Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft; Landwirte; Eheleute; Zurechnung von Einkünften; Mitunternehmerschaft; Bewirtung des Ackerlands der Frau; Familiäre Grundlage

Verfahrensgang:

vorgehend:

Niedersächsisches FG

Fundstellen:

BFHE 156, 163 - 167

BFH/NV 1989, 23

BStBl II 1989, 504

DB 1989, 1268-1269 (Volltext mit amtl. LS)

StBp 2007, 22

Amtlicher Leitsatz:

Besteht zwischen Landwirtseheleuten keine Mitunternehmerschaft, bewirtschaftet aber der Ehemann im Rahmen seines eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ein 3 ha großes Ackerland seiner Ehefrau ohne einen Nutzungsüberlassungsvertrag, lediglich auf der familiären Grundlage der ehelichen Lebensgemeinschaft mit, so sind die dabei erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in der Regel der Ehefrau als Eigentümerin zuzurechnen.

Tatbestand:

1

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Landwirtseheleute. Der Kläger ist als buchführender Landwirt Inhaber eines selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Betriebes, der ca. 20 ha eigene und 45 ha zugepachtete Ländereien umfaßt. In den Jahren 1978 und 1979 beglich der Kläger Schulden seines Schwiegervaters zur Abwendung der Zwangsversteigerung. Der Schwiegervater war ebenfalls Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes. Durch notariellen Vertrag vom 25. Januar 1979 erwarb die Klägerin von ihrem Vater eine landwirtschaftlich genutzte Grundstücksfläche von ca. 3 ha Größe. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 94 859, 15 DM vereinbart. Der Kaufpreis galt durch die vom Kläger gezahlten Schulden als entrichtet.

2

Der Kläger bewirtschaftete die von der Ehefrau erworbene Grundstücksfläche im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes. Sie wurde als Ackerland genutzt und zunächst im Betriebsvermögen des Klägers miterfaßt. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1980 wurde die Bilanz des Klägers auf den 30. Juni 1981 berichtigt und das Grundstück gewinneutral ausgebucht. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) war der Auffassung, die Klägerin unterhalte mit der 3 ha großen Ackerfläche einen eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und ermittelte ihren Gewinn daraus nach § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG). Durch Vertrag vom 17. August 1981 veräußerte die Klägerin die Grundstücksfläche für 333 223 DM an einen anderen Landwirt. Laut Anlage zum Einkommensteuerbescheid 1981 kürzte das FA den im Jahresabschluß des Klägers für das Wirtschaftsjahr 1981/82 ausgewiesenen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft um den auf die Fläche der Klägerin entfallenden Gewinnanteil. Das FA ermittelte für die Zeit vom 1. Juli bis 30. September 1981 einen Gewinn der Klägerin nach § 13a EStG sowie einen gemäß § 14a Abs. 1 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 237 905,92 DM.

3

Nach erfolglosem Einspruch machten die Kläger mit der Klage geltend, die strittige Grundstücksfläche habe zum Privatvermögen der Klägerin gehört. Ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn sei daher nicht angefallen.

4

Die Klage hatte Erfolg. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist in "Die Information über Steuer und Wirtschaft" (Inf) 1986 S. 523 veröffentlicht worden.

5

Mit der vom Senat durch Beschluß vom 12. Oktober 1987 gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 13a, 14 und 14a EStG.

6

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Auf die Revision des FA ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

9

1. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Klägerin nicht Mitunternehmerin eines gemeinsam mit dem Kläger betriebenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gewesen ist. Die Annahme einer Mitunternehmerschaft auf Grund einer Innengesellschaft zwischen den Ehegatten würde u. a. voraussetzen, daß beide Eheleute in erheblichem Umfang eigene land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen und die originär dazugehörigen Nutzungsrechte hinsichtlich der Früchte des Grund und Bodens einsetzen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. August 1986 IV R 248/84, BFHE 147, 438, BStBl II 1987, 17). Dazu reicht - gemessen an den 20 ha Eigenland des Klägers als auch an der Gesamtfläche des vom Kläger bewirtschafteten Betriebes von insgesamt 65 ha - die Eigenfläche der Klägerin von ca. 3 ha nicht aus.

