in der Vorinstanz gerügt habe (vgl. BFH-Beschluß vom 5. Oktober 1967 V B 29/67, BFHE 90, 452, BStBl II 1968, 179). Daß der Kläger den behaupteten Abbruch der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt hat, ergibt sich weder aus seinem Vortrag noch aus dem Sitzungsprotokoll. Nach der Sitzungsniederschrift vom 24. Januar 1984 ist im Gegenteil der Sach- und Streitstand mit den Beteiligten eingehend erörtert worden.

52

c) Inwieweit von den Gesamtkosten der Pauschalreise einzelne Aufwendungen abgegrenzt werden können, die ausschließlich betrieblich veranlaßt waren und deshalb als Betriebsausgaben berücksichtigt werden können (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213), vermag der erkennende Senat mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen nicht zu beurteilen. Eine ausschließlich betriebliche Veranlassung einzelner Aufwendungen kann jedenfalls nicht daraus hergeleitet werden, daß die angefallenen Kosten von dritter Seite getragen worden sind. Denn im Rahmen einer nicht insgesamt betrieblich veranlaßten Reise sind Teilkosten nicht schon deshalb als betrieblich veranlaßt anzusehen, weil ein Geschäftspartner dem Steuerpflichtigen in dieser Höhe einen als Betriebseinnahme zu erfassenden Zuschuß zu den Reisekosten gewährt hat (BFH-Urteil vom 14. April 1988 IV R 86/86, BFHE 153, 135, BStBl II 1988, 633).

53

3. Die Vorentscheidung muß aufgehoben werden, weil das FG keine Feststellungen zur Höhe des Entnahmewerts der Reise getroffen hat, der bei Sachwerten nur im Wege der Schätzung gemäß § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) ermittelt werden kann.

54

a) Der Senat vermag das angefochtene Urteil nicht darauf nachzuprüfen, ob die griffweise Schätzung des Entnahmewerts durch den Betriebsprüfer, die das FG ebenso wie das FA stillschweigend für zutreffend erachtet haben, frei von Fehlern ist.

55

Zwar liegt die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen auf dem Gebiet der tatsächlichen Feststellungen des FG, die für den BFH bereits dann bindend sind, wenn das FG zu seinem Ergebnis kommen konnte. Ob die Vorinstanz dazu kommen konnte, muß sich indes anhand des festgestellten Sachverhalts vom Revisionsgericht nachprüfen lassen. Mangelt es an für eine solche Prüfung ausreichenden tatsächlichen Feststellungen, so liegt ein materiell-rechtlicher Fehler vor, der zur Aufhebung der Vorentscheidung führt (vgl. BFH-Urteil vom 16. November 1971 VIII R 37/68, BFHE 104, 277, BStBl II 1972, 349). Auf die vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobene Verfahrensrüge kommt es deshalb nicht an.

56

b) Im zweiten Rechtsgang wird das FG bei der Schätzung des Entnahmewerts folgendes zu beachten haben:

57

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind Entnahmen mit dem Teilwert anzusetzen. Der Teilwert wird im Fall der Entnahme grundsätzlich durch den Marktpreis bestimmt (vgl. BFH-Urteil vom 6. August 1985 VIII R 280/81, BFHE 144, 386, BStBl II 1986, 17). Unter dem Marktpreis ist der Durchschnittspreis zu verstehen, der an einem bestimmten Handelsplatz für Waren der betreffenden Art und Güte erzielt wird (vgl. Biergans, Einkommensteuer und Steuerbilanz, 4. Aufl., S. 339).

58

Die Einnahmen i. S. des § 8 EStG sind mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen (§ 8 Abs. 2 EStG). Bei diesem Wert, der ebenfalls im Schätzungswege zu ermitteln ist (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1978 VI R 36/77, BFHE 127, 26, BStBl II 1979, 629), handelt es sich um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden muß. Es ist ein objektiver Wert, bei dem es nicht auf die subjektive Wertschätzung des Empfängers ankommt (BFH-Urteil vom 27. März 1981 VI R 132/78, BFHE 133, 206, BStBl II 1981, 577, m. w. N.). Diese Definition stimmt inhaltlich weitgehend mit der Begriffsbestimmung des Marktpreises überein, der ebenfalls als objektiver Wert verstanden wird (BFH-Urteil vom 4. August 1959 I 69/58 U, BFHE 69, 428, BStBl III 1959, 421). Der Senat ist deshalb der Auffassung, daß für die Feststellung des Entnahmewerts im Streitfall die für die Bewertung von Sachbezügen entwikkelten Grundsätze herangezogen werden können. Nur auf diese Weise kann auch den Geboten der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hinreichend Rechnung getragen werden.

59

Aus der objektiven Wertbestimmung folgt, daß weder den tatsächlichen Aufwendungen des Leistenden noch der subjektiven Vorstellung des Zuwendungsempfängers entscheidende Bedeutung beizumessen ist (vgl. hierzu Schmidt/Heinicke, a. a. O., § 8 Anm. 7 b; Wolff-Diepenbrock in Littmann, a. a. O., § 8 Rdnr. 99). Es kommt deshalb insbesondere auch nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige auch ohne die Zuwendung Aufwendungen in Höhe des objektiven Werts getätigt hätte (so jedoch Polke, a. a. O., S. 1499).