10

2. Da der Eigentümer eines ca. 3 ha großen land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücks nicht nur die Gebrauchsvorteile erhält, die ein solches Grundstück abwirft, sondern auch grundsätzlich Eigentümer der erzeugten und weiterzuverwertenden Früchte i. S. des § 99 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wird (§§ 953 ff. BGB), betätigt er sich damit als landwirtschaftlicher Unternehmer, wenn er dieses Grundstück selbst bewirtschaftet oder für sich bewirtschaften läßt und die Nutzung von der Größe und Bonität des Grundstücks her nachhaltige Erträge abwerfen kann, die - im Gegensatz z. B. von Hausgärten - als Einnahmequelle von Gewicht sein können. Ein Dritter ist nur dann als landwirtschaftlicher Unternehmer einer solchen Grundstücksfläche anzusehen, wenn ihm der Eigentümer die Nutzung des Grundstücks auf Grund eines Pachtvertrages oder auch eines unentgeltlichen Nutzungsüberlassungsvertrages übertragen und die Aneignung und Verwertung der Früchte gestattet hat (vgl. § 956 BGB). Nur in einem solchen Fall wäre eine derartig erworbene landwirtschaftlich genutzte Grundstücksfläche beim Eigentümer von Anfang an als Privatvermögen anzusehen (vgl. BFH-Urteil vom 14. August 1986 IV R 264/84, BFHE 147, 443, BStBl II 1987, 20). Diese Grundsätze gelten auch zwischen Ehegatten. Ebenso aber wie Pachtverhältnisse zwischen Ehegatten steuerrechtlich nur beachtet werden können, wenn sie klar und eindeutig vereinbart und tatsächlich vollzogen worden sind und zudem einem Fremdvergleich standhalten (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 27. Februar 1986 IV R 205/84, BFH/NV 1986, 460), gilt dies - vom Fremdvergleich abgesehen - auch für unentgeltliche Nutzungsüberlassungsverträge. Die steuerliche Berücksichtigung setzt außerdem voraus, daß ein solcher Nutzungsüberlassungsvertrag nachweisbar, d. h. in der Regel schriftlich abgeschlossen worden ist (BFH-Urteil vom 14. August 1986 IV R 341/84, BFHE 147, 449, BStBl II 1987, 23).

11

Fehlt also ein Nutzungsüberlassungsvertrag, so ist land- und forstwirtschaftlicher Unternehmer einer auf die Bewirtschaftung einer einzelnen großen Grundstücksfläche beschränkten Land- und Forstwirtschaft der Eigentümer, weil er derjenige ist, der diese Landwirtschaft betreibt, d. h. auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird. Der Eigentümer ist auch dann der Unternehmer, wenn nach außen hin ein anderer für ihn den Betrieb führt (vgl. u. a. BFH-Urteil vom 7. Oktober 1982 IV R 186/79, BFHE 136, 537, BStBl II 1983, 73). Infolge der Anknüpfung an die durch die §§ 953 ff. BGB vorgegebene Rechtslage ist es entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht maßgeblich, ob ein solches land- und forstwirtschaftliches Grundstück bereits in der Hand des Voreigentümers land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen war; es kommt auch nicht darauf an, ob es bei ihm schon für sich einen landwirtschaftlichen Betrieb darstellte. Entscheidend ist allein, daß auf diesem Grundstück nunmehr für Rechnung und Gefahr des neuen Eigentümers eine Landwirtschaft betrieben wird. Dies gilt nicht nur, wenn der Ehegatte, der den Hof bewirtschaftet, keinen eigenen Hof besitzt, sondern auch, wenn er Inhaber eines eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ist. Erfolgt die Bewirtschaftung im Rahmen dieses eigenen Betriebes, so sind die vom wirtschaftenden Ehegatten getragenen Aufwendungen Entnahmen und die erzielten Erträge Einlagen in dessen eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, Rdnr. 275, S. 150; Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 7. Aufl., § 13 Anm. 13b, und Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl., A 471).

12

3. Geht man von diesen Grundsätzen aus, so kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Im Streitfall wurde von den Eheleuten selbst ein nachweisbarer Nutzungsüberlassungsvertrag weder vorgelegt noch behauptet. Zwar hat das FG ausgeführt, die Klägerin habe im Ergebnis ein zu ihrem Privatvermögen gehörendes Grundstück ihrem Ehemann unentgeltlich zur Bewirtschaftung überlassen. Darin liegt aber keine tatrichterliche Feststellung; vielmehr handelt es sich um eine rechtliche Schlußfolgerung auf Grund der Meinung, ein selbständiger landwirtschaftlicher Betrieb der Ehefrau könne neben dem landwirtschaftlichen Betrieb des Ehemannes, der das Grundstück der Ehefrau mitbewirtschaftet hat, nicht angenommen werden.

13

Dem FG ist zwar einzuräumen, daß im Streitfall auch einige Umstände für die Annahme eines unentgeltlichen Nutzungsüberlassungsvertrages zwischen den Eheleuten sprechen, wie z. B. die Tatsache, daß der Kaufpreis für das 3 ha große landwirtschaftliche Grundstück durch die Begleichung von Schulden des Schwiegervaters durch den Kläger als entrichtet galt. Auch aus der Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem FG, er habe von seinem Schwiegervater 9 ha hinzugepachtet gehabt, zu denen auch die 3 ha gehört hätten, die die Klägerin vom Vater käuflich erworben habe, könnte man folgern, daß gemäß §§ 581 Abs. 1 i. V. m. 561 BGB ein etwa zu diesem Zeitpunkt noch bestehendes Pachtverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Schwiegervater zunächst noch mit der Klägerin fortbestanden hätte. Die Berücksichtigung eines zwischen den Ehegatten fortbestehenden Pachtverhältnisses würde jedoch voraussetzen, daß das Pachtverhältnis auch tatsächlich zwischen den Ehegatten wie zwischen Fremden durch Zahlung von Pachtzinsen vollzogen worden ist. Das wurde aber gerade nicht festgestellt. Man müßte also von einer Umwandlung des Pachtvertrages in einen Leihvertrag ausgehen. Nachweise dafür fehlen. Eine Nutzungsüberlassung gleichwohl steuerlich anzuerkennen, würde bedeuten, daß man bei Berücksichtigung aller für eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung sprechenden Umstände den obigen Grundsatz aufgeben müßte, daß derartige Verträge zwischen Ehegatten steuerlich nur anerkannt werden können, wenn sie klar und eindeutig vereinbart und auch nachgewiesen werden können. Das ließe sich im Streitfall weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht rechtfertigen.

14

Nach Auffassung des Senats sprechen vielmehr die Gesamtumstände des Streitfalles für eine rein faktische Bewirtschaftung des Ackerlandes der Ehefrau durch den Ehemann unter Mitarbeit der Ehefrau auf familiärer Grundlage im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft. So ist auch die von der Klägerin im notariellen Vertrag vom 17. August 1981 abgegebene Erklärung zu verstehen, sie habe das Grundstück selbst bewirtschaftet, auch wenn diese Erklärung zur Erlangung der Bodenverkehrsgenehmigung gedient haben sollte. Dafür spricht auch die in der mündlichen Verhandlung vor dem FG protokollierte Erklärung der Klägerin, zwar habe ihr Ehemann die Schulden ihres Vaters bezahlt, aber sie seien nicht auf die Idee gekommen, daß er das Grundstück erwerben könne. Weiter heißt es dort: "Wir waren ja Eheleute. Wir haben ja auch gemeinsam gearbeitet. Wir arbeiten gemeinsam auf dem Hof und auch auf dem Felde ...".

15

Diese Angaben wurden vom Kläger ausdrücklich bestätigt. Auch er sagte, daß sie den Hof gemeinsam bewirtschaften. Damit war offensichtlich die eheliche Lebensgemeinschaft nicht nur die Grundlage für die ständige Mitarbeit der Klägerin im Betriebe des Klägers, sondern auch dafür, daß dieser das von der Ehefrau erworbene Ackerland mitbewirtschaftete.

16

4. Die Sache ist nicht spruchreif. Denn auch dann, wenn die Grundstücksfläche Betriebsvermögen der Klägerin selbst war, ist zu prüfen, ob der vom FA angesetzte Gewinn richtig ermittelt worden ist. Geht man nämlich davon aus, daß die Ackerfläche aus dem Betriebsvermögen des Vaters ausgeschieden und entsprechend den oben stehenden Ausführungen Betriebsvermögen eines landwirtschaftlichen Betriebes der Klägerin geworden ist, so ist noch zu prüfen, ob - wie die Kläger behaupten - angesichts des von der Klägerin erzielten Veräußerungspreises und seiner Diskrepanz zu dem vom Vater zugrunde gelegten Kaufpreis eine gemischte Schenkung des Vaters an die Klägerin vorliegt. Das hätte zur Folge, daß neben den bereits vom FA erfaßten tatsächlichen Anschaffungskosten auch noch eine Einlage anzusetzen wäre (vgl. BFH-Urteil vom 18. März 1980 VIII R 148/78, BFHE 133, 359, BStBl II 1981, 794). Zu prüfen ist auch, ob die Gewinne der zwei land- und forstwirtschaftlichen Betriebe vom FA zutreffend voneinander abgegrenzt worden sind.

17

Zur Nachholung der fehlenden Feststellungen ist daher die Sache an das FG zurückzuverweisen.